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Studie: Karriereperspektiven im gewerblichen Arbeitsmarkt

Karriereperspektiven im gewerblichen Arbeitsmarkt: eine aktuelle Studie von mobileJob.com und trendence bringt Licht ins Dunkel dieser ganz und gar nicht unwichtigen Zielgruppe, der sogenannten blue collar worker. Ich hatte Gelegenheit, mit Steffen Manes und Holger Koch über Karriereperspektiven im gewerblichen Arbeitsmarkt zu sprechen. Auf geht’s:

saatkorn.: Bitte stellen Sie sich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.

Steffen Manes von mobileJob.com

Steffen Manes: Mein Name ist Steffen Manes. Ich bin Geschäftsführer von mobileJob.com, eine Recruiting-Lösung für den außerakademischen Arbeitsmarkt, die erst vor kurzem von den Betreibern des Jobbörsen-Kompass als führende Jobbörse im Blue Collar Umfeld ausgezeichnet wurde. Wir sind seit 2014 auf dem Markt und konnten in dieser kurzen Zeit bereits mehr als 1.700 Arbeitgeber davon überzeugen mit uns auf die Suche nach Mitarbeitern im Blue Collar Bereich zu gehen.

Holger Koch: Mein Name ist Holger Koch. Ich bin Gründer und Geschäftsführer von trendence, dem Beratungs- und Marktforschungsunternehmen für Employer Branding und Personalmarketing. Man kennt uns vor allem durch die Rankings der beliebtesten Arbeitgeber, die Top 100. Seit 1999 unterstützen wir nun schon Arbeitgeber mit unseren Zielgruppen- und Imageanalysen auf ihrem Weg zum Employer of Choice und geben Empfehlungen für ein effizientes Employer Branding.

saatkorn.: Gerade haben sie eine der ersten Studien zu Karriereperspektiven im gewerblichen Arbeitsmarkt veröffentlicht. Wie ist die Idee zur Studie entstanden und was war das Setting der Studie?

Holger Koch von trendence

Holger Koch: trendence ist ja in der Tat dafür bekannt, in erster Linie die Karrierewünsche von Professionals und Berufsstartern mit akademischen Hintergrund zu analysieren. Das werden wir in Zukunft natürlich auch weiter tun. Doch wir bemerken auf Arbeitgeberseite auch eine verstärkte Nachfrage nach Informationen über die Wünsche und Karrierepläne von Nichtakademikern. Der Mangel an Arbeitskräften im Handel, in Logistikunternehmen oder in der verarbeitenden Industrie – um nur einige Beispiele zu nennen – ist ein echtes Problem für viele Unternehmen und Organisationen. Sie sind auf funktionierende Recruiting-Strategien angewiesen, um auf Wachstumskurs zu bleiben. Deshalb ist es absolut notwendig, sich mit dem Thema Karriereperspektiven im gewerblichen Arbeitsmarkt auseinanderzusetzen. Das haben wir getan und 3.000 Fachkräfte zu ihren Wünschen an den Job und Arbeitgeber für unsere Studie rund um Karriereperspektiven im gewerblichen Arbeitsmarkt befragt.

Steffen Manes: Für den nichtakademischen Arbeitsmarkt gibt es nicht viele Dienstleister, so dass dieser Forschungsbereich bis dato reichlich verwaist war. Mit unserer Studie schließen wir nun also eine Wissenslücke, um so am Ende des Tages auch Personalern bei der richtigen Einschätzung dieser wichtigen Kandidatengruppe zu helfen. Nur so sind schlagkräftige Recruiting-Lösungen umsetzbar. Denn nur wer seine Zielgruppe kennt, kann sie auch erreichen. Die Nachfrage nach Nichtakademikern ist jedenfalls extrem groß. Denn wir dürfen nicht vergessen: Im nichtakademischen Arbeitsmarkt arbeiten mehr als 80 Prozent aller Arbeitnehmer in Deutschland. Hier drückt vielen Arbeitgebern aktuell extrem der Schuh. Daher sind sie darauf angewiesen zu wissen, wie ihre Zielgruppe in Karrierefragen tickt.

saatkorn.: Es gibt bereits einige fundierte Studien zu Akademikern. Am bekanntesten sind sicherlich die Barometerstudien von trendence. Was sind die größten Unterschiede zwischen der Einstellung gewerblicher Arbeitnehmer versus akademischer Arbeitnehmer?
Steffen Manes: Wir haben festgestellt, dass viele der Kriterien, die im akademischen Umfeld eine große Rolle spielen, für Nichtakademiker eher uninteressant sind. Das trifft in erster Linie auf all die Themen zu, mit denen die viel diskutierte Work-Life-Balance verbessert werden soll. Nichtakademiker benötigen weder einen Betriebskindergarten noch wollen oder können sie im Home Office arbeiten.

