relevanz von jobbörsen in zeiten von social media

welche bedeutung haben jobbörsen eigentlich in zeiten von facebook, twitter & co? neigt sich die ära der jobbörsen ihrem ende zu oder haben sie weiterhin eine bedeutung für employer branding und recruiting? – spannende fragen, die bei den saatkorn. lesern (jaja, weibliche form bitte stets mitdenken) sicherlich zu längeren diskussionen mit ungewissem ausgang führen würden. also grund genug, sich einmal mit einem experten rund um das thema jobbörsen zusammen zu setzen und eine expertenmeinung einzuholen.

voilá: gerhard kenk ist geschäftsführer und gründer von crosswater-systems, der in meinen augen umfangreichsten und spannendsten plattform zum thema jobbörsen. crosswater-systems war und ist stets eine gute quelle, um sich über die entwicklungen im jobbörsen-markt deutschlands zu informieren. auch gut als vorbereitung vor verhandlungen mit jobbörsen geeignet 😉

das interview hat meiner meinung nach diverse spannende aussagen rund  um die frage, welche bedeutung jobbörsen im jahr 2010 haben und wie sich der markt entwickeln könnte. also: rock’n roll! vorhang auf für gerhard kenk!

relevanz von jobbörsen in zeiten von social media

saatkorn.: herr kenk, wie ist crosswater-systems eigentlich entstanden?
die idee von crosswater systems basiert darauf, ein informations-portal für intransparente vertikale märkte anzubieten. trotz bing, google und yahoo! besteht ein hoher bedarf insbesondere im e-recruiting, den stellensuchenden einen systematischen überblick über jobbörsen und damit indirekt über ihre karrierechancen zu geben. andererseits stehen personaler und arbeitgeber vor der herausforderung, stellenanzeigen auf jobbörsen zu platzieren, deren zielgruppe bzw. nutzerprofile ihren einstellungsanforderungen am nächsten kommt. eine online-datenbank mit profilen von über 1500 jobbörsen und jobsuchmaschinen in deutschland erleichtert es stellensuchenden und personalern, sich einen  überblick über jobbörsen und andere marktteilnehmer im recruiting zu verschaffen.

saatkorn.: was hat sich im laufe der jahre im jobbörsen-markt geändert?
vor 10 jahren ging die diskussion darum, wie und wann ein konzentrationsprozess unter den jobbörsen-betreibern einsetzt, später wurde befürchtet, dass die neue kostenlose jobbörse der bundesagentur für arbeit mit ihrem damals so genannten „virtuellen arbeitsmarkt“ die jobbörsen-landschaft radikal verändert. beide befürchtungen sind nicht eingetreten – im gegenteil: der jobbörsen-markt fragementiert und spezialisiert sich immer mehr, auch heute werden noch neue, immer spezialisiertere jobbörsen lanciert. wer beispielsweise glaubt, eine jobbörse für die it-spezialisten sei genug, sieht sich getäuscht: mittlerweile gibt es spezialisierte jobbörsen-betreiber für it-freiberufler, für sap-berater, web-entwickler oder gar php-software-experten.

saatkorn.: wo sehen sie trends für die entwicklung der online-jobbörsen?
die entwicklung der online-jobbörsen wird sich auch in zukunft weiterhin in richtung spezialisierung entwickeln. diese neuen nischen-anbieter stehen jedoch vor der herausforderung, einen mindestbekanntheitsgrad zu erreichen, falls sie keinen zugang zu einer angestammten zielgruppe in einer spezifischen branche oder berufsgruppe verfügen. andererseits müssen sich die jobbörsen der konkurrenz von jobsuchmaschinen erwehren. diese art des wettbewerbs kennen wir aus der wirtschaftsgeschichte: auch im handel bedrohte der wettbewerb die existenz des großhandels als mittler in der warenverteilungskette, nur hochspezialisierte großhändler haben chancen.  jobsuchmaschinen stehen  jedoch vor der herausforderung,  ihren bekanntheitsgrad bei den stellensuchenden zu steigern und gleichzeit  den  besucher-traffic zu monetarisieren – aber das sind ja die üblichen herausforderungen im web 2.0.

