Der PRIDE Index 2021 liegt vor.
Ich hatte Gelegenheit, dazu ausführlich mit Initiator Stuart Bruce Cameron zu sprechen. Auf geht’s:
SAATKORN: Stuart, bitte stelle Dich den wenigen SAATKORN Leser:innen, die Dich nicht kennen, einmal kurz vor
STUART: Sehr gerne! Ich bin Stuart Bruce Cameron, inzwischen 42 Jahre alt, und Gründer und CEO der UHLALA Group. Zusammen mit meinem Team setze ich mich seit über 12 Jahren für das Empowerment von LGBTIQ+ Menschen am Arbeitsplatz ein. Das machen wir in der Zusammenarbeit mit Unternehmen und Organisationen aller Branchen im Bereich Consulting & Awareness sowie Employer Branding & Recruiting. Außerdem ermöglichen wir bei verschiedenen Events den Best Practice Austausch zum Thema LGBTIQ+ Diversity Management und bieten über unser LGBTIQ+ Employer Excellence Programm “We Stay PRIDE” die Möglichkeit zu einer auf längere Zeit angelegte Partnerschaft. Wir möchten echte Wertschätzung und gelebte Chancengerechtigkeit für LGBTIQ+ und alle Mitarbeitenden anregen und sind für Unternehmen als UHLALA ein Partnerin, um das nachhaltig zu erreichen.
SAATKORN: Vor ein paar Wochen hatten wir hier schon über den PRIDE Index berichtet. Kannst Du bitte nochmal ganz kurz zusammenfassen, um was es dabei geht und welche Ziele damit erreicht werden sollen?
STUART: Der PRIDE Index ist die Erweiterung unseres bisherigen Index, bei dem wir die Unternehmen des DAX 30 zu ihrem Engagement für LGBTIQ+ befragt haben. In diesem Jahr konnten alle deutschen Unternehmen mitmachen. Dazu haben wir unseren LGBTIQ+ Diversity Audit Fragebogen kostenlos online gestellt: einen für große und einen für mittelständische Unternehmen.
Den Fragebogen haben die Unternehmen in Form einer Selbstauskunft beantwortet. Er umfasst über 75 Fragen zum Thema LGBTIQ+ Diversity – von der Organisationsstruktur, HR & Recruiting über Kommunikation & Sichtbarkeit hin zum rechtlichen Rahmen & Regelungen. Dadurch konnten die teilnehmenden Unternehmen ihr Engagement für LGBTIQ+ Mitarbeitende auf den Prüfstand stellen und konkret sehen, wo sie sich noch weiterentwickeln können.
Der Index wirft also zum einen den Blick in die Unternehmen hinein und zeigt, wo sie erfolgreiche Maßnahmen umsetzen und eine wertschätzende Unternehmensstruktur und -kultur für LGBTIQ+ aufweisen. Anderen Arbeitgebern, die noch am Anfang stehen und es noch nicht auf den Index geschafft haben, hat die Teilnahme aufgezeigt, was alles möglich ist.
Wir richten uns mit dem PRIDE Index aber auch an Jobsuchende. Ihnen kann er eine Orientierungshilfe auf der Suche nach einem LGBTIQ+ freundlichen Arbeitgeber sein und zeigt konkret, welche Unternehmen sich für LGBTIQ+ stark machen, ihre Mitarbeitenden wertschätzen und sich für gelebte Chancengerechtigkeit einsetzen.
SAATKORN: Wieviele Unternehmen haben sich am PRIDE Index beteiligt, wieviele wurden von Euch ausgezeichnet?
STUART: Unserer Einladung sind insgesamt mehr als 150 Unternehmen und Organisationen gefolgt. Sie haben sich online für den PRIDE Index angemeldet. 77 von ihnen haben den Fragebogen mit einem guten oder sehr guten Ergebnis abgeschlossen und sind damit Teil des Index. Alternativ zur kostenlosen Selbstauskunft konnten die Teilnehmenden ihre Angaben von unseren LGBTIQ+ Diversity Consultants kostenpflichtig prüfen lassen und sich bei einem sehr guten Abschneiden für das LGBTIQ+ Arbeitgebersiegel PRIDE Champion bewerben.
Die 10 besten Großunternehmen führen wir in einer Top 10 Liste. Nach der Allianz, SAP und McKinsey & Company folgen hier Accenture, Pfizer Deutschland, AXA, BAYER, AlixPartners, Arvato Financial Solutions und Metro. Alle dieser Unternehmen haben unseren Fragebogen durchlaufen und dabei exzellente Ergebnisse erreicht. Die Studie kann man hier downloaden.
PRIDE Index: die Hälfte der teilnehmenden Unternehmen schon gut bis sehr gut
SAATKORN: Seid Ihr mit der Teilnahmequote und den Ergebnissen zufrieden?
STUART: Das sind wir! Wir freuen uns sehr, dass sich im ersten Jahr, in dem sich die Teilnahme nicht mehr nur an die Unternehmen des DAX30 richtet, so viele Unternehmen angemeldet haben. Das ist ein großer Erfolg, weil das Thema LGBTIQ+ Diversity Management so in die Breite getragen worden ist. Auch die Ergebnisse stimmen uns positiv: Von etwa 150 angemeldeten Unternehmen haben 77, also gut die Hälfte, die Selbstauskunft mit gut oder sehr gut abgeschlossen. Das zeigt deutlich, dass da was passiert und in Bewegung ist.
