Studie von Linkedin zum Thema Arbeitgebermarke
Linkedin hat unter > 1.000 Arbeitnehmern in Deutschland eine Studie rund um das Thema „Arbeitgebermarke“ durchgeführt. Zu den Ergebnissen nimmt im saatkorn. Interview Chris Brown Stellung. Auf geht’s:
Aktuelle Studie von Linkedin zum Thema Arbeitgebermarke
saatkorn.: Bitte stellen Sie sich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.
Mein Name ist Chris Brown, ich arbeite bei LinkedIn in London und bin dort für die LinkedIn Talent Solutions verantwortlich – also die Lösungen, mit denen Unternehmen auf LinkedIn die passenden Fach- und Führungskräfte finden und gezielt ansprechen können.
saatkorn.: Auf Basis einer aktuellen Umfrage haben Sie versucht, die Kosten einer schlechten Arbeitgebermarke zu ermitteln. Wer wurde wann dazu befragt?
Wir haben dazu mit dem Meinungsforschungsinstitut ICM Unlimited diesen August 1.005 Vollzeitarbeitnehmer in Deutschland im Rahmen einer repräsentativen Studie befragt.
saatkorn.: Was kostet denn nun eine schlechte Arbeitgebermarke laut LinkedIn?
Das lässt sich natürlich nicht vereinheitlichen. In der Studie versuchen wir jedoch, uns einem konkreten Wert anzunähern. Das tun wir, indem wir den Aufschlag berechnen, den qualifizierte Mitarbeiter auf ihr Gehalt verlangen, wenn sie einen Arbeitsvertrag mit einer aus ihrer Sicht schwachen Arbeitgebermarke abschließen.
Diese errechnet sich aus der Fluktuation im Unternehmen und dem Aufschlag auf das Gehalt der neuen Arbeitskräfte. Geht man von einer jährlichen Fluktuationsrate von 17 Prozent und einem Durchschnittsgehalt von 43.234 Euro aus, ergibt sich bei einem Aufschlag von 10 Prozent für ein Unternehmen mit 10.000 Mitarbeitern eine jährliche Kompensation von rund 7,3 Millionen Euro. Der Einfachheit halber haben wir in diesem Beispiel angenommen, dass jeder der neuen Mitarbeiter 10% mehr Gehalt einfordern würde. Bei Durchschnittsgehalt sowie Fluktuationsrate haben wir uns an Zahlen des statistischen Bundesamts gehalten.
Nimmt man jetzt an, dass sich nur die Hälfte oder ein Viertel der neuen Mitarbeiter einen Markenmangelausgleich bezahlen lassen, kommt das betreffende Unternehmen immer noch auf fast 3,7 beziehungsweise fast 1,8 Millionen Euro Mehrkosten.
Das Ganze als Außenstehender für ein Unternehmen auszurechnen ist schwierig, da man die Zahlen nicht kennt. Ein interner HR-Experte könnte das aber für sein Unternehmen tun und sich so Orientierung verschaffen. Ziel der Studie ist es auch, einfach zu zeigen, dass dieses Budget langfristig besser im Aufbau einer starken Arbeitgebermarke angelegt wäre und sich Unternehmen darüber Gedanken machen sollten.
saatkorn.: Laut Ihrer Umfrage sind 49% aller Befragten auf Jobsuche bereit, auf einen Gehaltssprung beim Wechsel zu einem Unternehmen mit einer starken Arbeitgebermarke zu verzichten. Ist das nicht eher ein Argument dafür, dass eine gute Arbeitgebermarke nicht ganz so wertvoll ist?
Das denke ich nicht, nein. Dieses Ergebnis zeigt deutlich, dass Unternehmen mit einer guten Arbeitgebermarke ihren Mitarbeitern weit mehr Werte bieten als das Gehalt, und das diese Werte vielen Arbeitnehmern tatsächlich sehr wichtig sind. Das können von einer guten Work-Life-Balance über eine tolle Unternehmenskultur bis hin zu anderen Zusatzleistungen wie betrieblicher Altersvorsorge, Fitness-Angeboten oder Kinderbetreuung viele unterschiedliche Dinge sein. Genau das ist ja auch das Ziel unserer Studie: Aufzuzeigen, dass Unternehmen aufgrund des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels mehr Werte anbieten sollten als „nur“ ein attraktives Gehalt.
saatkorn.: 52% der Befragten würden grundsätzlich nicht in ein Unternehmen mit schwacher Arbeitgebermarke wechseln. Wie ist aber sichergestellt, dass Produkt- und Arbeitgebermarke differenziert betrachtet werden? – Es gibt ja durchaus Unternehmen mit starker Produkt- und schwacher Arbeitgebermarke…
Natürlich ist es schwierig, den Wert der Produktmarke von der Arbeitgebermarke zu trennen, das kann und will unsere Studie gar nicht leisten. Ich denke jedoch, dass es hier auch auf die Umstände des potenziellen Mitarbeiters ankommt, der sich für eine Stelle in dem betreffenden Unternehmen interessiert oder eben nicht interessiert. Junge Menschen sind eher dazu bereit, in einem Unternehmen mit starker Produkt- und eher schwachen Arbeitgebermarke zu arbeiten: um spannende Erfahrungen zu sammeln und einen tollen Namen im Lebenslauf zu haben beispielsweise. Mit steigender Berufserfahrung und auch Verantwortung, zum Beispiel weil man eine Familie hat, ein Haus abbezahlen muss oder ähnliches, ändern sich die Prioritäten ganz stark. Eine positive Arbeitgebermarke, die Sicherheit und eine gute Work-Life-Balance bietet, wird dann immer wichtiger.
saatkorn.: Zu guter Letzt: haben Sie auch im Umkehrschluss eruiert, was eine gute Arbeitgebermarke kostet?
Ziel unserer Studie ist es, aufzuzeigen, dass sich eine gute Arbeitgebermarke lohnt und dass eine schlechte Arbeitgebermarke finanzielle Folgen haben kann, derer sich viele Unternehmen so gar nicht bewusst sind. Unsere Studie zu den Global Recruiting Trends 2015, die wir vor kurzem veröffentlicht haben, zeigt nämlich auf, dass 68 Prozent der deutschen Personaler Employer Branding als wichtigstes Thema ansehen, wenn es um Mitarbeitergewinnung geht. Allerdings geben nur 48 Prozent der Befragten an, das Thema in ihrem Unternehmen proaktiv anzugehen. Hier gibt es also noch viel zu tun – gerade auch angesichts des wachsenden Fachkräftemangels in Deutschland.
saatkorn.: Herr Brown – herzlichen Dank und weiterhin viel Spaß und Erfolg bei Linkedin!