Wie hängen Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting eigentlich zusammen?
In letzter Zeit fällt mir oft auf, dass die Begriffe Employer Branding, Personalmarketing und manchmal auch Recruiting durcheinander geworfen werden – oft auch von für diese Themen verantwortlichen Personen, die es eigentlich besser wissen müssten. Nun ist es so, dass sogar in der Fachliteratur keine 100%ige Klarheit zu diesen Themen besteht. Ich glaube aber, dass es eine sinnvolle Abgrenzung zu den Themen gibt. Wenn man einmal aus Unternehmens- und aus der Zielgruppenperspektive überlegt, wie die Themen zusammen hängen bzw. aufeinander aufbauen, wird vielleicht manches klarer. Hier also der Versuch einer Klärung – ohne Anspruch auf wissenschaftliche Validität, dafür aber mit massivem Blick in die unternehmerische Praxis. Auf geht’s:
Fangen wir einmal mit der Unternehmensperspektive an. Jedes Unternehmen – ob es will oder nicht – verfügt über eine Unternehmensmarke und eine Unternehmenskultur. Oft gesellt sich hierzu noch eine Produktmarke, die in manchen Fällen eine ganz erhebliche Auswirkung auch auf das Thema Arbeitgebermarke und Personalmarketing haben kann. Man denke hier nur an den einen oder anderen Autobauer, der vornehmlich aufgrund seiner hervorragenden Produktmarke stets top Plätze in mehr oder weniger sinnvollen Arbeitgeber-Rankings bekleidet (und nicht dort vertreten ist, weil eine besonders starke Arbeitgebermarke vorhanden wäre). Aus der Unternehmensmarke ist die Arbeitgebermarke oder Employer Brand abzuleiten. Hier ist meines Erachtens also ein hierarchisches Verhältnis zu sehen: die Unternehmensmarke steht stets „über“ der Arbeitgebermarke. Die Arbeitgebermarke steht im Grunde genommen für die „Essenz“ eines Unternehmens als Arbeitgeber. Wofür steht dieses Unternehmen? Was ist der Hauptnutzen, bei diesem Unternehmen zu arbeiten? – dies sind Fragen, die in einem Employer Branding Prozess zu beantworten sind. Schön in diesem Kontext die Definition von QUEB zum Thema Employer Branding: Employer Branding hat zum Ziel, in den Wahrnehmungen zu einem Arbeitgeber eine unterscheidbare, authentische, glaubwürdige, konsistente und attraktive Arbeitgebermarke auszubilden, die positiv auf die Unternehmensmarke einzahlt. Mithin handelt es sich um einen strategischen, mindestens mittelfristigen Prozess. Ergo: Die Unternehmensmarke steht vorne, daraus ergibt sich die Arbeitgebermarke. Und die Arbeitgebermarke operativ umgesetzt steht für Personalmarketing. Hier geht es darum, die zentralen, in der Employer Brand definierten Arbeitgeberstärken in den Personalmarketinginstrumenten zu operationalisieren. Dies können dann alle möglichen Instrumente sein – je nach Zielgruppe (zum Beispiel die Karrierewebsite, Social Media, Events, Broschüren, Image- und Stellenanzeigen usw). Auch hier die Definition von QUEB zu Personalmarketing: Personalmarketing hat zum Ziel, die Bewerberzielgruppen zu finden, zu erreichen, für das Unternehmen zu interessieren, zu begeistern, zu binden und passende Bewerbungen zu motivieren. Und warum das Alles? – Natürlich, um das Unternehmen als tollen Arbeitgeber zu positionieren und die richtigen Leute anzusprechen, einzustellen und zu binden. Auch hier nochmal die entsprechende QUEB Definition zu Recruiting: Recruiting hat zum Ziel, offene Stellen eines Unternehmens mit qualifizierten und motivierten Kandidaten zu besetzen.
Betrachtet man den ganzen Prozess aus der Zielgruppenperspektive, so werden die Zusammenhänge schnell klar. Aus Perspektive der Zielgruppe ist grundsätzlich entscheidend, dass ich eine gewisse Affinität zum Unternehmen, zum Produkt oder auch zur Branche haben muß, um mich überhaupt dafür zu interessieren. Ich will es mal anhand eines Negativbeispieles darstellen. Für mich käme die Tätigkeit in einem Waffenkonzern beispielsweise niemals in Frage – auch wenn das Unternehmen ein top Image (auch als Arbeitgeber) hätte. Diese Affinität leitet sich meines Erachtens klar aus Unternehmens- und ggf Produktmarke ab. Wenn ein grundsätzliches Interesse an dem Unternehmen besteht, sollte die Zielgruppe erkennen, dass das betreffende Unternehmen auch aus Arbeitgeberperspektive interessant ist. Denn nicht bei jedem tollen Unternehmen kommt einem direkt in den Sinn, dort arbeiten zu wollen. Hier sind wir beim Thema Arbeitgebermarke und den Fragestellungen rund um den Nutzen, den ich habe, wenn ich in diesem bestimmten Unternehmen anfange zu arbeiten. Wenn ich ein grundsätzliches Interesse habe, so beschäftige ich mich mit diesem Arbeitgeber näher, schaue mir die Website an, überprüfe meine Eindrücke auf Arbeitgeberbewertungsportalen oder auf Karrieremessen und gehe vielleicht auf die facebook Karriereseite. Hier bin ich also im operativen Personalmarketing angekommen. Und wenn das, was ich hier mitbekomme, meine Präferenzen als potenzieller Arbeitnehmer berücksichtigt, dann bewerbe ich mich.
Es gibt natürlich in der Literatur auch ganz andere Betrachtungsweisen zu diesem Thema. „Das Personalmarketing lässt sich in das Employer Branding und die Personalwerbung im engeren Sinne aufteilen. Das Employer Branding umfasst dabei alle mittel- und langfristigen Marketingmaßnahmen, die dem Aufbau eines attraktiven Arbeitgeberimages dienen. Es verfolgt damit nur indirekt das Ziel, geeignete Kandidaten für eine Bewerbung zu gewinnen. Im Gegensatz dazu zielt die Personalwerbung direkt auf die kurzfristige Generierung von Bewerbungen oder auf die aktive Suche nach Kandidaten…“ (Eckardt, Weitzel, & von Westarp, 2010).
Meiner Meinung nach ist die erste Betrachtung sinnvoller, und zwar aus folgenden Gründen:
- Die Employer Brand beeinflusst maßgeblich sämtliche Personalmarketinginstrumente (Karriere-Website, Social Media, Printanzeigen, Stellenanzeigen in Jobbörsen…) und nicht umgekehrt.
- Auch in der ersten Variante ist das direkte Ziel zunächst eine hohe Arbeitgeberattraktivität und dann das weiterführende Ziel die Einstellung und das Halten der richtigen Potentiale. Dennoch ist eine hohe Arbeitgeberattraktivität kein Selbstzweck. Das Geld könnte man sich auch sparen, wenn nicht letzten Endes ökonomisch ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis bezüglich der Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern erreicht würde.
- Die Aufteilung des Personalmarketings in Employer Branding und Personalwerbung im „engeren Sinne“ mutet sehr akademisch an. Der logische und konsequente Aufbau von Employer Branding als strategische Grundlage, operativem Personalmarketing bis hin zum Recruiting ist leichter nachvollziehbar und gelebte Praxis.