vom kommunikator zum broker: die rolle der personalabteilung im kontext von social media
was passiert, wenn die meisten unternehmen angesichts der demografischen entwicklung und der zunehmenden verknappung von talenten auf dem arbeitsmarkt (wobei „talent“ hier im sinne von „richtiger mitarbeiter“ für die jeweilige position zu verstehen ist und nicht der high potential begriff gemeint ist) immer mehr in die entwicklung ihrer personalinstrumente investieren und dies als wesentlichen teil ihrer employer brand verstehen?
meine antwort auf diese rhethorisch gestellte frage ist: nichts! ok, man kann vielleicht etwas abschwächend auch mit „wenig“ antworten.
denn abheben kann ich mich als unternhemen im wettbewerb der „best places to work“ nur dann, wenn ich etwas einzigartiges zu bieten habe. – den x-ten betriebskindergarten aufzumachen, das hundertste sportprogramm aufzusetzen oder ein „wettbewerbsorientiertes gehalt“ zu zahlen, reicht schon heute kaum aus und wird in zukunft immer weniger ausreichen, um sich als arbeitgeber wettbewerbsdifferenzierend zu positionieren. gleiches gilt für die typischen personalmarketinginstrumente: eine coole website reicht ebenso wenig wie eine tolle image-veranstaltung. nicht falsch vestehen: die soeben willkürlich genannten beispiele haben alle ihre bedeutung, aber wirklich wettbewerbsdifferenzierend werden sie zukünftig immer weniger sein.
der zentrale wettbewerbsdifferenzierende faktor ist: das unternehmen selbst. sprich, die mitarbeiter und die unternehmenskultur.
was das mit dem eigentlichen thema zu tun hat? – eine ganze menge, denn das heute vielfach anzutreffende selbstverständnis einer personalabteilung im kontext employer branding ist:
- wir – als personalmarketingabteilung – zeigen, was unser unternehmen als arbeitgeber zu bieten hat. dies zeigen wir oft am beispiel von testimonials aus den fachabteilungen
- dafür identifizieren wir die richtigen personalmarketingsinstrumente für unsere zielgruppen und bauen diese möglichst state of the art auf (das erklärt auch das massive interesse an praxis- und erfahrungsberichten rund um instrumente und tools)
- manche personalmarketingabteilungen haben auch bereits schon erkannt, dass die arbeitgebermarke aus der unternehmensmarke abzuleiten ist und die marke aus einer möglichst wettbewerbsdifferenzierenden arbeitgeberpositionierung abgeleitet werden muss. diese unternehmen betreiben employer branding als langfristig-strategisches thema
grafisch kann man die vorgehenswiese wie folgt darstellen:
die personalabteilung geht hier also selbst mit potentiellen kandidaten auf dem arbeitsmarkt in die diskussion und fungiert mithin als kommunikator. dies ist ein erster schritt, reicht aus meiner sicht aber nicht aus, denn der erfolg gut gemachten employer brandings wird nicht auf der strategischen ebene erzielt – er liegt in einer hervorragenden operativen umsetzung auf grundlage einer employer branding strategie. zentral ist hierbei das thema authentizität.
nun ist es aber so, dass ein personaler nicht für alle benötigten job-profile in einer organisation authentisch kommunizieren kann. am authentischsten wird ein personaler über seinen eigenen job, seine eigene rolle in seinem unternehmen sprechen. gleiches gilt für andere job-profile: wenn ich in erster linie ingenieure suche, ist fraglich, ob der direkte dialog zwischen personalabteilung und der zielgruppe der ingenieure der königsweg für gutes employer branding und sein kann und letzten endes zur einstellung des gewünschten potentials führt.
ich bezweifle dies, auch wenn die soeben beschriebene vorgehensweise natürlich ein erster schritt und besser als gar nichts ist. meiner meinung nach sollte das selbstverständnis der personalabteilung im employer branding eher das eines brokers sein:
- basierend auf einer strategisch entwickelten arbeitgeberpositionierung entwickeln wir als personaler zusammen mit dem marketing und der kommunikationsabteilung unsere employer branding strategie
- wir definieren die richtigen zielgruppen und identifizieren innerhalb unseres unternehmens die richtigen testimonials für die jeweiligen zielgruppen
- als broker haben wir aus der employer branding abteilung heraus die aufgabe, unsere testimonials mit der zielgruppe zusammen zu bringen, denn dann kann und wird sich ein echter – authentischer – austausch auf augenhöhe ergeben
- wir nutzen social media als ein zentrales instrument, um die jeweils passenden zielgruppen intern und extern zusammen zu bringen und so einen kommunikativen austausch zu ermöglichen. mit der passung ist sowohl eine fachliche passung als auch eine hierarchische passung gemeint. im klartext: die ansprache potentieller azubis gelingt vermutlich am authentischsten mit testimonials aus den reihen der azubis im eigenen unternehmen. in dieser art der kommunikation hat die employer branding abteilung in erster linie die funktion des brokers – die kommunikation selbst erfolgt in erster linie durch die jeweilige zielgruppe
- achtung: die broker-rolle kann nur dann ausgefüllt werden, wenn man zuvor die arbeitgeberpositionierung erarbeitet und im eigenen unternehmen kommuniziert hat. ansonsten besteht die gefahr, dass – aufgrund der vielzahl von kommunikatoren in dieser situation – keine einheitliche arbeitgebermarke aufgebaut werden kann
grafisch dargestellt sieht die broker-rolle wie folgt aus:
nach meinem verständnis gibt es bislang in deutschland nur wenige beispiele für personalabteilungen, die mit einem solchen selbstverständnis in den markt gehen. ich glaube sogar, dass wir momentan erst an der schwelle stehen, dass die ersten personaler ihr rollenverständnis richtung broker anpassen. aber social media treibt dies – denn authentische kommunikation ist das a und o, um die eigene arbeitgeberpositionierung als zentrales wettbewerbsdifferenzierungspotential im kampf um die richtigen talente zu nutzen.
wenn sich diese sichtweise durchsetzt, stellt sich in einigen jahren die frage, ob die personalabteilung dann im employer branding kontext nicht überflüssig ist, da die kommunikation ja über andere personen in der eigenen organisation erfolgt. ich würde diese frage klar verneinen, denn
- die arbeitgeberpositionierung ist zwar langfristig-strategisch ausgelegt, sollte aber kontinuierlich überprüft und falls notwendig behutsam angepasst werden
- die personalabteilung hat neben der broker-roller aus meiner sicht auch die verantwortung, personalmarketing auf tool- und systemebene weiter zu entwickeln
- weiterhin fungiert die personalabteilung zusammen mit der kommunikationsabteilung als „coach“ und „moderator“ für die kommunizierenden testimonials im unternehmen und liefert den rahmen sowie hilfestellung zum beispiel bei folgenden fragen:
– was sind die zu kommunizierenden kernbotschaften basierend auf der arbeitgeberpositionierung?
– wann sollte auf welchem kanal was kommuniziert werden?
– wie sollte innerhalb des unternehmens mit social media umgegangen werden?
also: auch das neue denken in der broker-rolle macht die personalabteilung keinesfalls überflüssig – ganz im gegenteil: verantwortung und bedeutung werden meines erachtens in den nächsten jahren deutlich zunehmen.