Wie unterscheiden sich eigentlich Produktmarketing und Personalmarketing?
Nach 2 Wochen genialem Schweden-Urlaub heisst es morgen „back to work“ und heute gibts was Neues von saatkorn.. Im Urlaub habe ich hin und wieder über Produkt- und Personalmarketing nachgedacht. Warum gibt es überhaupt auf Personalmarketing spezialisierte Agenturen? – Wäre es nicht viel sinnvoller, Produktmarketeers auch auf die Arbeitgebermarke anzusetzen und entsprechende Kampagnen zu entwickeln? Gibt es überhaupt Unterschiede zwischen Produktmarketing und Personalmarketing? – Das waren so ein paar Fragen. Und hier der Versuch einer Antwort:
Schaut man sich das Produktmarketing etwas näher an, fällt Folgendes auf:
- Produktmarketing richtet sich an die potenzielle Käuferzielgruppe. Und damit richtet sich Produktmarketing nahezu 100%ig an unternehmensexterne Zielgruppen. Natürlich gibt es auch von dieser Regel Ausnahmen, wenn beispielsweise Unternehmer für ihre eigenen Produkte werben. Tolles Beispiel hierfür und immer wieder gern gesehen: Trigema Chef, der sich allerdings im Trigema Werbespot die Rolle auch mit einem Affen teilt 🙂 [youtube=http://www.youtube.com/watch?v=f7yukgkidOQ] Aber dies nur am Rande (und weil ich den Spot immer wieder unglaublich finde)…
- Produktmarketing ist oft alles, aber nicht authentisch. Oder glaubt jemand aus der Leserschaft tatsächlich, dass Nutella gesund, Rene Lezard eine französische oder wahlweise italienische Modemarke oder der Porsche Cayenne tatsächlich im Geländefahrzeug ist? – Gerade das Produktmarketing lebt davon, Produkte mit zusätzlichen, ursächlich nicht vorhandenen Werten aufzuladen. Es geht darum, emotionale Erlebniswelten zu schaffen, die den Kaufanreiz gerade deshalb erhöhen, weil der Konsument die entsprechenden Markenwerte mit kauft. Davon lebt letzten Endes die gesamte Luxusindustrie, ob im Mode-, Parfum- oder Autobereich.
- Produktmarketing sollte Marken groß und erfolgreich machen. Und dazu ist eine „geliehene“ Authentizität absolut brauchbar. Mit „geliehen“ meine ich, dass eine emotionale Markenwelt geschaffen wird, die unter Umständen mit dem eigentlichen Produkt nicht viel zu tun hat. Egal, dass Nutella keine Sportlernahrung ist, es hat auf jeden Fall ein solches Image. Egal, dass Rene Lezard ein süddeutsches Unternehmen ist und der Porsche Cayenne in erster Linie ein Fahrzeug für betuchte Manager oder deren Frauen ist, aber kein Geländewagen: das Image passt. Entscheidungen für den Kauf eines Produktes finden in erster Linie im Bauch, emotional, statt (natürlich unter der Voraussetzung, dass ich mir rein monetär betrachtet das Produkt leisten kann. Obwohl – oft sind da die Augen auch größer auch größer als der eigene Kontostand).
Bei der Entscheidung für oder gegen einen Arbeitgeber kommt dem Thema Authentizität eine ganz andere Bedeutung zugute. Denn die Entscheidung, ob ich für Unternehmen A oder B arbeiten soll, ist in der Regel keine rein emotionale Bauchentscheidung. Dafür verbringt man als Arbeitnehmer viel zu viel Zeit in dem gewählten Unternehmen. Mit der entsprechenden Unternehmenskollegen und den Kolleginnen und Kollegen. Und: ob ich mal Porsche gefahren bin oder nicht steht in meinem CV nicht drin, wird in der Regel nicht Bestandteil meiner selbst. Dies ist bei der Arbeitgeberwahl auch anders. Für das Thema Personalmarketing bedeutet dies:
- Personalmarketing richtet sich nicht nur an externe, sondern auch an interne Zielgruppen. Die vorhandenen Mitarbeiter sollten die entsprechenden Botschaften glaubwürdig und mit eigenen Worten bestätigen können. Das bedeutet: mit einer guten Kampagne, einem guten Arbeitgeberslogan ist es nicht getan, sondern die Botschaften müssen unter Berücksichtigung der vorhandenen MitarbeiterInnen entwickelt werden und sollten zunächst intern und erst dann extern kommuniziert werden. Wird nur die externe Zielgruppe potentieller Mitarbeiter adressiert, so fehlt letzten Endes die Grundlage für erfolgreiches Personalmarketing, da die bereits vorhandenen Mitarbeiter die Botschaften nicht kennen und somit auch nicht glaubwürdig vertreten können.
- Personalmarketing hat in der Regel also auch einen anderen Authentizitätsanspruch als das Produktmarketing. Mit einer wie oben beschriebenen „geliehenen“ Authentizität kommt man nicht weit. Einerseits schon deshalb nicht, weil die bereits vorhandenen Mitarbeiter mit einer „geliehenen“ Authentizität nichts anfangen werden können. Und was die externen Zielgruppen angeht, lässt sich heutzutage schließlich schnell überprüfen, ob ein Arbeitgeber wirklich so unternehmerisch, partnerschaftlich, leistungsorientiert oder mit Wohlfühlfaktor ausgestattet ist wie vorgegeben. Ob über das eigene (virtuelle) Netzwerk oder Arbeitgeberbewertungsplattformen: man kann schnell und ohne großen Aufwand herausfinden, wie die „echte“ Arbeitswelt eines bestimmten Arbeitgebers ist. Es ist also „echte“ Authentizität gefragt.
- Personalmarketing muß emotional treffen (sonst interessiert sich niemand für die Arbeitgebermarke), dann aber auch unter rationalen Aspekten glaubwürdig und attraktiv sein. Gutes Personalmarketing sollte also die echt vorhandenen Stärken eines Arbeitgebers identifizieren, aufgreifen und emotional treffend aber gleichzeitig glaubwürdig inszenieren.
Die kurze Betrachtung oben differenziert ja zwischen der Zielgruppe (extern vs. intern), der Authentizität (echt vs. geliehen) und der Markenwelt (emotional vs. rational). Versucht man das Ganze grafisch darzustellen, fallen die Unterschiede zwischen Produkt- und Personalmarketing schnell auf:
Klar: dies ist keine Doktorarbeit und hat keinen wissenschaftlichen Anspruch. Auch klar ist: Produktmarketing findet natürlich nicht ausschließlich für externe Zielgruppen und nur auf der emotionalen Ebene mit geliehener Authentizität statt – hier sollte es ja lediglich um die Kernunterschiede gehen. Und vor diesem Hintergrund glaube ich, dass die Betrachtungsweise sinnvoll ist. Mich interessiert Eure Meinung dazu. Vielleicht gibt es ja auch ganz andere Ansichten und weitere Kriterien, die berücksichtigt werden sollten?