Personalmarketing bei der Polizei Berlin – mit der „Da für Dich“ Kampagne wollen Thilo Cablitz, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit und Reinhard Buschmann von der Agentur Zum goldenen Hirschen die Polizei Berlin als attraktiven Arbeitgeber positionieren. Einen ausführlichen Einblick gibt’s hier im saatkorn. Interview. Auf geht’s:
saatkorn.: Bitte stellen Sie sich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.
Thilo Cablitz: Hallo liebe Leserinnen und Leser, mein Name ist Thilo Cablitz und ich bin Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Berlin. Seit knapp zwei Jahren darf ich in diesem Amt, nennen wir es experimentieren, den ein oder anderen neuen Weg beschreiten – wenn auch stets wohl überlegt.
Reinhard Buschmann: Und ich bin Reinhard Buschmann, Geschäftsleiter, Kreativer und seit 15 Jahren bei Zum goldenen Hirschen Berlin.
saatkorn.: Was war die Ausgangssituation bei der Polizei Berlin? Warum wurde es notwendig, mehr in das Thema Arbeitgeberkampagne zu investieren?
Thilo Cablitz: Häufig wird von Polizistinnen und Polizisten erwartet, alles zu können, schließlich sind wir die steten Helferinnen und Helfer, Psychologen, Fahnderinnen, Konfliktlöser, Pannenhelferinnen, Schlüsseldienste, Ermittler, Personenschützerinnen, Suchtrupps und so vieles mehr, die improvisierenden Alleskönnerinnen und -könner, eben 24/7 Da für Dich. Und genauso funktionierte auch unser bisheriges Marketing, unsere bisherige PR. Eigentlich jedes Unternehmen investiert mehr oder minder in professionelle Unterstützung, wir hingegen haben uns ungelernt auch auf diesem Gebiet versucht. Ein Umdenken musste her, insbesondere wenn man sich als Arbeitgeber am Arbeitsmarkt positionieren wollte. Ein weiterer ausschlaggebender Grund war, dass die Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten in 2015 stark anstieg. Ein Umstand, der die Behördenleitung dazu veranlasste, nach Ansatzpunkten zu suchen, um den Respekt vor uns und die Wertschätzung für unsere tägliche Arbeit zu stärken. Tja, was soll ich sagen, der Gedanke einer Kampagne war geboren.
saatkorn.: Welche Zielgruppe soll konkret über die Kampagne angesprochen werden?
Thilo Cablitz: Mit der „Da für Dich“-Kampagne haben wir grundsätzlich keine direkte Zielgruppe. Durch die von uns definierten Eckpfeiler Wertschätzung, Identifikation und Respekt möchten wir eigentlich so ziemlich jede und jeden ansprechen, intern wie extern. Natürlich fokussieren wir uns mit einzelnen Bestandteilen der Kampagne auf bestimmte Zielgruppen. Ein kleines Beispiel: Für Wertschätzung werben können wir in fast jeder Zielgruppe – ich lass mal die Gruppe der unter Zweijährigen (U2) aus. Fürs Recruiting ergibt es dann schon Sinn, die Zielgruppe ein wenig genauer einzugrenzen. Mit Ein Fall für Dich, dem Recruiting-Teil, haben wir die grobe Zielgruppe der 16- bis 39-jährigen.
saatkorn.: Herr Buschmann, was ist Ihre Antwort für die Aufgabenstellung der Polizei Berlin? Wie ist die „Da für Dich“ Kampagne entstanden?
Reinhard Buschmann: Zuerst einmal: Die „Da für Dich“-Kampagne gab es bereits. Vor allem auf Plakaten. Für die Gewinnung geeigneter BewerberInnen für den Polizeiberuf haben wir die Kampagne nun auch dahin gebracht, wo diese junge Zielgruppe sich aufhält: In die sozialen Medien. In ihre Newsfeeds.
saatkorn.: Was ist die Idee hinter der Kreation?
