Website-Icon SAATKORN

Studie: Wie blicken Akademiker und Nicht-Akademiker auf ihren Job?

Immer mehr Menschen entscheiden sich nach der Schule für ein Studium. Die zunehmende Akademisierung verstärkt aber den Mangel in klassischen Ausbildungsberufen. Unternehmen haben immer häufiger Probleme, Fachkräfte oder Auszubildende zu finden. Zahlt sich ein Studium wirklich in einem Mehr an Zufriedenheit im Job aus? Und was ist die Entscheidungsgrundlage für den einen oder den anderen Ausbildungsweg?

Der Stellenmarkt meinestadt.de vergleicht in einer aktuellen Studie beide Zielgruppen und zeigt den Blick von Nicht-Akademikern und Akademikern auf Beruf und Arbeit. Wolfgang Weber, Geschäftsführer von meinestadt.de, fasst im Interview die wichtigsten Erkenntnisse zusammen und zeigt, dass die Studie auch eine neue Perspektive auf Ausbildungsberufe ermöglicht.

saatkorn.: Herr Weber, bitte stellen Sie sich den saatkorn LeserInnen kurz vor.

Wolfgang Weber von meinestadt.de

Mein Name ist Wolfgang Weber und ich bin inzwischen seit über 10 Jahren im Stellenmarkt-Geschäft tätig. Bei meinestadt.de bin ich seit Januar als Geschäftsführer an Bord. meinestadt.de bietet den größten Stellenmarkt für Fachkräfte mit Berufsausbildung. Wir haben bereits früh erkannt, wie wichtig gut ausgebildete Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt sind.

saatkorn.: meinestadt.de hat eine neue Studie herausgegeben, in der Nicht-Akademiker und Akademiker unter anderem in Bezug auf ihre Arbeitszufriedenheit verglichen werden. Warum dieser Vergleich?
Bei steigenden Studentenzahlen und immer mehr unbesetzten Ausbildungsplätzen stellt sich die Frage: Sind Uniabsolventen wirklich zufriedener mit ihrer Arbeit? Fühlen sie sich gut auf den Jobvorbereitet? Und was motiviert sie, studieren zu gehen? Andersherum gefragt: Sind Fachkräfte mit Berufsausbildung weniger zufrieden im Job? Wie erleben sie den Start ins Berufsleben? Und welche Faktoren sind hier für die Wahl der Ausbildung ausschlaggebend? Da ein solcher Vergleich noch nicht gezogen wurde, wollten wir erste Erkenntnisse in einer wissenschaftlich begleiteten Studie sammeln. Wir haben dazu 2.068 Teilnehmer befragt – die eine Hälfte der Befragten waren Akademiker, die anderen Hälfte hat eine Berufsausbildung absolviert.

saatkorn.: Und, gibt es einen großen Unterschied in puncto Arbeitszufriedenheit von Akademikern und Nicht-Akademikern?
Nein, den gibt es nicht. Die Zustimmungswerte liegen hier sehr nah beieinander. Nicht-Akademiker sind im Job fast genauso zufrieden wie Akademiker. 63,2 Prozent der Akademiker stimmen der Aussage, dass ihr Job “alles in allem gut sei” mit mindestens 8 von 11 Punkten zu. Unter den Nicht-Akademikern sind es 61,7 Prozent. Schaut man sich bei der Bewertung der Arbeitszufriedenheit die Spitzenwerte in Form der 10- und 11-Werte an, schneiden Nicht-Akademiker (33,3 Prozent) sogar etwas besser ab als Akademiker (28,7 Prozent). Auch im Hinblick auf Einzelaspekte, wie die Bewertung der Arbeitsinhalte und die Sympathie der Kollegen, verteilen Nicht-Akademiker im Vergleich häufiger die Bestnote.

saatkorn.: Liefern die Studienergebnisse an anderer Stelle denn einen besonders großen Unterschied?
Einer der größten Unterschiede zwischen Nicht-Akademikern und Akademikern zeigt sich in den Angaben zum Start ins Berufsleben. Auszubildende fühlen sich demnach wesentlich besser auf ihren Job vorbereitet als Uniabsolventen. Rund 61 Prozent der Nicht-Akademiker fühlen sich gut bis sehr gut auf den Arbeitseinstieg vorbereitet. Unter den Akademikern sind es mit 34 Prozent nur knapp die Hälfte. Während Nicht-Akademiker durch den hohen praktischen Anteil und den genauen Zuschnitt auf das Berufsprofil gute Startbedingungen haben, müssen sich Akademiker nach dem Studium offenbar oft noch orientieren und in die Arbeitswelt einfinden.

saatkorn.: Geläufige Meinung ist aber auch, dass das Studium durch den starken Theorieanteil einen anderen Schwierigkeitsgrad hat. Zahlt das nicht auch auf das Image ein?
Vorneweg: Interessanterweise machen Nicht-Akademiker und Akademiker keinen großen Unterschied in der Bewertung, wie anspruchsvoll sie ihren jeweiligen Ausbildungsweg rückblickend empfinden. Ehemalige Studierende bewerten ihr Studium im Nachhinein zu rund 70 Prozent als anspruchsvoll bis sehr anspruchsvoll. Ehemalige Auszubildende kommen hier auf 61 Prozent. Und auch mit Blick auf die Bewertung des Image von Studium und Berufsausbildung zeigt sich, dass die Berufsausbildung durchaus gut abschneidet. Akademiker werten das Image mit knapp 64 Prozent als gut bis sehr gut und damit sogar etwas höher als Nicht-Akademiker (63 Prozent), die selbst eine Berufsausbildung absolviert haben. Das Ruf des Studiums wird von Akademikern mit 73 Prozent als gut bis sehr gut eingestuft, Nicht-Akademiker kommen hier auf 67 Prozent. In der Realität ist es trotzdem so, dass immer mehr Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben.

