Personalmarketing: Stiefkind betriebliche Altersversorgung

Betriebliche Altersversorgung und Employer Branding? – Gehört das überhaupt in einen Zusammenhang? – Ich denke schon.

Da wird in Projekten oft monatelang gerungen, um die wesentlichen Argumente zu finden, weshalb man als Arbeitnehmer bei Unternehmen X oder Y anheuern sollte. Das Gründe suchen findet auf strategischer Ebene im Employer Branding statt. Jeder, der so einen Prozess schon mal mitgemacht hat, weiß: es ist nicht ganz trivial die richtigen Argumente für eine Arbeitgeberpositionierung (Employer Value Proposition, kurz EVP) zu finden und diese dann kommunikativ und zielgruppenadäquat mit gut gemachtem Storytelling (oder Content Communication) über die relevanten Personalmarketingkanäle an den Mann oder die Frau zu bringen.

Dabei wird manchmal übersehen, dass oft auch ganz simple Argumente da sein können, um einen Arbeitgeber interessant zu machen. Don’t get me wrong: ich bin ja als leidenschaftlicher Employer Branding Verfechter bekannt. Aber man darf und sollte neben der EVP ruhig auch relevante Faktoren im Personalmarketing benennen, die auf den ersten Blick einfach nur pragmatisch sind und gegebenenfalls mit der EVP rein gar nichts zu tun haben.

Es kann sich dabei um Themen wie den Betriebskindergarten, die tollen Weiterbildungsmöglichkeiten, die Büroarchitektur oder eben die betriebliche Altersversorgung handeln. – Das sind vielleicht nicht die wesentlichen Treiber in der Kommunikation (was selbstverständlich von der jeweiligen Ausgestaltung der Themen abhängt, man denke nur, wie die moderne google Büroarchitektur im Personalmarketing funktioniert hat), aber getreu der Maslow’schen Bedürfnispyramide sind auf jeden Fall im übertragenen Sinn wesentliche Grundbedürfnisse dabei, denn für jeden, der kleine Kinder hat, ist ein Betriebskindergarten eben mehr als „nur“ der Betriebskindergarten.

Betriebliche Altersversorgung als Baustein im Personalmarketing

Gerade die betriebliche Altersversorgung ist aus meiner Sicht in besonderer Weise für die Kommunikation im Personalmarketing geeignet – und wird in der Personalmarketing-Kommunikation oft übersehen. Warum glaube ich, dass die betriebliche Altersversorgung wenn vorhanden, ein gutes Argument ist? – Dafür sehe ich folgende Gründe:

  • In vielen Unternehmen wurde die betriebliche Altersversorgung über die letzten 10 bis 15 Jahre deutlich verschlechtert. Alte Pensionswerke sind oft deutlich üppiger ausgestattet als Neuauflagen. Wohl dem Arbeitgeber, der sich eine gute betriebliche Altersversorgung erlauben kann und auch erlaubt: insofern kann die betriebliche Altersversorgung unter Umständen ein sehr gutes Personalmarketing-Argument sein.
  • Sicherheit spielt im Denken vieler junger Menschen eine wieder größere Rolle – das haben in den letzten Jahren verschiedene Studien, die sich mit Arbeitgeberpräferenzen von Studenten und Absolventen beschäftigen, belegt (u.a. Trendence, Universum, Territory Embrace mit „Karriere trifft Sinn“). Und die betriebliche Altersversorgung zahlt auf das Sicherheits-Argument fett ein.
  • Die demografische Entwicklung führt rein zahlentechnisch logischerweise zu einer massiven Belastung des Generationenvertrages. Hatten 1975 noch 4 Beschäftigte einen Rentner zu finanzieren, so liegen wir aktuell bei 3 Beschäftigten für einen Rentner und 2030 bei 2 Beschäftigten für einen Rentner. Hallelujah! – Und logisch, dass man selbst mit vorsorgen muss, beispielsweise und unter anderem mit einer betrieblichen Altersversorgung.
  • Die Rentenlücke. Wikipedia definiert diese wie folgt: „Mit Rentenlücke (auch Versorgungslücke) wird in der Regel derjenige Prozentanteil bezeichnet, um den das letzte monatliche Netto-Einkommen vor Renteneintritt die gesetzliche Altersversorgung übersteigt.“

Es gibt verschiedene Rentenrechner im Web, die es ermöglichen, die eigene spätere Rente zu berechnen –und so die Lücke zwischen dem aktuellen Gehalt und der Rente später zu ermitteln. Auf der Basis kann man dann sehen: eine betriebliche Altersversorgung kann durchaus als Argument im Personalmarketing dienen. Ich habe das aus Spaß mal für mich selbst gemacht – und eine unerwartet große (Herr Blüm, anyone?!) Lücke zwischen Rente und aktuellem Netto-Einkommen festgestellt. Da freut man sich, wenn der eigene Arbeitgeber noch eine betriebliche Altersversorgung anbietet…

Gero Hesse

Ich bin Gero Hesse, Macher, Berater und Blogger in den Themenfeldern Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, Social Media und New Work. Mehr Infos über Gero Hesse.

2 Gedanken zu „Personalmarketing: Stiefkind betriebliche Altersversorgung

  • 14. Juli 2017 um 09:38
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    Der Artikel spricht auch mir absolut aus der Seele. Allerdings ist die bAV erfahrungsgemäß für sehr viele Personaler ein Thema, mit dem man sich entweder nicht auseinander setzen will oder kann. Und allzu oft wird nach dem Motto verfahren: Augen zu und durch.

    Zusammen mit einem großen Personal-Fachmagazin wollten wir wissen, wie es mit der Entgeltumwandlung in den Unternehmen steht. Deshalb wurden Personalverantwortliche in 600 Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern zum Thema Entgeltumwandlung befragt. Hierbei wurden 12 Fachfragen gestellt.

    Die Befragten konnten zwischen vorgegebenen Antworten wählen. Die Umfrage erfolgte im Dezember 2014. An ihrer Aktualität ändert das jedoch nichts. Die Ergebnisse sind, wenn auch nicht repräsentativ, sehr interessant. Sie deuten auf große Mängel bei der bAV in den Unternehmen hin. Und diese Mängel stelle ich in der täglichen Beratungspraxis bis heute jeden Tag fest.

    Hier geht es zu den Ergebnissen:
    https://www.pcak.de/de/news-leser/bAV-Umfrage-Entgeltumwandlung.html

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  • 20. März 2017 um 09:47
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    Danke für diesen Artikel! Spricht uns hier total aus der Seele.

    Wir sind selber schonmal das Thema angegangen (bit.ly/bAV2017) und freuen uns dementsprechend auch über jeden, der das Thema ähnlich sieht! 🙂

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