Recruiting Trends 2015
Recruiting Trends 2015: Alle Jahre wieder: Prof. Dr. Tim Weitzel und sein Team im Centre of Human Resources Information Systems (CHRIS) der Universität Bamberg untersuchen seit über 10 Jahren HR-Themen aus Unternehmens- und Kandidatensicht. Ihre von der Monster Worldwide Deutschland GmbH unterstützten jährlichen Unternehmens- und Kandidatenstudien Recruiting Trends und Bewerbungspraxis zeigen, welche gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen die Rekrutierung beeinflussen und welche Maßnahmen Unternehmen ergreifen, um sich diesen Herausforderungen zu stellen. Grund genug, wie jedes Jahr mal wieder nachzufragen. Auf geht’s:
saatkorn.:Tim, Ihr habt gerade die 13. Ausgabe Eurer jährlichen Unternehmens- und Kandidatenstudien vorgestellt. Wo drückt den Unternehmen denn der Schuh am meisten?
Alle suchen, aber nicht alle finden Mitarbeiter. Besetzbarkeitsprobleme bleiben eine heftige Herausforderung, vor allem in der IT und im Mittelstand.
Fast alle Unternehmen halten eigene Ausbildungsmaßnahmen und flexibilisierte Arbeitsmodelle für die besten Antworten. Jedes 3. Unternehmen stellt inzwischen lieber weniger geeignete als keine Kandidaten ein. Und die Mitarbeiter, die schon da sind, sind wechselwilliger geworden. Einerseits gibt es die größte Unzufriedenheit wegen Gehalt, fehlender Transparenz im Unternehmen und schlechter Entwicklungsmöglichkeiten. Andererseits macht der Arbeitsmarkt auch viele Kandidaten wechselfreudig. Jeder zweite glaubt, bei einem Wechsel einen guten und jeder Vierte sogar einen Traumjob zu finden. Besonders optimistisch für die eigene Zukunft sind Wirtschaftsinformatiker, Informatiker und Mediziner:
saatkorn.: Wie sieht es denn mit der Bindung zum Arbeitgeber aus? Ist diese geringer als früher geworden?
Der Erfolg des Arbeitgebers liegt den meisten Mitarbeitern schon noch am Herzen, allerdings, genau wie Du andeutest, eher seltener. Konkret ist dies alleine seit 2013 jedem Fünften egaler geworden. Auch die Bereitschaft, sich jenseits des Vertrages für den Arbeitgeber zu engagieren, nimmt ab.
saatkorn.: Was kann denn ein Unternehmen machen, wenn ein guter Mitarbeiter abwandern will?
Die wirkungsvollsten Gegenmaßnahmen sind, in dieser Reihenfolge, das Aufzeigen von Karrieremöglichkeiten, Gehalt und Änderungen in Personalführung.
saatkorn.: Gibt es hier Alters- oder Generationenunterschiede?
Das ist eine spannende Frage. Die Loyalität zum Arbeitgeber ist in der Tat bei Älteren etwas stärker. Aber insgesamt sind die Altersunterschiede verblüffend gering.
saatkorn.: Wie steht es denn mit den vieldiskutierten Werten und Anforderungen an die Arbeitgeber? Ist die Generation Y wirklich so viel anspruchsvoller?
Für die Generation Y sind die Hauptanforderungen an den Traumjob und idealen Arbeitgeber ein gutes Arbeitsklima, flexible Arbeitszeiten, klare Karrieremöglichkeiten, Offenheit und Informationstransparenz sowie Work-Life-Balance. Dies gilt ohne erkennbare statistische Unterschiede allerdings genau so für die Generation X und Baby Boomers. Wir finden also, wie schon in Vorjahren, keine harten Unterschiede zwischen den Generationen. Was sich allerdings stark verändert hat, ist dieser Wunschkatalog über die letzten 10 Jahre über alle Altersgruppen hinweg. Damals waren Gehalt und Sicherheit des Arbeitsplatzes ganz wichtig. Die große Wertänderung betrifft also die ganze Gesellschaft und nicht nur einzelne Generationen.
saatkorn.: Das heißt, es gibt eigentlich gar keine Generation Y?
In den trivialeren Fragen wie etwa Smartphone-Nutzung gibt es natürlich Alterseffekte. Smartphones nutzt die Generation Y – übrigens auch Frauen – überdurchschnittlich. Aber alle Generationen sitzen zum Bespiel gleich viel im Home Office. Insgesamt gibt es bei den fundamentaleren Fragen kaum nennenswerte Generationenunterschiede. Vielmehr hat sich die ganze Gesellschaft weiterentwickelt. We are all geeks now. Diese Erkenntnis wird auch unterstützt von ernsthaften empirischen Untersuchungen anderer Forschergruppen. Eine Längsschnittanalyse hat zB. gezeigt, dass die meisten Werte der aktuellen Generation Y denen der Generation X vor 20 Jahren weitestgehend entsprechen. Wir haben es also eher mit Alters- als mit Generationenphänomenen zu tun.
saatkorn.: Was sind für Dich weitere interessante Recruitingthemen im Moment?
Quoten sind eher ein Employer-Branding-Thema. Sechs mal so viele Unternehmen glauben, dass Frauenquoten dem Employer Branding als dem Finden besserer Mitarbeiter helfen. Über drei Viertel der Kandidaten und Kandidatinnen glauben nicht, dass Quoten ihnen bei der Jobsuche helfen.
Ein weiteres spannendes Thema ist die immer noch steigende Bedeutung von Soft Skills. In jedem 2. Unternehmen sind Soft Skills bei der Kandidatenauswahl wichtiger als konkrete, auf die Stelle bezogene Fähigkeiten. Interessanterweise halten die Recruiter Soft Skills für nicht lernbar, lehren sie aber: Nur jedes vierte Unternehmen glaubt, Soft Skills seien erlernbar, aber drei von Vieren bieten Soft-Skill-Schulungen an.
saatkorn.: Lieber Tim – ganz herzlichen Dank für das Interview. Und weiterhin viel Spaß und Erfolg bei Deinen zahlreichen Aktivitäten. Freue mich auf unser nächstes Interview ;-).
Gern! – Für alle interessierten saatkorn-Leser gibt es die aktuellen Unternehmens– und Kandidatenstudien übrigens hier.