Vor ein paar Tagen habe ich auf saatkorn. die Infografik zum Thema „Emotionale Intelligenz“ gebracht. Eine gute Einstimmung auf das heutige Interview mit Buchautor Jan Brecke zu seinem neuen Buch rund um Wertewandel, Führung und Unternehmenskultur. Sein Buch
So wollen Toptalente arbeiten – Handlungsempfehlungen für eine Unternehmenskultur der Zukunft
hat mir gut gefallen, 3 Exemplare verlose ich auf der saatkorn. facebook Seite. Mehr dazu weiter unten – jetzt aber auf ins Interview mit Jan Brecke:
saatkorn.: Herr Brecke, bitte stellen Sie sich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.
Ich habe bis vor kurzem Global Development bei Beiersdorf in Hamburg geleitet und bin als Diplom-Psychologe und Betriebswirt spezialisiert auf die Entwicklung von Topmanagern, deren Nachfolgeplanung und Talentmanagement. Als Coach und Senior Manager habe ich zudem Potenzialträger bei General Electric, UBS, der Deutschen Bank und Daimler in den USA, Japan, der Schweiz und Deutschland beraten. Mein Fokus und Interesse lag immer auf der Entwicklung von Senior Executives mit dem Ziel, der Führung von Unternehmenslenkern und Potenzialträgern den letzten Feinschliff zu geben.
saatkorn.: Sie haben kürzlich ein aus meiner Sicht spannendes Buch geschrieben: „So wollen Top-Talente arbeiten – Handlungsempfehlungen für eine Unternehmenskultur der Zukunft“. Wie ist die Idee zu dem Buch entstanden?
Viele Bücher beschwören neue Führungskulturen, mir fehlten jedoch in der Literatur konkrete Handlungsempfehlungen für den Kulturwandel in Unternehmen. Neben einem Credo für eine neue Unternehmenskultur und für eine veränderte Führungsphilosophie geht es hier um die Anwendbarkeit für Unternehmenslenker, die morgen ihr Unternehmen verändern wollen. Insofern habe ich neben der Beleuchtung der Megatrends und der Beschreibung der Charakteristika der verschiedenen Generationen am Arbeitsplatz pragmatische Empfehlungen aufgezeigt, um die Unternehmens‑ und Führungskultur zu verändern, beispielsweise dazu, wie das Recruitment, Talentmanagement und Performance Management aufgebaut werden sollten oder eine Innovations- und Lernkultur etabliert werden kann. Natürlich werden auch notwendige Theorien präsentiert, aber dieses Buch ist von einem Praktiker für Praktiker geschrieben.
Außerdem ist der Wandel der Arbeitswelt ist kein „Nice-to-have“ mehr, sondern ein dringender „Business Need“. In der Vergangenheit konnten sich attraktive Arbeitgeber die besten Kräfte aussuchen, und es wird mit Sicherheit weiterhin Unternehmen geben, die diesbezüglich weniger Probleme haben werden. Doch für viele traditionell orientierte Unternehmen wird die Tatsache, dass sich der Arbeitgebermarkt zum Arbeitnehmermarkt gewandelt hat, schwerwiegende Konsequenzen haben. Hier ist aus meiner Sicht in den letzten Jahren ein neuer Druck für die Arbeitgeber entstanden: Toptalente wählen modern orientierte Arbeitgeber, die in der Gestaltung der Arbeitswelten für ihre Mitarbeiter innovativ sind. Das heißt unter anderem, dass sie für die Erreichung von Arbeitszielen ausreichend Flexibilität gewahren. Entscheidend in diesen Unternehmen ist deren klare und oft bereits langjährige Ausrichtung auf „Performance Management“. Zu welchen Arbeitszeiten, in welcher Umgebung oder unter welchen Umständen jemand seine Aufgaben erfüllt, spielt eine geringe Rolle. Dies ist auch eine Maßgabe für die Zukunft: klare Leistungsvereinbarungen, aber Gewährung von größtmöglicher Flexibilität, wie diese Ziele erreicht werden. Wichtig sind die Integrität der Mitarbeiter und die Beachtung von authentischen, individuellen Unternehmenswerten.
saatkorn.: Sie schreiben über die fünf Generationen unter einem Firmendach. Inwiefern ist das eine Herausforderung für die Führung?