Reinhard Buschmann: Unsere Zielgruppe hat einen extrem gut funktionierenden Bullshit-Detektor. Ich würde sogar sagen: Je geeigneter jemand für eine Karriere bei der Polizei Berlin ist, desto besser funktioniert dieser Bullshit-Detektor. Daher war für uns von Anfang an klar, dass alles gekünstelte, übertriebene oder anbiedernde gar nicht in Frage kommt. Aber die Polizei Berlin hat vieles zu erzählen, das für potenzielle BewerberInnen relevant ist. Daher zeigen wir, wie abwechslungsreich eine Karriere bei der Polizei Berlin ist. Mit Motiven, die deutlich machen, was in Berlin und nur in Berlin der Alltag der BewerberInnen werden könnte. Und das machen wir nicht trocken und nicht in Behördensprech. Sondern in der Sprache, mit der die Polizei Berlin auf Twitter schon erfolgreich ist. So können wir den BewerberInnen Spaß machen und auffallen – ihnen auf der Website hinter der Werbung aber auch zeigen, wie wichtig und ernst die Arbeit bei der Polizei Berlin ist.
saatkorn.: Welche Kanäle werden mit der „Da für Dich“-Personalmarketingkampagne bespielt?
Reinhard Buschmann: Mit verschiedenen innovativen Werbeformaten auf YouTube- und Facebook tauchen wir in den Newsfeeds der Zielgruppe auf.
So leiten wir die Bewerberinnen und Bewerber auf die Seite dafürdich.berlin – die wir zu einem interessanten Online-Magazin umgebaut haben. Hier können sich alle über die Arbeit der Hauptstadt-Polizei informieren. BewerberInnen können aber auch unkompliziert und spannend erste Einblicke in ihre mögliche Karriere bekommen. Die Formate dafür sind vielfältig: Auf den „Wie wird man was“-Seiten erfahren Interessierte, wie man zur Hundestaffel oder zum SEK kommt.
Video-Serien wie „Praktikum im Streifenwagen“ nehmen die PolizistInnen in spe mit auf einen Tag an der Seite ihrer neuen Kollegen. Mal im Streifenwagen, mal bei der Kriminalpolizei.
Und schließlich räumen Artikel wie „Good Job – Bad Job“ mit Vorurteilen auf und zeigen ganz offen auch die anstrengenden, belastenden Seiten einer Karriere bei der Polizei. Denn wir wollen nicht nur viele junge Menschen erreichen, sondern die wirklich besten für diesen Beruf dazu bewegen, sich auch zu bewerben.
saatkorn.: Können Sie bereits etwas zur Wirkung des Recruiting-Teils der Kampagne sagen? – Haben sich Recruiting-Kennzahlen verändert, werden Sie auf die Kampagne angesprochen?
Thilo Cablitz: Eine unmittelbare Wirkung auf die Bewerberzahlen kann ich jetzt noch nicht attestieren. Was ich jedoch sehr wohl schon feststellen durfte, war die äußerst positive Wirkung der Recruiting-Maßnahmen. Natürlich habe ich bei jeder Möglichkeit Mitglieder der Zielgruppe befragt, bekniet, geplagt, um deren Meinung zu ermitteln – negative kamen hierbei tatsächlich nicht vor. Auch aus dem Kollegenkreis gab es ausschließlich positive Rückmeldungen. Mit Blick auf die Stärkung der internen Identifikation mit der Polizei Berlin als Behörde und natürlich ihren Aufgaben ein durchaus positiver Nebeneffekt.
saatkorn.: Was sind die nächsten Herausforderungen für die Polizei Berlin im Kampf um die bestmöglich passenden KandidatInnen?
Thilo Cablitz: Zum einen müssen wir zu denen, die sich mit ihrer PR-Strategie bereits als attraktive Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber positioniert haben, zumindest aufschließen. Überholen wäre mir auch recht. Wir müssen diejenigen ansprechen, die mit Herz und Seele zu uns wollen oder Interessierte davon überzeugen, dass wir der berufliche Deckel für ihren Topf sind. Wir müssen den potenziellen Nachwuchs „einfangen“, der unter einem gesunden Helfersyndrom „leidet“ und die so dringend benötigten Fähigkeiten sowie Kompetenzen mitbringt. Personen, die für die Rechte anderer aus tiefer ethisch-moralischer Überzeugung eintreten. Sie sehen also, ein Kinderspiel.
saatkorn.: Herr Cablitz, Herr Buschmann, herzlichen Dank für das Interview!