SAATKORN: Was hat Dich persönlich im Kontext der Ergebnisse des PRIDE Index 2021 überrascht, was hast Du nicht so erwartet?
STUART: Mich hat besonders überrascht, dass LGBTIQ+ Mitarbeitendennetzwerke in der Fläche angekommen zu sein scheinen. Die allermeisten der im Index gelisteten Unternehmen verfügen über ein solches Netzwerk oder eine solche Employee Resource Group. Noch dazu hat es mich sehr gefreut, dass die LGBTIQ+ Mitarbeitendennetzwerke nicht nur als Struktur und Anlaufstelle bestehen, sondern sie überwiegend sogar mit einem selbstverwalteten Budget für eigene Aktivitäten ausgestattet sind, die Netzwerksprecher;innen und und aktive Mitglieder ihr Engagement als Arbeitszeit geltend machen können und die Netzwerke darüber hinaus oft in die weitere LGBTIQ+ Diversity Arbeit der Unternehmen eingebunden sind. Das ist ein ganz starker Befund und ein Ausrufezeichen für das Empowerment von LGBTIQ+ Mitarbeitenden vor Ort in den Unternehmen.
Fachkräftemangel und PRIDE Index stehen in Zusammenhang
SAATKORN: Ein Kernergebnis ist: die Unternehmen, welche den Fachkräftemangel schon besonders spüren, sind deutlich engagierter als andere, oder? Gibt es besondere Leuchtturm Unternehmen?
STUART: Das ist richtig. Eines der Kernergebnisse ist, dass Unternehmen, die in Branchen aktiv sind, in denen der Fachkräftemangel besonders akut und der Wettbewerb um Nachwuchstalente und qualifizierte Mitarbeitende sehr hoch ist, besonders engagiert sind. Stark vertreten sind im Index demnach Unternehmen aus den Bereichen Software/IT, Consulting, Chemie/Pharma, Banken/Finanzdienstleistungen, Kanzleien und Versicherungen. Besonders positiv haben in diesem Jahr Allianz und SAP gefolgt von McKinsey & Company abgeschnitten. Alle drei haben über 90% der Gesamtpunktzahl erreicht und führen den PRIDE Index in diesem Jahr an.
SAATKORN: Was machen die Leuchttürme anders? Warum schneiden sie im PRIDE Index besser ab?
STUART: Die Top 3 der großen Unternehmen haben wirklich in allen Kategorien überdurchschnittlich gut abgeschnitten. Besonders aber setzten sie sich im Bereich “Geschlechtliche Vielfalt” und “Supplier Diversity” ab. Das heißt, sie haben beispielsweise geschulte Ansprechpersonen und Prozesse, um eine Transition zu begleiten. Oder sie haben das Thema Diversity auch bei Einkaufs- und Beschaffungsprozessen im Blick und achten darauf, wie divers ihre Lieferant:innen und Dienstleistenden aufgestellt sind.
STUART BRUCE CAMERON: Diversity muss ganzheitlich gedacht werden!
SAATKORN: Welche Handlungsempfehlungen würdest Du Unternehmen mit auf den Weg geben, die nächstes Jahr vielleicht besser abschneiden wollen?
STUART: Insgesamt rate ich Unternehmen immer dazu, ihr Diversity Management ganzheitlich und nachhaltig zu denken und zu gestalten. Das heißt zum einen, neben LGBTIQ+ auch alle anderen Dimensionen von Diversity fest im Blick zu halten. Außerdem muss das Engagement unbedingt fest in internen Strukturen und Prozessen verankert sein und möglichst alle Bereiche und Mitarbeitenden umfassen. Das heißt im Einzelnen etwa, sich alle Prozesse im Bereich People Experience anzugucken und auf ihre Diversity-Sensibilität zu prüfen. Außerdem sollte das Engagement mit Schulungen zum Thema LGBTIQ+ Awareness und Allyship ihn die Fläche getragen und kommuniziert werden.
Auch 2022 gibt es wieder einen PRIDE Index
SAATKORN: Wird es auch 2022 einen PRIDE Index geben?
STUART: Das wird es! Der PRIDE Index wird 2022 wieder Anfang Dezember veröffentlicht. Dabei setzen wir uns zum Ziel, das Spektrum von Arbeitgebern noch besser abzubilden und noch mehr kleine und mittelständische Unternehmen zu erreichen. Besonders für sie sind Impulse für das LGBTIQ+ Diversity Management wertvoll. Ich freue mich sehr, dass der Index in diesem Jahr ein so großer Erfolg ist und zum Jahresende eine wirklich tolle Strahlkraft für das Thema und erreichte Erfolge hat. Daran wollen wir im kommenden Jahr anknüpfen. Wer rechtzeitig über die Teilnahme am PRIDE Index informiert werden möchte, kann sich HIER eintragen sowie die PRIDE Index Ergebnisse im Details erfahren.
SAATKORN: Stuart Bruce Cameron – DANKE für diese Einblicke in die Ergebnisse des PRIDE Index 2021!