saatkorn.: glauben sie, dass es überhaupt eine große zukunft für die jobbörsen angesichts der stärker werdenden bedeutung von social networks geben wird?
social networks sind zur zeit „everybody’s darling“ in den medien – jeder chefredakteur liebt solche geschichten. und wenn wieder einmal ein hollywood-promi die trennung von seiner herzallerliebsten per twitter mitteilt, ist diese tatsache nachrichtenwürdig. eine partner-trennung per telefon, brief oder scheidungsanwalt lockt hingegen keine katze, pardon leser, hinter dem ofen hervor. der hype von recruiting in social medien basiert vor allem auf einer hypothese: hohe nutzerzahlen und intensive besucherfrequentierung werden gleichgesetzt mit dem potentiellen kommerziellen kaufverhalten eines nutzers. wer auf dem „boulevard of dreams“ in der sonne des lebens flaniert, hegt nicht automatisch eine kaufabsicht im herzen. erst der schritt in eine boutique oder ein kaufhaus auf dem kurfürstendamm macht den flaneur zum potentiellen käufer. und diese konversion vom social media user zum social media consumer wird in der aktuellen situation nicht kritisch genug gewürdigt – es passt ja nicht so richtig zum hype.

saatkorn.: wie müssten sich die jobbörsen ihrer meinung nach positionieren, um langfristig im kampf um die talente und zahlenden kunden bestehen oder vielleicht sogar wachsen zu können?

die grossen und bekannten jobbörsen stehen vor der herausforderung, ein nachhaltiges branding und eine nutzerloyalität aufzubauen und zu erhalten. die ergebnisse der unabhängigen und neutralen jobbörsen-nutzer-umfrage unter mehr als 7.000 stellensuchenden (http://www.crosspro-research.com) zeigt auf, daß über 92% der stellensuchenden bis zu 6 jobbörsen gleichzeitig nutzen. sie möchten interessante stellenangebote finden und keine potentiellen karrierechancen verpassen. diese markentreue kostet den grossen karriereportalen marketing-geld – und muss immer wieder aufs neue erarbeitet werden. wer als stellensuchender mit einem neuen arbeitsplatz sein glück gefunden hat, wird üblicherweise für die nächsten 2 – 3 jahre oder länger nicht mehr als aktiver bewerber auftreten. die bisherigen erfolgreichen und zufriedenen nutzer einer jobbörse entschwinden ins nirvana der beruflichen glückseligkeit – die neu am markt auftretenden kandidaten müssen immer wieder auf neue von den vorteilen eines karriereportals überzeugt werden. und ewig grüsst das murmeltier.

saatkorn.: was sind ihre ideen für die entwicklung von crosswater-systems?
solange der recruiting-markt vielschichtig und intransparent bleibt, solange bietet das crosswater-portal wertvolle informationen für stellensuchende und personaler. nach der umstellung der jobbörsen-informationen auf datanbank-technologie vor 3 jahren werden diese zentralen informationen mit verwandten themen verknüpft: eine datenbank mit über 10.000 quellen zu gehaltsvergleichen verschafft die möglichkeit, sich informationen über diesen bereich zu verschaffen. weitere ergänzungen des informationsangebot betreffen karriere-events, firmenprofile von personalvermittlern bzw. personalberatern oder die jobbörsen-nutzer-umfrage, die als gemeinschaftsprojekt mit profilo rating-agentur in hamburg durchgeführt wird.

grafik: angebotsportfolio crosswater-systems

die grundlage des geschäftsmodells würde wegfallen, wenn es ein einheitsgehalt in deutschland gibt, wenn eine einzige jobbörse alle stellenangebote der republik für alle branchen, berufe und regionen publizieren würde und wenn die jobsuche und das matching von angebotsprofilen und stellenanforderungen so hochgradig standardisiert automatisiert wären. tarifvertrag, mindestlohn,  hartz-iv-regelsatz, befristete zeitarbeitsverträge oder der euro-standard-lebenslauf sind die bausteine für eine nivellierung der arbeitswelt. vielleicht entwickelt sich die welt der berufstätigen in die von aldous huxley so beklemmend beschriebene utopische gesellschaft, in der alle menschen schon von geburt an manipuliert und indokriniert werden und berufstätige eine permanente befriedigung durch konsum, sex und die droge soma bekommen. vielleicht auch nicht.

