Virtual Reality im Personalmarketing: in der Vergangenheit habe ich immer mal wieder darüber berichtet. Insbesondere das Thema 360° Video erfreut sich inzwischen steigender Beliebtheit. Ganz aktuell macht ein Beispiel vom Stellenmarkt Jobware die Runde. Ich hatte Gelegenheit, mit dem Verantwortlichen dafür, Björn Thomsen, zu sprechen. Auf geht’s:
saatkorn.: Herr Thomsen, bitte stellen Sie sich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.
Björn Thomsen – ich bin seit 2013 PR-/Marketing-Manager bei Jobware.de, dem Stellenmarkt für Fach- und Führungskräfte. Neben dem Content-Marketing, dem ich als ausgebildeter Redakteur eine besondere Aufmerksamkeit schenke, betreue ich Online-Projekte wie Bewerbung2go.de sowie von Jobware in Auftrag gegebene Studien – aktuell zum Praxisbeispiel: Virtual Reality im Recruiting.
Virtual Reality im Personalmarketing: mehr als 5 Millionen google Cardboards auf dem Markt
saatkorn.: Warum beschäftigt sich Jobware mit dem Thema Virtual Reality?
Mehr als fünf Millionen Google Cardboards wurden weltweit verkauft. Drei von zehn Deutschen können sich vorstellen, eine VR-Brille zu nutzen (Bitkom). Und auf der Hannover Messe durften Angela Merkel und Barack Obama in virtuelle Welten abtauchen. Das Erlebnis „Virtual Reality“ ist ohne Frage ein bewegendes. Jobware war sofort klar, dass diese Technologie einen Einfluss auf den Recruiting-Erfolg unserer Anzeigenkunden haben kann. 360°-Fotos und -Videos ermöglichen potenziellen Bewerbern, einen Arbeitgeber hautnah kennenzulernen. Als Internet-Pionier, der seit 20 Jahren Bewerber und Personaler auf immer neuen Wegen zusammenführt, waren wir uns sicher: Das müssen wir ausprobieren.
saatkorn.: Ich selbst bin absolut überzeugt von VR als Thema im Kontext Employer Branding und Recruiting. Allerdings stoße ich oft auf Vorbehalte in den Personalabteilungen, VR sei zu teuer und bei den relevanten Zielgruppen zu wenig verbreitet. Was sagen Sie dazu?
Wir sehen einen deutlichen Preisverfall bei den 360°-Technologien. Während Bewerber lediglich ein Cardboard und ein Smartphone benötigen, um rasante Achterbahnfahrten, Fallschirmsprünge oder eben ihren Traumjob erleben zu können, profitieren die Personalabteilung von einer neuen Generation leichter und günstiger Kameras. Letztes Jahr war die Ausrüstung noch unerschwinglich. Aktuell gibt es schon die ersten Kameras im dreistelligen Bereich. Alles deutet darauf hin, dass die Videospielindustrie und der Trend zur Action-Cam der Verbreitung von VR in den Haushalten in Kürze den Weg bereiten werden: Die große Zahl an Vorbestellungen für Head-Mounted-Displays (HMD), wie der Oculus Rift, sprechen für sich. Gerade die jüngeren Bewerber, also die Fachkräfte von morgen, zeigen an VR-Anwendungen (25 Millionen Downloads von VR-Apps im Android Store) großes Interesse.
Virtual Reality im Personalmarketing: 360° bei Jobware
saatkorn.: Nun hat Jobware selbst ein VR Experiment gemacht: 360° bei Jobware. Was hat es damit auf sich?
