Virtual Reality: Erfahrungen teilen – auch im Personalmarketing
Aufmerksame saatkorn. LeserInnen haben es schon längst gemerkt: das Thema Virtual Reality lässt mich nicht los. Nach dem ersten Artikel dazu und dem letzten saatkorn. Video der Woche, „Shark Diving in the Desert“ wollte ich es mal genauer wissen und habe mich daher mit Matthias Bastian, einem der Macher des wirklich lesenswerten Online-Magazins VRODO.DE unterhalten. Wer sich für Virtual Reality interessiert, kommt an VRODO.DE nicht vorbei. Auf geht’s:
Virtual Reality: Erfahrungen teilen – auch im Personalmarketing
saatkorn.: Matthias, bitte stell Dich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.
Laut meinem Diplom-Zeugnis bin ich Online-Journalist. In der Realität beschäftige ich mich mit neuen digitalen Medien in allen Kontexten, in erster Linie Marketing und PR aber auch Journalismus. Dazu kommen jetzt die virtuellen Medien, die ein neuer Schwerpunkt für mich sind.
saatkorn.: An wen richtet sich vrodo.de, wie lang machst Du das schon?
Wir sind seit Anfang 2015 am Start. Ich mache vrodo.de gemeinsam mit meiner Kollegin Carolin Albrand, Wissenschaftsjournalistin und Medienentwicklerin. Unser Ziel ist es, tolle VR-Projekte vorzustellen, über neue Technologien und Möglichkeiten zu informieren und auch den Nutzen zu diskutieren.
Die Zielgruppe muss sich noch ein wenig finden, immerhin haben wir es mit einem komplett neuen Medium zu tun. Zum jetzigen Zeitpunkt richten wir uns in erster Linie an die Industrie und an Enthusiasten. Wir haben keinen Gaming-Fokus, auch wenn digitale Spiele natürlich ab und zu ein Thema sind. Wir gehen davon aus, dass Virtual- und Augmented-Reality neue Möglichkeiten schaffen werden, die weit über die Gaming-Nische hinausgehen.
saatkorn.: Viele Personaler, mit denen ich so spreche, verorten das Thema „Virtual Reality“ mehr oder weniger in der Gamer-Ecke. Ist das aus Deiner Sicht eine richtige Einschätzung?
Grundsätzlich gilt: Virtual Reality ist niemals nur Film oder nur Spiel. Es ist ein komplett neues Medium, also müssen auch Inhalte komplett neu erdacht werden. Dafür haben wir noch nicht die richtigen Ausdrücke, daher sprechen wir häufig von „Erfahrungen“.
Langfristig ist es deutlich zu kurz gedacht, VR auf das Gaming zu beschränken, auch wenn es für den Moment so scheinen mag. Dafür gibt es einen einfachen Grund: Nur die Gaming-Industrie hat aktuell die Werkzeuge, um gute VR-Erfahrungen zu erstellen. Die Filmindustrie hängt da noch deutlich hinterher. Digitale Spiele sind der Eintrittsmarkt, das Experimentierfeld sozusagen.
Unternehmen wie Facebook und Google investieren nicht so massiv in diese neuen Technologien, um sich in der Gaming-Nische breit zu machen. Zuckerberg hat schon mehrfach deutlich gesagt: Virtual Reality ist die nächste Stufe nach Video. Anstatt Bilder oder Filme teilen wir in Zukunft Erfahrungen. Unabhängig davon passiert gerade unglaublich viel auf dem Markt und sehr viele technologische Ansätze treffen aufeinander. Die Gewinner stehen noch nicht fest.
saatkorn.: Hast Du ein paar spannende Beispiele parat, wie Virtual Reality im Marketing genutzt wird?
Da gibt es schon relativ viele Versuche, als Best Practice taugt aus meiner Sicht keiner. Das sind meistens kurze VR-Erfahrungen, in der man durch eine wie auch immer geartete Produkt- und Markenlandschaft wandert, fährt, fliegt. Autobauer arbeiten schon mit Fahrsimulatoren oder mit VR-Modellen ihrer Autos, die man im eigenen Wohnzimmer virtuell Probesitzen kann. Aber das ist alles noch sehr experimentell. Grundsätzlich denke ich aber, dass Virtual Reality im Marketing eine große Rolle spielen wird: VR macht es uns möglich an Orte zu reisen und Dinge zu erleben, die uns normalerweise verschlossen blieben. Das ist ein riesiges Spielfeld für das Marketing, sowohl im Service als auch im Storytelling. Samsung hat beispielsweise einen werdenden Vater, der bei der Geburt nicht dabei sein konnte, per Virtual Reality live in den Kreissaal gebeamt.
https://www.youtube.com/watch?v=2PpKzYjW7go
saatkorn.: Wie wird sich das Thema Virtual Reality Deiner Meinung nach kurz-, mittel- und langfristig entwickeln? Wird das ein richtiges Massenthema?