saatkorn.: herr kenk, vielen dank für dieses spannende interview und weiterhin viel erfolg mit crosswater-systems!

weiterlesen:

employer branding bei robinson (sieger des rankings von henner knabenreich)

employer branding bei otto

employer branding bei der bundeswehr

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employer branding bei mcdonald’s

employer branding glossar von embrace: erklärung der wichtigsten begriffe

aktuelle kolumne in der werben & verkaufen zum thema „welche relevanz hat facebook für employer branding?

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

4 Gedanken zu „relevanz von jobbörsen in zeiten von social media

  • 19. April 2010 um 17:11
    Permalink

    Da bin ich ja froh, dass uns Crosswater als Nischen Jobbörse noch eine Chance gibt 🙂
    Der Vorteil der kleineren Jobboards ist mit Sicherheit auch ein noch besserer Service wie Ihn eine grosse Börse anbieten kann, wenn man unter 20.000 Kunden nur einer ist! Dh. hier bekommt man öfters auch Blog Beiträge, oder Links und weitere Social Media Goodies, die dem „Employer Brand“ vor allem bei Google helfen!

    Antwort
  • 14. April 2010 um 09:28
    Permalink

    Ich kann mich nur anschließen.
    Jedes Jahr wird über die (weitere) Konzentration des Onlinestellenmarktes spekuliert, das Gegenteil ist jedes Jahr ist der Fall. Jede zweite Agentur, die Paketanbieter, Verlage, IT-Firmen usw. hat mittlerweile einen Jobmarkt. (Zum Glück hat das Netz genügend Platz, solche Angebote zu verschlucken, der User wird eher verwirrt und ob der Vielfalt überfordert.)

    Und parallel schießen zusätzlich immer mehr Suchmaschinen aus dem Boden, mit dem Versprechen das Rad soeben neu erfunden zu haben – da bleibt die Hoffung, dass auch das der Markt bereinigt.

    Den obigen Aufgaben für die Nischenanbieter würde ich noch etwas hinzu fügen. Etliche Nischenanbieter gehen die Sache eher halbherzig an, schlechtes Layout, wenig komfortable oder sinnige Suchfunktionen usw. Das suggeriert oft, dass der Anbieter selbst nicht an den Erfolg glaubt. So wird es schwer.

    Ähnlich skeptisch wie Hr. Kenk bin ich beim Thema Social networks. Zumindest ist der derzeitige Hype etwas übertrieben. Man(n) hat den Eindruck, dass die Personalmarketingszene ein wenig in einer eigenen Welt von neuen Möglichkeiten schwärmt. Wie viele Angebote gab es schon, die schnell und oberflächlich genutzt wurden und ebenso schnell verschwanden.
    Sprechen Sie mal mit dem Jobmotor in Dt., dem Mittelstand – neben einem müden Lächeln erntet man oft Unverständnis.
    Aber warten wir ab, spannend bleibt es allemal. Und meine Gedanken sind ebenfalls nur angerissen und sollen nicht verallgemeinern.

    Antwort
    • 14. April 2010 um 14:13
      Permalink

      spannender kommentar! ja, man hat manchmal den eindruck, dass die personalmarketingszene (und da schließe ich definitiv saatkorn. mit ein) sich etwas zu schnell um sich selbst dreht, wenn es um sozial media geht. aber der jobmotor in deutschland hat zu großen teilen auch noch nicht begriffen, welche power in social networks stecken kann. nicht alles ist gold, was glänzt. aber social media wird nicht einfach in der versenkung verschwinden. auch ich glaube aber, dass wir uns derzeit in einem hype um das thema befinden.

      Antwort

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