Karriereperspektiven im gewerblichen Arbeitsmarkt: Bezahlung ist entscheidend.

Vielmehr sind sie an harten Faktoren interessiert und das ist in erster Linie das Gehalt. Mehr als acht von zehn Arbeitnehmern schreiben diesem die zentrale Bedeutung zu, wenn sie ihren Job bewerten. Das zieht sich übrigens durch viele Merkmale der Arbeitgeberattraktivität, wie beispielsweise im Rahmen der Bewertungen von Sonderleistungen. So geht es auch hier vor allem um monetäre Anreize. Für 68 Prozent ist ein 13. Monatsgehalt wichtig, für 71 Prozent Urlaubsgeld und für 72 Prozent das Weihnachtsgeld. Im Vergleich dazu: Zusätzliche Urlaubstage sind für 48 Prozent egal oder unwichtig. Selbst vermögenswirksame Leistung, Zuschüsse zu medizinischen Leistungen oder Fahrtkosten sind für die Mehrheit uninteressant, weil sie nicht als Netto-Beträge direkt in der Lohntüte landen, sondern meist gleich vom Bruttogehalt abgezogen werden.

Holger Koch: Akademiker und Fachkräfte haben außerdem eine sehr unterschiedliche Vorstellung davon, was eine gute Führungspersönlichkeit ausmacht. Unsere Studie zeigt: Fachkräfte fordern von einem guten Vorgesetzten zu allererst fachliche Kompetenz, gefolgt von Fairness und Verlässlichkeit. Akademikern ist es hingegen am wichtigsten, dass ihr Chef sie motiviert.

Insgesamt sind die Fachkräfte recht zufrieden mit ihrem Job. 90 Prozent geben ihm eine positive Note, bei den Akademikern sind es immerhin 82 Prozent. Die Gründe für die Unzufriedenheit sind jedoch verschieden. Wenn Akademiker unzufrieden im Job sind, liegt das vor allem am Chef. Wenn Facharbeiter unzufrieden sind, ist meist das Gehalt schuld. Sie bemängeln aber auch, dass ihre Meinung im Unternehmen nicht zählt und kritisieren die schlechten Arbeitszeiten. Es gibt also eine Reihe von Ansatzpunkten, um die Zufriedenheit speziell der Facharbeiter zu erhöhen, die bei Akademikern nicht greifen. Wenn Arbeitgeber hier ansetzen,  sparen sie viele Kosten für aufwändiges Recruiting neuer Mitarbeiter.

saatkorn.:  Gibt es Karrierefragen, bei denen Akademiker und Fachkräfte ähnlich denken?
Holger Koch: Sowohl Akademikern als auch Facharbeitern ist ein guter Job wichtig. Sie wissen beide, dass die Arbeitszeit einen wichtigen Teil ihres Lebens ausmacht. Nur was einen guten Job ausmacht – darin unterscheiden sie sich. Übrigens: Auch Akademikern ist ein gutes Gehalt nicht komplett unwichtig. Sie setzen es nur viel stärker als gegeben voraus, so dass schlussendlich andere Kriterien bei ihrer Wahl für oder gegen einen Arbeitgeber entscheiden.

