Personal Coaching als Employer Branding Tool?! – Das liest sich erstmal komisch. Aber Moritz Mann, Founder und CEO von Protofy macht damit super Erfahrungen – und hat gerade den German Brand Award dafür gewonnen. Also gleich mehrere Gründe, mal genauer nachzuhaken. Auf geht’s:
SAATKORN: Moritz, bitte stelle Dich den SAATKORN Leser:innen doch kurz vor.
Ich bin Moritz Mann und sehe mich als Digital-Enthusiast. Ich bin 33 Jahre alt und wohne seit zehn Jahren in Hamburg. Seitdem bin ich auch beruflich unternehmerisch unterwegs. Ich bin Gründer von Stadtsalat und Protofy. Bei Protofy bin ich Geschäftsführer und helfe Unternehmen, erfolgreiche digitale Lösungen zu entwickeln. Wir machen die Arbeitsweise von Startups für größere Unternehmen nutzbar.
SAATKORN: Zunächst mal herzlichen Glückwunsch: Ihr seid gerade mit dem German Brand Award ausgezeichnet worden. Dabei geht es um Personal Coaching. Was steckt dahinter?
Vielen Dank, wir freuen uns sehr! Es ist eine Auszeichnung, die ungewöhnlich ist, weil Coaching selten in der Breite eingesetzt wird. Wir gehen das anders an. Wir bieten unseren Mitarbeiter:innen ein monatliches Personal Coaching an. Das ist bei uns fester Bestandteil der Weiterbildungsstrategie und kommt super an. Es gibt keine vorgegebene Agenda bei den Coachings. Das heißt Coach und Coachee bestimmen die Themen. Die Ziele der Coachings sind so unterschiedlich wie unsere Mitarbeiter:innen. Es geht um persönliche Weiterentwicklung, um Reflektion und darum, die Resilienz zu stärken. Aber auch darüber, die eigenen Ziele zu kennen, andere Positionen zu verstehen und sich besser zu entwickeln. Ein Coach kann vielfältig helfen und dieses Angebot wollten wir allen zur Verfügung stellen.
SAATKORN: Nun habt Ihr ja bereits jahrelange Erfahrung mit Personal Coaching für Eure Mitarbeiter:innen. Wie seid Ihr überhaupt auf die Idee gekommen, das einzuführen?
Ich habe selbst ein Personal Coaching ausprobiert für einige Monate und war tatsächlich selbst total geflashed. Das heißt wirklich: Ich habe danach anders gedacht. Diesen Benefit wollten wir weitertragen – aber nicht wie sonst üblich nur an das Führungsteam. Wir wollten allen Mitarbeiter:innen die Möglichkeit geben. Aus der Überlegung heraus: Wie krass wäre es, wenn wir alle im Team diese Erfahrung machen könnten, uns bestmöglich weiterzuentwickeln! Nicht nur ich an der Spitze. Ich selbst bin ja nur ein Teil des Teams. Es ist ein großes Missverständnis, dass nur Führungskräfte mit den besten Trainings ausgestattet werden. Das wäre auch ein fatales Zeichen an das Team.
SAATKORN: Und inwiefern zahlt das aus Deiner Erfahrung auf Employer Branding und Recruiting ein?
Mir ist wichtig: Das Thema darf nicht als Wettbewerbsvorteil gesehen werden. Auch wenn es zum jetzigen Zeitpunkt einer ist. Ich möchte mit Protofy Vorbild sein für andere Unternehmen, die so etwas auch anbieten könnten. Wenn jede:r in unserer Gesellschaft die Mittel hat, die persönlich beste Weiterentwicklung zu erreichen, dann wären wir eine stärkere Gesellschaft.
SAATKORN: Aber ihr habt sicher auch Ergebnisse, die ihr teilen könnt….
Ja, wir sehen insgesamt sehr positive Ergebnisse. Es fängt schon beim Recruiting an. Unsere Coachings sind ein absoluter Benefit, der uns differenziert. Wir stechen heraus, bieten aber natürlich auch Klassiker wie ÖPNV-Ticket und Co.
Neben dem Recruiting haben wir aber natürlich auch messbare Ergebnisse für unser Team.
Wir haben 42% weniger Fehltage als der deutsche Durchschnitt laut statistischem Bundesamt. Das rechne ich zu einem großen Teil unseren Coachings zu.
SAATKORN: Hast Du den Eindruck, dass das Thema auch mit dazu beiträgt, Leute im Unternehmen zu halten? – Neben Recruiting ist ja Retention das große Thema, wenn man neue Mitarbeiter:innen gewonnen hat…
Ja, definitiv. Nicht nur im Recruiting, sondern auch im Alltag schätzen unsere Mitarbeiter:innen die Coachings sehr. Aber auch der gegenteilige Fall ist spannend. Ein Mitarbeiter hat insbesondere durch das Coaching festgestellt, dass Protofy nicht der richtige Ort für ihn ist. Auch das war für die Person enorm wichtig, denn nur wenn man das klar erkennen kann, trifft man mündige Entscheidungen. Es bringt ja nichts, sich beruflich an einem Ort aufzuhalten, wenn man etwas anderes für sein Leben möchte.
Es gab auch Fälle, wo uns Mitarbeiter:innen verlassen haben, die die Idee des Coachings zu ihren nächsten Arbeitgebern getragen haben. Das ist toll, weil sich dann auch in anderen Unternehmen etwas ändert.
SAATKORN: Was sind Deiner Meinung nach die Erfolgskriterien, damit dieser Ansatz auch wirklich nachhaltig funktioniert?
Es ist wichtig, dass die Inhalte absolut vertraulich zwischen Coach und Coachee sind. Kein versteckter Feedback-Loop zur Führungskraft. Das ist Grundvoraussetzung. Coach und Coachee müssen zusammenpassen. Es ist nur möglich, sich zu öffnen und sein Innerstes zu zeigen, wenn man sich wohl und sicher aufgehoben fühlt.
Und die Wahl des richtigen Settings ist wichtig – beispielsweise was die Wahl des Orts betrifft. Die Treffen finden dort statt, wo Coach und Coachee sich am wohlsten fühlen. Das kann digital sein, im Meetingraum oder beim Spaziergang im Park.
SAATKORN: Gab es Skepsis bei der Einführung von Personal Coaching? Falls ja, wie habt ihr das überwunden?
Ja, es gab Skepsis. Ich glaube, dass unsere offene Kommunikation geholfen hat. Wir haben betont, dass alles absolut vertraulich und freiwillig ist. Niemand musste zum Coaching, jeder durfte. Dazu haben wir eine “Auswahl” an Coaches angeboten. So war es möglich, dass jede:r passend betreut wurde.
SAATKORN: Moritz, ganz herzlichen Dank für das Interview – und weiterhin viel Spaß und Erfolg mit Protofy!