Das Praxishandbuch Recruiting hatte ich hier auf saatkorn. schon mal vorgestellt. Nun erscheint die zweite, deutlich erweiterte Auflage. Ich hatte dazu Gelegenheit, mit den Herausgebern Michael Witt und Robindro Ullah zu sprechen. Außerdem verlose ich 3 druckfrische Exemplare. Have fun:
saatkorn.: Für die vermutlich wenigen saatkorn. LeserInnen, die Euch noch nicht kennen: bitte stellt Euch doch kurz vor!
Michael Witt: Ich war von Beginn meiner beruflichen Tätigkeit im Spannungsfeld zwischen Menschen und Arbeit tätig. In meinen beruflichen Stationen arbeitete ich in leitenden Recruiting- und Personalmarketing-Funktionen die sich mit sämtlichen Facetten des nationalen und internationalen Recruitings und Personalmarketings auseinandersetzten. Für meine Arbeit wurde ich bereits mehrfach ausgezeichnet. Zudem bin ich Founder des RecruiterSlam und der HR TEC Night, Blogger, Podcaster und Buchautor. Als selbständiger Berater gebe ich nun mein Wissen weiter und unterstütze Unternehmen bei der Modellierung ihrer Recruiting- und Personalmarketingorganisation.
Robindro Ullah: Als studierter Wirtschaftsmathematiker habe ich das Personalmanagement erst Mitte 2007 für mich entdeckt.Nachdem ich in den vergangenen Jahren für die Deutsche Bahn und die Voith GmbH u.a. international tätig war und mehrfach für meine Arbeit mit dem HR Excellence Award sowie dem Deutschen Preis für Onlinekommunikation ausgezeichnet wurde, erhielt ich als Blogger und Buchautor zuletzt den Titel HR Influencer und wurde unter den TOP 25 einflussreichsten HR Managern Deutschlands gelistet. Heute blogge ich unter www.hrinmind.de, bin Herausgeber des ersten deutschen HR Trendmagazins hr|tomorrow und bin als freier Berater für diverse Unternehmen und Visionen tätig.
saatkorn.: Euer Praxishandbuch Recruiting geht in die zweite Auflage – herzlichen Glückwunsch! Was gibt’s Neues im Buch?
Michael: Vielen Dank! Wir freuen uns auch sehr, dass das Buch sich als Ratgeber etabliert hat. Was sich geändert hat? Erstaunlich vieles! Ursprünglich dachten wir: wie schwer kann es sein, eine zweite Auflage zu schreiben, bis wir feststellten, dass die Digitalisierung große Teile unseres Buches überholt hat. Der Leser bekommt mit der zweiten Auflage daher ein komplett überabeitetes Buch und somit ein komplettes Digitalisierungs-Update.
Robindro: Wir mussten sehr viele Kapitel quasi „digitalisieren“ in dem Sinne, dass die Inhalte der alten Auflage tatsächlich völlig veraltet waren … und dass gerade mal nach 4 Jahren. Nehmen wir als Beispiel die Entwicklungen rund um Google for Jobs. Hier sind wir in dem Buch sogar so weit gegangen, dass wir einige Dinge, die uns noch erwarten werden vorweggenommen haben.
saatkorn.: Also lohnt sich das Praxishandbuch Recruiting auch für diejenigen, die bereits die erste Auflage besitzen – schlau gemacht 😉 – Aber was erwartet den Leser konkret auf den 200 zusätzlichen Seiten, welche inhaltlichen Schwerpunkte gibt es da?
Robindro: Die knapp 200 zusätzlichen Seiten haben wir nicht am Stück angefügt. Nahezu jeder Recruitingprozesschritt hat quasi eine Digital-Ergänzung oder einen digitalen Exkurs erhalten. Werfen wir einen Blick auf die Social Media Strategien. Dieses Kapital haben wir umbenannt und auf eine „größere Bühne“ gehoben, dem Social Recruiting. Denn hier macht es heutzutage kaum noch Sinn einzelne Firmenaccounts einzurichten. Der Content und der Umgang damit stehen klar im Fokus. Natürlich war dies früher auch schon der Fall, aber heute können wir intelligenten Content entwerfen, der sich Netzwerk übergreifend die Zielgruppen sucht.
Michael: Zudem haben wir einen deutlich stärkeren Fokus auf kleinere Unternehmen und den Mittelstand gelegt. Eine Kritik an der ersten Auflage war, dass die Konzepte allenfalls für Konzerne umsetzbar seien. Dies haben wir geändert. Hier haben wir explizit KMU mit aufgenommen und sogenannte „KMU-Deep-Dive“ Passagen eingefügt.
saatkorn.: Das Praxishandbuch Recruiting hat sich ja in kurzer Zeit zum Standardwerk für modernes Recruiting entwickelt. Wie beurteilt Ihr den Status Quo Recruiting im Jahr 2018 in den Konzernen, im Mittelstand und in kleinen Unternehmen?