saatkorn.: Ganz zu Beginn kam schon die Frage nach den unterschiedlichen Motivatoren für den jeweiligen Ausbildungsweg auf. Welche Faktoren sind denn am ausschlaggebendsten für die Entscheidung?
Hier zeigen sich wiederum deutliche Unterschiede: Während 42 Prozent der Nicht-Akademiker “Sicherheit” als Entscheidungsfaktor hoch priorisieren, liegt der Anteil bei den Akademikern lediglich bei 16 Prozent. Die eigenen Interessen spielen hingegen für die Berufswahl bei 70 Prozent der Akademiker eine sehr große Rolle, bei Nicht-Akademikern trifft das nur auf 54 Prozent zu. Jeder Vierte Nicht-Akademiker hört bei dieser Entscheidung auch auf den Rat der Eltern, bei Akademikern sind es mit 12,0 Prozent nicht mal halb so viele. Nicht-akademische und akademische Berufsgruppen haben also durchaus unterschiedliche Motivationen, die sich auch im weiteren Berufsleben zeigen.

saatkorn.: Für das Studium und gerade für die Ausbildung entscheidet man sich größtenteils in jungen Jahren. Rückblickend kann dann schon mal die Frage aufkommen: War es die richtige Entscheidung?
Wir haben gezielt danach gefragt, wer seinen jeweiligen Ausbildungsweg im Nachhinein mehr bereut. Hier ist die Zahl bei den Nicht-Akademikern höher: 36 Prozent geben an, die den Weg der Ausbildung zu bereuen. Bei den Akademikern bereuen nur 13,6 Prozent, dass sie studiert haben. Wenn Fachkräfte ihre Ausbildung bereuen, liegt es bei vielen Befragten an der fehlenden gesellschaftlichen Anerkennung der Ausbildung oder an dem Umstand, dass Uni-Absolventen bei gewissen Positionen Vorteile haben. Die Befragten, die mit ihrer Ausbildung zufrieden sind, freuen sich vor allem über den praktischen Anteil und den frühen Einstieg ins Berufsleben. “Eine Ausbildung ist etwas Handfestes. Manchmal denke ich, ich wäre gerne Goldschmiedin”, so eine
ehemalige Uni-Absolventin und Teilnehmerin der Studie. Genau diese praktischen Erfolgserlebnisse sind es, die Akademikern oftmals fehlen.

saatkorn.: Was würden Sie Unternehmen empfehlen, die händeringend nach Auszubildenden suchen?
Gerade in Zeiten von Fachkräfteengpässen und rückläufiger Besetzung von Ausbildungsplätzen ist es enorm wichtig, die Rahmenbedingungen nach den Bedürfnissen der jeweiligen Zielgruppe auszurichten und zu fragen, welche Argumente im Job-Marketing wirklich ziehen. Arbeitgeber können beispielsweise für nicht-akademische Positionen gezielt mit Positiv-Stimmen zufriedener Kollegen werben oder bewusst auf Themen wie Sicherheitsfaktoren setzen. Außerdem sollten sich die hier genannten Vorteile, wie der hohe Praxisanteil, die ausgeprägte Zufriedenheit und der gute
Start ins Berufsleben in Ausschreibungen widerspiegeln. Fakt ist: Ein Studium macht nicht unbedingt glücklicher. Das Image von Ausbildungsberufen leidet zu Unrecht.

saatkorn.: Herr Weber, vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Spaß und Erfolg mit meinestadt.de!

 

Die kompletten Studienergebnisse stehen Ihnen unter folgendem Link kostenlos zum
Download zur Verfügung:
https://stellenmarkt.meinestadt.de/whitepaper_zufriedenheitsstudie/

Über die Studie

Im April 2018 hat meinestadt.de eine Untersuchung zum Thema ”Wie blicken Akademiker und Nicht-Akademiker auf ihre Arbeitswelt?” durchgeführt. Dabei handelt es sich um die erste wissenschaftliche Studie zu dem Thema, die einen fundierten Vergleich zwischen Nicht-Akademikern und Akademikern zieht. Das Marktforschungsinstitut respondi hat insgesamt 2.068 Teilnehmer dazu befragt. Die Hälfte der Befragten waren Akademiker, die andere Hälfte hat eine Berufsausbildung absolviert. Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl von Prof. Dr. Martin Kersting von der Justus-Liebig-Universität Gießen durchgeführt.

Über meinestadt.de
meinestadt.de ist der führende Stellenmarkt für Fachkräfte mit Berufsausbildung. Durch den regionalen und lokalen Fokus verbindet meinestadt.de Unternehmen und Jobsuchende in allen 11.000 Städten und Gemeinden Deutschlands. Stellensuchende können sowohl online als auch mobil und über die mehrfach ausgezeichneten Job-Apps jederzeit auf die Angebote zugreifen. TalentHero, die Azubi-App von meinestadt.de, hilft Jugendlichen bei der Berufswahl und bringt Unternehmen und Auszubildende für eine gemeinsame erfolgreiche Zukunft zusammen.

Die mobile Version verlassen