Wir haben den Selbstversuch gewagt. Wir hatten die Idee, in unseren Räumlichkeiten ein Drohnenrennen zu veranstalten. Der Bewerber soll sich fühlen wie der Pilot einer Drohne – natürlich mit freiem Blick in alle Richtungen. Hierzu nutzten wir eine mit einer Vollsphärenkamera (Ricoh Theta S) ausgestattete Quadrocopter-Drohne, die per First-Person-View (FPV) gesteuert wurde. Damit der Pilot im Film nicht sichtbar ist, nutzt er die von der Kamera übertragenen Bilder, um die Drohne zu steuern. So rasten die Drohnen unter Begeisterung unserer Mitarbeiter durch zahlreiche Büros, Gänge und Besprechungsräume von Jobware, umkreiste das Gebäude, flog mal durch das eine Fenster rein und das andere Fenster wieder hinaus. Wurde eine Kurve verfehlt, war der Schlag gegen den Türrahmen durchs ganze Haus zu hören. Zusätzlich haben wir mit Prof. Dr. Wolfgang Jäger und dessen Team im Fachbereich Design, Informatik, Medien der Hochschule RheinMain die Voraussetzungen im „Personalmarketing mit HMD“ untersucht: Wie reagieren Probanden auf 360°-Recruiting-Videos? Wie stark ist das Interesse von Bewerbern, mittels VR „hinter“ die Stellenanzeige zu blicken? Wirken sich Cardboards und HMD positiv auf das Erlebnis VR aus.
saatkorn.: Welche Ziele wollten Sie mit dem Experiment erreichen?
Wir wachsen und wollten VR nutzen, um Kandidaten für Jobware zu begeistern. Wir wollten gleichzeitig feststellen, welches Potential VR für das Recruiting birgt. Unsere Erfahrungen haben wir in einer Studienbroschüre dokumentiert, um unsere Kunden den Einstieg in das Thema zu erleichtern. Teil der Broschüre ist eine Checkliste, die unsere Erlebnisse widerspiegelt bzw. aus der sich ablesen lässt, was wir das nächste Mal anders machen würden.
Virtual Reality im Personalmarketing: begeisterte Kandidaten
saatkorn.: Und: was hat das Experiment gebracht? Welche Erkenntnisse haben Sie durch 360° bei Jobware?
Wir nutzen unseren VR-Film seit zwei Monaten für die Ansprache von Kandidaten auf Bewerbermessen ein. Wer unseren Stand besucht, der kann sein Handy in unsere VR-Brille einsetzen und einen Rundflug durch unser Unternehmen erleben. So konnten wir schon manchen Kandidaten für uns begeistern. Wir haben wir gelernt, dass sich unser Gebäude nicht besonders für ein Drohnenrennen eignet. Der Stahlbeton lässt keinen großen Abstand zwischen Drohne und Pilot zu, die Gänge sind mit 1,5 Breite bei großen Geschwindigkeiten – 100 Kilometer pro Stunde sind durchaus möglich – doch ein wenig beengt und das Abbiegen in ein Meter breite Türöffnungen schaffen nur die besten Piloten – bei geringer Geschwindigkeit und mehreren Fehlversuchen.
Außenaufnahmen hingegen gelingen ebenso fantastisch wie „Sprünge“ aus dem Fenster. Hätten wir eine Werkshalle oder ein großes Außengelände, wir hätten es für das Rennen genutzt. Die Erhebung der Hochschule RheinMain zeigt, dass rund ein Drittel aller Teilnehmer VR-Videos für eine sinnvolle Ergänzung von Stellenanzeigen (oder Karriereseiten) halten. Überdies konnte im Rahmen einer Messung des Hautleitwertes festgestellt werden, dass Cardboard und HMD stärker emotionalisieren als die konventionelle Betrachtung. Wir sind daher überzeugt, dass VR liefert.
saatkorn.: Welche Handlungsempfehlungen können Sie für HR Abteilungen ableiten, die sich mit dem Thema VR intensiver befassen möchten?
Nutzen Sie unsere Erfahrungen. Gerne senden wir Ihnen unsere Studie zu und geben Ihnen persönlich Auskunft zu der verwendeten Technologie, ihren Vor- und Nachteilen sowie zu den notwendigen Budgets. Gerne teilen wir mit Ihnen auch Informationen rund um die Einsatzmöglichkeit des so erstellten VR-Films, sei auf Messen oder auch als Bestandteil der Stellenanzeige. Verschaffen Sie sich am besten selbst einen Eindruck:
saatkorn.: Herr Thomsen, vielen Dank für das Interview.