Robindro: Die Professionalisierung schreitet weiter voran. Man merkt deutlich, dass sich vor allem auch die kleineren immer stärker Aufrüsten und „schlau machen“. So langsam macht sich auch der Vorteil der kleineren Unternehmen bemerkbar, die es oftmals leichter haben, Ihre Prozesse an Marktveränderungen anzupassen. Meist fehlt es dann nur noch am MindSet, welches wir aber auch im Buch behandeln. Womit derzeit alle gleichermaßen konfrontiert sind, ist die Tool Vielfalt. Für jeden Mini Prozessschritt existiert ein StartUp, welches ein Tool entwickelt hat. Leider sind es sogar je Prozessschritt mehrere Tools, so dass viele Recruiter hilflos vor einem Meer von Softwareangeboten stehen. Hier haben wir im Buch Ansätze, um dem Herr zu werden, haben aber auch parallel die HR TEC Night ins Leben gerufen, die genau diese Lücke füllen soll. Diese findet aktuell regelmäßig in Stuttgart, Köln und Düsseldorf statt und ist Deutschlands größte Bildungsinitiative für digitale Themen im HR Bereich. Einfach mal vorbeischauen: www.hrtecnight.com
saatkorn.: Welche Empfehlungen habt Ihr konkret für den Mittelstand? – Dieser ist ja bekanntlich das Rückgrat der deutschen Wirtschaft und steht vor der Herausforderung, dass die einzelnen Unternehmen oft einen nur regionalen Bekanntheitsgrad haben und die Personalabteilungen erheblich kleiner sind als beispielsweise in Konzernen. Gleichzeitig wird Recruiting immer komplexer. Was sind Eure Tipps in Richtung Mittelstand, um diese Situation zu entschärfen?
Michael: Im Grunde ist der Mittelstand heute im Vorteil. Dieser wird leider so noch nicht erkannt. Viele Schielen auf die großen Budgets, die natürlich Masse bringen können – auch heute noch. Aber die Welt um uns herum wird immer individueller und damit im Grunde feiner. Schnellboote werden gebraucht und der Mittelstand ist oftmals organisatorisch diesbezüglich besser aufgestellt. Einzig am Mindset hapert es oftmals.
Robindro: Wenn ich im Mittelstand nicht Digital Denken kann, dann helfen mir all die Vorteile nicht. Es ist schwierig zu umschreiben. Aber letztlich muss ich mich mit dem Konzept der dynamischen Stabilität vertraut machen. Das ist wie Fahrradfahren. Es wird stabil je schneller ich mich bewege. Gleiches sehen wir in der Digitalisierung und da liegt dann auch der Hauptvorteil auf der Hand. Schnellboote können viel schneller Fahrt aufnehmen als große Öltanker.
saatkorn.: Vor Jahren haben wir – Robindro allen voran, aber auch ich des öfteren hier auf saatkorn. – über den Recruiter2.0 geschrieben. Wie sieht ein modernes Anforderungsprofil für Recruiter im Jahr 2018 aus und findet man das auch im Praxishandbuch Recruiting?
Robindro: Wir wollen dem Buch nicht zu viel vorwegnehmen, aber wir haben das Anforderungsprofil weiter geschärft. 2009 sprachen wir vom Recruiter 2.0. Dem folgte der digitale Recruiter Next Generation und heute sprechen wir vom Augmented Recruiter, wobei Augmented in diesem Zusammenhang für „erweitert“ steht. Wir befinden uns an der Schwelle einer enormen Effizienzsteiegerung im Recruiting, durch die sinnvolle Erweiterung der Recruiter durch Algorithmen, Tools und Bots. Der moderne Recruiter von morgen beaufsichtigt eine kleine Armee von digitalen Helfern, die ihm/ ihr zuarbeiten. Damit folgen natürlich neue Anforderungen an die Kompetenzen. Coding bzw. das Verständins für Computational Thinking steht an vorderster Stelle. Diesen Sprung werden wir in den kommenden 2 Jahren beobachten können. Auch im nach wie vor recht händischen Sourcing werden wir diese Sprünge erleben. Wahrscheinlich sogar größere als im klassischen Recruiting.
saatkorn.: Was glaubt Ihr, wie sich unser Markt mittelfristig entwickeln wird? Verschärft sich die Situation für Arbeitgeber weiterhin und was sind die großen Trends für das Themenfeld Recruiting in den nächsten Jahren?
Michael: Selbst mittelfristige Prognosen versuchen wir mittlerweile zu vermeiden. Wie 2020 aussehen wird, weiß heute noch keiner. Natürlich existieren Indizien. Aber letztlich werden wir zunächst eine stärker werdende Anspannung im Markt erleben, bevor sich dieser ein wenig durch Automatisierung entspannen wird. Hierüber könnten wir vermutlich direkt das nächste Buch schreiben, da man das Thema sehr differenziert betrachten muss. Für das kommende Jahr wird die Stellenanzeige und der damit in zusammenhängende Prozess zum Underdog Trend. Keiner hat es auf dem Schirm und trotzdem sehen wir ganz offensichtlich die Anzeichen: Google for Jobs, GoHiring, Liquid Design usw. Nur zu dem Thema werden wir in den kommenden 12 Monaten 6 Veranstaltungen in 6 Städent zur Aufklärung durchführen – unter dem Label HR TEC Nights.
Robindro: Des Weiteren wird sich im nächsten Jahr sicherlich die Diskussion bzgl. der immer weiter verbreiteten digitalen Eignungsdiagnostiktools verschärfen. Big Data als Basis der Diagnostik zu nutzen, steht stark in der Kritik. Was Social Media angeht, so stehen die Zeichen immernoch auf Video. IGTV ging an den Start und kürzlich wurden Musical.ly und Douyin zu TikTok zusammengefasst – da werden wir noch einiges erwarten dürfen.
saatkorn.: Vielen Dank für das Interview – und viel Erfolg mit dem Praxishandbuch Recruiting!
Über www.saatkorn.com verlose ich 3 druckfrische Praxishandbücher Recruiting. Dafür einfach eine Mail mit Deiner Adresse und dem Betreff „Recruiting“ an gewinne@saatkorn.com mailen. Viel Glück!