Unsere Ergebnisse zeigen aber eines ganz klar: Facharbeiten suchen sich Arbeitgeber nach anderen Kriterien aus als Akademiker. Darauf müssen Unternehmen reagieren und für Facharbeiter andere Kampagnen mit auf sie zugeschnittenen Botschaften und Kanälen entwickeln, die sich aber dennoch aus der Arbeitgebermarke ableiten.

saatkorn.: Welche Kommunikationskanäle haben besondere Bedeutung für gewerbliche Arbeitnehmer?
Steffen Manes: Das Internet ist längst auch in der Jobsuche des außerakademischen Arbeitsmarktes angekommen. Das belegt unsere Studie sehr deutlich. Drei Viertel der Studienteilnehmer suchen über Online-Jobbörsen. Bei den Studienteilnehmern unter 30 steigt der Anteil gar auf 80 Prozent. Nur 44 Prozent schauen sich auf den Karriere-Webseiten der Arbeitgeber um. Dieser Anteil ist bei den Akademikern deutlich höher. Interessant ist: Soziale Netzwerke wie etwa Facebook oder Instagram spielen eine große Rolle in der Jobsuche von Nichtakademikern. Bereits 36 Prozent der Studienteilnehmer suchen hier nach neuen Herausforderungen.

Karriereperspektiven im gewerblichen Arbeitsmarkt: Social Jobsuche ist auf dem Vormarsch.

Zudem unterscheidet sich auch die konkrete Zeit der Jobsuche zwischen den beiden Kandidatengruppen. Während Akademiker meist während der Arbeitszeit suchen, werden 76 Prozent der Blue Collar Kandidaten erst nach Feierabend aktiv. An Werktagen suchen 54 Prozent nach Jobs, 46 Prozent am Wochenende. Interessant auch die Abweichung bei den mobilen Jobsuchern. Acht von zehn suchen primär an Werktagen.

saatkorn.: Was sind auf Basis Ihrer Studie rund um Karriereperspektiven im gewerblichen Arbeitsmarkt die wesentlichen Handlungsempfehlungen für Personalabteilungen?
Holger Koch: Gutes Employer Branding beginnt mit der richtigen Strategie. Es ist zunächst einmal ratsam, unsere analytische Vorarbeit zu nutzen und die eigene Arbeitgebermarke daraufhin zu prüfen, ob sie auch die Forderungen und Wünsche der Facharbeiter abdeckt. Ist das Gehalt überhaupt Thema? Die Employer Value Proposition sollte entsprechend ergänzt werden. Für den Fall, dass ein Arbeitgeber aktuell keine für Facharbeiter attraktiven Leistungen bietet, muss das Unternehmen diese natürlich erst einmal schaffen. Im zweiten Schritt braucht es eine Kampagne, die sich speziell an Facharbeiter richtet – mit Fokus auf die richtigen Online-Kanäle und die richtigen Botschaften. Aber auch Facharbeiter sollte man nicht über einen Kamm scheren. Es gibt durchaus Unterschiede zum Beispiel zwischen Facharbeitern in der Logistik, die neben Online-Jobbörsen zur Hälfte auch Zeitungen heranziehen, um sich über Stellen zu informieren, oder Facharbeitern im Vertrieb, von denen nur ein Viertel Zeitungen nutzt. Ein genauer Blick in die Zielgruppe stellt sicher, dass Arbeitgeber ihr Geld in die richtigen Kanäle investieren.

Steffen Manes: Unsere Studie zeigt, dass der Blick auf die Karriere im außerakademischen Umfeld ein ganz spezieller ist. Er unterscheidet sich stark von dem mit dem Akademiker auf ihr Berufsleben schauen. Nichtakademikern geht es um zählbare Attraktivitätsmerkmale wie Gehalt, monetäre Netto-Zusatzleistungen oder konkrete Mitbestimmung. Arbeitgeber haben ihre Arbeitgebermarken aber oft hauptsächlich an den Bedürfnissen akademischer Kandidaten ausgerichtet. Wenn ich auf die Karriere-Webseiten vieler Arbeitgeber schaue, sind die primär an Akademikern ausgerichtet. An dieser Stelle sollten die Unternehmen ihre Kommunikation unbedingt vervollständigen. Wir sind mit mobileJob.com vor allem deshalb so erfolgreich, weil wir uns sehr intensiv mit unserer Zielgruppe auseinandersetzen und unsere Recruiting-Lösung genau auf ihr Mediennutzungs- und das Jobsuchverhalten abgestimmt haben. Wer aber weiter mit Akademiker-Inhalten auf Pflegekräfte, Call Center Agents oder Logistikmitarbeiter zugeht, wird diese auch in Zukunft nicht überzeugen können.

saatkorn.: Vielen Dank zum Interview rund um Karriereperspektiven im gewerblichen Arbeitsmarkt.

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