Studie: KI in der Bewerbung

Studie: KI in der Bewerbung

Wie wird das Themenfeld KI in der Bewerbung von denjenigen wahrgenommen, die es betrifft, nämlich den Bewerbenden? – Diese Frage hat sich auch softgarden gestellt und eine spannende Studie zum Thema Künstliche Intelligenz in der Bewerbung durchgeführt. Ich hatte Gelegenheit, darüber ausführlich mit softgarden CEO Kirill Mankovski zu sprechen. Auf geht’s: 

SAATKORN: Bitte stelle Dich den SAATKORN Leser:innen doch kurz vor.

Ich heiße Kirill Mankovski und bin Geschäftsführer von softgarden. Als HR-Tech-Lösung für innovatives Recruiting umfasst softgarden Bewerbermanagement (ATS) ebenso wie eine suchmaschinenoptimierte Karriereseite, automatisch generierte Arbeitgeberbewertungen, ein Tool für Mitarbeiterempfehlungen und ein automatisiertes Multiposting mit Anschluss an über 300 Jobboards. Kurzum: Wir stellen umfangreiche digitale Anwendungen und Tools zur Verfügung, mit denen Recruiter erfolgreich ihren Job machen können. Denn früher ging es bei Recruitinglösungen darum, Bewerbungen zu managen. Jetzt müssen Arbeitgeber erst einmal Jobsuchende überzeugen, aus ihnen Bewerbende und später Mitarbeitende machen.

SAATKORN: Was war das Setting der Studie „KI in der Bewerbung“ – wer wurde wann befragt?

softgarden befragt schon sehr lange und sehr regelmäßig Jobsuchende – und zwar direkt im digitalen Bewerbungsprozess. Es handelt sich also um „echte Bewerber“, die wir am Ende ihrer Bewerbung darum bitten, an unserer Umfrage teilzunehmen. Im Zuge unserer „Candidate Experience 2023“-Studie hatten wir diesen im Frühjahr 2023 zwei Fragen zur Nutzung von KI im Bewerbungsprozess gestellt. Dabei kam damals heraus, dass schon 12,7% KI nutzten, um ihre Anschreiben zu verfassen – weitere 36,6% konnten sich den Gebrauch prinzipiell vorstellen. Wir fanden das Thema so spannend, dass wir spontan beschlossen, im September eine KI-Kurzumfrage zu machen. Aus der „Kurzumfrage“ ist dann eine Umfrage mit fast normaler Länge geworden an der 2.674 Bewerbende teilgenommen haben.

SAATKORN: Was sind Kernergebnisse der Studie, welche Dich besonders überrascht haben?

Zunächst einmal der starke Anstieg der KI-Nutzer unter den Bewerbenden. Im September nutzten schon 19,0% von ihnen ChatGPT oder eine andere Lösung, um ihr Anschreiben zu verfassen. Weitere 36,6% konnten sich vorstellen, fürs Anschreiben KI einzusetzen. Bewerbende, die das generell ablehnen, sind schon jetzt in der Minderheit. Das hat vor allem damit zu tun, dass immer mehr Bewerbende in ihren Jobs und privat Erfahrungen mit KI-Anwendungen machen. Aktuell verfügen 46,7% von ihnen über entsprechende praktische Erfahrungen. Zudem hat mich überrascht, dass die Angst vor KI nicht besonders weit verbreitet ist. Nur 18,1% der Befragten fürchten, dass die eigenen Berufsqualifikationen vor dem Hintergrund von KI in fünf Jahren nicht mehr gebraucht werden. Grundsätzlich hat nur eine Minderheit der Jobsuchenden von 21,1% Einwände gegen den Einsatz von KI durch Arbeitgeber im Recruiting. Diese Akzeptanz gilt jedoch nur, solange menschliche Entscheidungen nicht völlig aus dem Prozess verdrängt werden.

softgarden KI in der Bewerbung 2023 SAATKORN
softgarden KI in der Bewerbung 2023 SAATKORN

SAATKORN: Wie sinnvoll ist eigentlich in Zeiten von ChatGPT noch ein Anschreiben?

Generell ist der eignungsdiagnostische Wert des Anschreibens nicht allzu hoch einzuschätzen. Was in einem Anschreiben steht, ist eine Motivationsdarstellung. Die ist nicht mit der „Motivation“ der Bewerbenden zu verwechseln und interpretationsoffen. Außerdem tun sich viele Zielgruppen damit schwer und holen sich Hilfe von außerhalb. Bei Azubi-Bewerbungen zum Beispiel dürfte das Anschreiben in vielen Fällen schon vor dem KI-Zeitalter eher Auskunft über die Kompetenzen der Eltern gegeben haben als über die Azubi-Bewerbenden selbst…Aus meiner Sicht gibt die Verbreitung von KI-Anwendungen dem Anschreiben jetzt den Rest. In absehbarer Zeit geben Anschreiben nur noch Auskunft über den Stand beim KI-Know-how von Jobsuchenden. Ich finde dieses Format nicht mehr zeitgemäß. Wir haben uns schließlich irgendwann auch von der gedruckten Bewerbermappe verabschiedet.

SAATKORN: Welche Handlungsempfehlungen lassen sich daraus für HR-Abteilungen ableiten?

Zum einen gehört das Anschreiben auf die Streichliste. Generell sollten Arbeitgeber aus meiner Sicht textbasierte Bestandteile der Bewerbung als Entscheidungsgrundlage für die Kandidatenauswahl auf den Prüfstand stellen. Die Recrutingabteilungen sollten es vermeiden in eine Situation zu geraten, in denen sich KI-Anwendungen von Arbeitgebern mit denen der Bewerbenden „battlen“.

SAATKORN: Wie wird sich die Personalarbeit selbst durch den Einsatz künstlicher Intelligenz verändern?
Das ist ein weites Feld. Genau vorhersagen können wir das noch nicht. Die Verbreitung von KI lässt sich ebenso wenig aufhalten wie die Dampfmaschine oder die Digitalisierung. Das hat Konsequenzen für das HR-Management. Dennoch sollte HR hier besonnen vorgehen, den Datenschutz nicht aus den Augen verlieren und Wünsche sowie Akzeptanzgrenzen ihrer Zielgruppen vor Augen haben – intern wie extern. Jobsuchende haben zum Beispiel nichts dagegen, dass Arbeitgeber Künstliche Intelligenz als Entscheidungshilfe bei Einstellungen verwenden, aber nicht als autonome Entscheidungsinstanz oder Ersatz für menschliche Interaktion. Außerhalb des Recruitings ist generell eine sorgfältige, unternehmensindividuelle Analyse der KI-Potenziale, -Risiken und -Weiterbildungsaufgaben vonnöten. Unserer Studie zufolge haben nur 13,9% der Akademiker Angst vor der Entwertung ihrer eigenen Berufsqualifikationen. Folgt man KI-Experten, ist dieser Optimismus eher unbegründet. Das Vordringen der KI kann zu massiven Verlusten von Arbeitsplätzen führen, aber ebenso zur Produktivitätssteigerung von Wissensarbeitern. Mit Qualifizierungsmaßnahmen wird somit aus dem „KI-Risiko“ möglicherweise ein Mittel gegen den Fachkräftemangel.

SAATKORN: Zu guter Letzt: wo kann man die Studie „Künstliche Intelligenz in der Bewerbung“ downloaden?

Wie gewohnt gibt es die Ergebnisse der Umfrage in Form eines Whitepapers kostenlos auf unserer Website.

SAATKORN: Kirill, ganz herzlichen DANK für das Interview – und weiterhin viel Spaß und Erfolg mit softgarden!

 

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Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

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