Die verschiedenen Generationen am Arbeitsplatz haben teilweise sehr unterschiedliche Vorstellungen von Karriere und der idealen Führung. Aufgrund des massiven Geburtenrückgangs kommt es zu einer Verknappung von Talenten – und so kommt der heranwachsenden Generation Y (und auch Generation Z) eine größere Bedeutung zu. Speziell an der Generation Y ist, dass neben den klassischen Karrieristen (33%) und Sicherheitsfanatikern (17%) ca. 50% eine verstärkte Autonomie am Arbeitsplatz einfordern. Sie wollen eigenständig arbeiten können, fordern vielfältige und sinnvolle Arbeit und stellen das Glücksstreben sowohl privat als auch beruflich in den Vordergrund. Dies ist neu – und dafür sind die meisten Führungskräfte nicht ausgebildet, da es früher reichte, der beste Experte zu sein. Ausserdem leben wir im Vergleich zur Vergangenheit heute in einer Wissensgesellschaft mit teilweise extrem gut ausgebildeten Fachkräften – die häufig hoch motiviert sind. Doch warum sind dann nur ca. 15% der Mitarbeiter engagiert und committed? Aus meiner Sicht ist gute Führung schon die Vermeidung von Demotivation – und schlechte Führung setze ich mit Körperverletzung gleich.
saatkorn.: Wie sieht eine idealtypische moderne Führungskraft aus? Gibt es Ihrer Meinung nach die Unterscheidung zwischen Manager und Leader?
Die Führungskraft der Zukunft ruht in sich und muss sich nicht permanent in den Vordergrund bringen. Sie muss die individuelle Motivation der Mitarbeiter verstehen und sich daran orientieren. Die Top down-Führungskultur wird künftig nicht mehr oder nur noch eingeschränkt funktionieren. Der Chef agiert zunehmend als Coach, und die Mitarbeiter werden zu Experten ihres Fachs. Die entscheidenden Führungsinstrumente sind daher stringente Zielvereinbarungen und eine individuelle Entwicklungsplanung für die Mitarbeiter. Die ideale Haltung einer Führungskraft würde ich mit „Confident Humility“ bezeichnen: selbstbewusst ausgelebte Bescheidenheit. Eine moderne Führungskraft besitzt eine beratende Haltung, Introspektion und neben einem scharfen Verstand, Willenskraft und Drive genug emotionale Intelligenz, um eine Gefolgschaft unter den Mitarbeitern kreieren zu können. Obwohl Führungskräfte nicht unbedingt einen Beliebtheitswettbewerb gewinnen müssen, wird es für komplett unbeliebte Führungskräfte sehr schwierig, schlagkräftige Teams zu bilden. Wir erleben heute schon Unternehmen, die ihre Führungskräfte demokratisch wählen lassen, wobei ich dies nicht für einen zwingend zu verfolgenden Trend halte.
saatkorn.: Nun ist Führung ja kein von der Unternehmenskultur entkoppeltes Thema. Wie sieht eine idealtypische, modern ausgerichtete Unternehmenskultur aus?
Ich bin kein Sozialromantiker aber zutiefst davon überzeugt, dass die meisten sehr hierarchisch orientierten Unternehmen mit vielen Führungsebenen große Probleme bekommen werden. Eine Ausdünnung von Hierarchien und die Vermeidung von Silos sollte ein ständiges Bestreben der Organisation sein. Entscheidungen sollten soweit wie möglich auf dem Experten-Level der Mitarbeiter gefällt werden, um größtmögliche Motivation zu gewährleisten. Den Mitarbeitern bei der Arbeit größtmögliche Freiheiten zu gewährleisten hilft dabei ebenso.
saatkorn.: Und wie können Unternehmen auf eine moderne, stimmige Unternehmenskultur hinarbeiten? Welche Handlungsmaßnahmen empfehlen Sie Unternehmen?
Eine modern ausgerichtete Unternehmenskultur besitzt u.a. die folgenden Merkmale:
- Ganzheitlichkeit der Vision und Vermittlung eines „Big Picture“: warum tun wir, was wir tun? Ist dies sinnvoll und bedeutsam? Ohne einen vernünftigen Sense of Purpose wird man die Mehrheit der Generation Y nicht mehr gewinnen können.
- Eine Kultur des Lernens, und diese erkennt man u.a. daran, wie mit Fehlern umgegangen wird. Es darf nicht darum gehen, den Schuldigen zu finden und ein Exempel zu statuieren, sondern die richtigen Schlüsse aus Fehlern zu ziehen, so dass alle davon lernen können. (Einmalige) Fehler müssen ausdrücklich erlaubt sein!
- Fokus auf Talent Management und Weiterbildung
- Massives Investment in die Ausbildung der Führungskräfte. Mitarbeiter bewerben sich bei einem Unternehmen, aber sie verlassen ihren Boss!
saatkorn.: Ein gutes Schlusswort. Herr Brecke – vielen Dank für das Interview!
Für alle, die jetzt Lust auf das Buch bekommen haben, verlose ich auf der saatkorn. facebook Seite 3 Bücher. Dazu einfach dort kommentieren, warum das Buch ausgerechnet DIR gehören sollte. Viel Glück!