Ja. Nach mehr als 60 Jahren mit „durch das Fenster“-Medium wie TV und Monitor oder aktuell dem Smartphone wird es auch Zeit, dass mal etwas Neues kommt. Die virtuellen Technologien sind die Medien für eine neue, vollständig vernetzte Welt, in der die Grenzen zwischen real und digital immer stärker verschwimmen. Sie machen die digitale Welt für uns sichtbar, verstehbar, greifbar in einer Vielzahl von Kontexten wie Unterhaltung, Gesundheit, Arbeit, Social. Man stelle sich eine Version von Facebook vor, die man nicht mehr nur im Browser aufruft, sondern als virtuellen Ort physisch besuchen kann – übrigens wäre Facebook damit das einwohnerstärkste Land weltweit, digital und real. Für unsere Kinder oder Enkel wird das Alltag sein.
Bis es aber soweit ist werden noch einige Jahre ins Land ziehen. Ein großer Markt wird die Technologie erst dann akzeptieren, wenn Formfaktor, Preis und Nutzen in einem guten Verhältnis stehen. Gerade in Deutschland rechne ich außerdem mit einer großen Moral- und Angstdebatte.
Wenn es dann soweit ist werden wir wahrscheinlich nicht mehr zwischen Virtual und Augmented Reality unterscheiden. Mixed Reality, also der fliegende Wechsel zwischen realer und digitaler Wirklichkeit in verschiedenen Intensitätsstufen, wird dann Standard sein. Als Beispiel: Auf dem Weg zur Arbeit zeigt mir meine VR – und Datenbrille die neusten Emails im Blickfeld an und liest sie mir vor. Am Arbeitsplatz angekommen, wechsle ich für einige Stunden konzentriertes Arbeiten komplett in die virtuelle Realität, umgebe mich dort mit mehreren Monitoren oder einem auf den Job zugeschnittenen Interface. Besonders spannend für Designer, wird auch schon angewandt, Beispiel HIER. Meetings in Virtual Reality mit echten Avataren haben ein großes Potenzial, da sie deutlich produktiver sein könnten als Telefon- oder Videokonferenzen, wo die Distanz zwischen den Teilnehmern immer noch massiv das Outcome beeinflusst.
Abends schaut man dann mit den Kids gemeinsam einen VR-Film wie „Henry“ von Facebooks Tochter Oculus VR, wo man mit den Comic-Figuren zusammen im gleichen Raum steht.
https://www.youtube.com/watch?v=UklKsO3NchU
saatkorn.: Was ist Deine Empfehlung, wie sollte sich ein mit dem Thema VR unerfahrener Mensch am Besten dem Thema nähern?
Die einfachste und günstigste Variante, sofern man ein halbwegs taugliches Smartphone besitzt: Google Cardboard oder eine der diversen Nachbauten und dann die diversen VR-Apps und 360°-YouTube-Filme probieren. Damit bekommt man aber nur eine sehr grobe Vorstellung von dem, was Virtual Reality jetzt schon kann und um was es eigentlich geht. Wer sich intensiver damit befassen will sollte prüfen, ob es bei einer Messe oder einem VR-Meet-Up die Gelegenheit gibt Oculus Rift oder HTC Vive auszuprobieren. Besonders die VR-Brille von HTC hat großes Potenzial, da sie über Kameras alle Körperbewegungen 1:1 in VR übersetzt und man sich in einem 5x5m großen Raum völlig frei bewegen kann. Die perfekte Immersion. Erscheinen soll sie noch 2015, braucht aber einen leistungsstarken PC.
saatkorn.: Wo siehst Du beim Thema Virtual Reality ggf Anknüpfungspunkte für die Personalabteilungen in den Unternehmen?
Virtual Reality wird auch als „Empathiemaschine“ bezeichnet. Das „Mittendrin-Gefühl“ ist deutlich intensiver als bei klassischen Bildschirmmedien und man baut sehr schnell eine Beziehung zu seiner Umgebung auf. Ich denke, genau da finden auch Personalabteilungen gute Anknüpfungspunkte. Im Grunde geht es darum, Menschen in Virtual Reality an einen bestimmten Ort zu holen und sie glauben zu lassen, dass sie dort wirklich präsent sind. Das kann natürlich auch die Kantine oder die Produktionsstraße sein.
Das aktuelle Problem ist, dass die Technologie einfach noch nicht reif ist. Die meisten 360-Kameras liefern eine mäßige Bildqualität und am Computer erstellte VR-Erfahrungen sind sehr kostenintensiv und noch nicht ausgereift. Außerdem hat fast niemand eine VR-Brille daheim liegen, bislang gibt es nur Prototypen. Eine Recruiting-Aktion, die jetzt stattfinden soll, müsste man also damit koppeln, dass man der Zielgruppe ein entsprechendes Endgerät zur Verfügung stellt. Man könnte beispielsweise gebrandete Cardboards an potenzielle Kandidaten verschicken mit einem Link zu einem 360-YouTube-Video und der Aufforderung, dass sie mal vorbeischauen sollen.
Im Moment braucht man noch etwas Geduld. Ich denke aber, dass hier in den nächsten zwei bis fünf Jahren dramatische Veränderungen sattfinden werden.
Allererste Ansätze gibt es aber bereits, beispielsweise bei der EnBW.
saatkorn.: Matthias, herzlichen Dank für das Interview – und weiterhin viel Spaß und Erfolg mit vrodo.de!
Hinweis in eigener Sache: auf der HR Edge am 10. September in Hamburg spreche ich zum Thema „Virtual Reality im Personalmarketing“. Und mit etwas Glück zeigen wir dort auch live für jeden, der es probieren möchte, unseren ersten Virtual Reality Film, in dem man careerloft erleben kann…