Personalmarketing im Kinderspital Zürich
Personalmarketing ist immer dann eine ganz besondere Herausforderung, wenn der Arbeitgeber im öffentlichen oder sozialen Bereich agiert. Ich finde es immer spannend zu sehen, wie eher nicht für Marketing bekannte Organisationen mit der Herausforderung umgehen, die richtigen Kandidaten für sich zu gewinnen. Ein Beispiel ist das Kinderspital Zürich. Ich hatte Gelegenheit, mit Sonja Auf der Maur und Desirée Nater zu deren Challenges rund um Personalmarketing zu sprechen. Auf geht’s:
saatkorn.: Frau auf der Maur, Frau Nater, können Sie sich und Ihre Aufgaben im Kinderspital Zürich kurz vorstellen?
Sonja Auf der Maur: Wir sind beide seit mehr als fünf Jahren als Bereichspersonalleiterinnen im Kinderspital Zürich tätig. in dieser Funktion betreuen wir je rund 500 Mitarbeitende aus verschiedenen Berufsgruppen und unterschiedlichen Hierarchiestufen. Von der Rekrutierung über die Beratung der Vorgesetzten in anspruchsvollen Führungssituation bis zu administrativen Aufgaben übernehmen wir als HR-Allrounderinnen vielfältige Aufgaben. Neben unserem Tagesgeschäft begeistert uns die Arbeit in verschiedenen HR-Projekten ganz besonders. Wir haben beide den Ehrgeiz, das HRM des Kinderspitals Zürich laufend weiterzuentwickeln. In den letzten drei Jahren haben wir uns ganz besonders aufs Personalmarketing fokussiert und konnten einige spannende Projekte realisieren.
saatkorn.: Wie sieht es bei Ihnen in der Schweiz in der Gesundheitsbranche mit dem Fachkräftemangel aus?
Desirée Nater: Ärzte und Pflegefachpersonen sind gesucht. Es wird zu wenig Personal ausgebildet, so dass er Konkurrenzkampf unter den Spitälern gross ist und auch im Ausland rekrutiert wird. Weil wir das grösste Universitäts-Kinderspital der Schweiz sind und einen ausgezeichneten Ruf geniessen, haben wir jedoch im Kampf um die Fachkräfte gewisse Vorteile. Gerade für Fachspezialisten ist es äusserst attraktiv, bei uns zu arbeiten. Daher spüren wir den Fachkräftemangel in der Ärzteschaft kaum. Und im Pflegebereich hat sich die Situation dank unserer erfolgreichen Rekrutierungskampagne vom letzten Jahr – zumindest für den Moment – entspannt.
saatkorn.: Was sind die Herausforderungen im Personalmarketing für Sie als HR-Generalisten?
Desirée Nater: Wir haben bei uns im Team keinen Personalmarketing-Spezialisten, der Zeit hätte, sich acht Stunden am Tag um das Thema zu kümmern. Wir führen solche Projekte neben unserem Tagesgeschäft, was immer wieder eine grosse Herausforderung ist. Manchmal müssen wir uns die Zeit dafür regelrecht stehlen.
saatkorn.: Wie gut verstehen Sie Ihre Zielgruppen im Personalmarketing und wie äußert sich dies in Maßnahmen?
Sonja Auf der Maur: Die Zielgruppe zu verstehen, scheint uns der entscheidende Faktor zu sein für einen erfolgreichen Arbeitgeber-Auftritt. Wir haben uns in den letzten Jahren sehr intensiv mit unserer Zielgruppe auseinandergesetzt. Dies haben wir nicht im stillen Kämmerlein getan, sondern im Austausch mit unseren Mitarbeitenden. In mehreren Workshops haben wir insbesondere mit unseren Pflegefachkräften geredet und von ihnen erfahren, wie diese Berufsgruppe tickt, wo (on- und offline) wir die Zielgruppe antreffen und was es für sie denn so besonders macht, im Kinderspital Zürich zu arbeiten. Erst als wir den Eindruck hatten, die Zielgruppe wirklich zu verstehen, haben wir daraus unseren Arbeitgeberauftritt abgeleitet und die Massnahmen der Rekrutierungskampagne definiert.
saatkorn.: Sie haben sich die letzten Jahre intensiv mit ihrem Arbeitgeberauftritt auseinandergesetzt. Wird dies das Thema sein, welches Sie auf dem Recruiting Convent 2017 am 22. Mai, stellvertretend für Unternehmen ohne Personalmarketing-Spezialisten, beschreiben und erläutern wollen?
Sonja Auf der Maur: Ja, wir möchten am Recruiting Convent 2017 erzählen, wie es uns seit 2014 gelungen ist, trotz bescheidenen Ressourcen und dafür mit umso mehr Begeisterung erfolgreiches Personalmarketing zu betreiben. Und damit möchten wir vor allem auch anderen HR-Allroundern Mut machen, neue Wege im Personalmarketing zu wagen, auch wenn sie denken, sie hätten weder Zeit noch Geld dafür.
saatkorn.: Anders als in Deutschland gibt es bei Ihnen in der Online-Anzeige eine Rubrik „Lohn“ und hier geben Sie weitere Erläuterungen zum jeweiligen Lohn und nennen meistens auch das Gehalt. War dies nicht ein beschwerlicher Weg bei der Einführung und kommt es bei der Zielgruppe an?
Desirée Nater: Es gibt noch nicht viele Unternehmen in der Schweiz, die das Gehalt im Stelleninserat publizieren. Wie die Mitarbeitenden auf die neue Lohntransparenz reagieren würden, war nicht vorauszusehen. Und so stiess unsere Idee natürlich auch in unserem Betrieb nicht sofort nur auf offene Ohren. Aber wir blieben hartnäckig und mittlerweile dürfen wir den Lohn fast bei allen Stellen nennen.
Sonjar Auf der Maur: Erfreulicherweise sind die Reaktionen darauf intern sowie extern praktisch ausschliesslich positiv. Dank unserem Auswertungstool konnten wir zudem feststellen, dass das Register Lohn in unserer Stellenanzeige am häufigsten angeschaut wird.
saatkorn.: Frau Auf der Maur, Frau Nater, herzlichen Dank für das Interview!