nachhaltige talent-biotope, praxismut und emotional boosting: rückblick auf das dapm symposium 2010
bereits zum zweiten mal fand das symposium des arbeitskreises personalmarketing (dapm) statt. der dapm e.v. ist eine gemeinsame initiative von derzeit 42 großen deutschen konzernen, die sich rund um die themen employer branding, personalmarketing und recruiting austauschen. das symposium ist eine für mitglieder, beiräte und alumni des vereins offene veranstaltung mit namhaften referenten rund um die oben genannten themen.
und das gestrige programm hatte es in sich: nach einer kurzen begrüßung durch den dapm vorstand startete dr. benedikt köhler von ethority mit einem für saatkorn. leser/innen spannenden beitrag durch: „der hype um das web2.0“ betitelt, zählte köhler diverse aktuelle trends rund um social media auf und zeigte meiner meinung nach eindrucksvoll, dass social media zwar ein hype-thema, aber letzten endes kein wirklicher hype ist. will sagen: das medieninteresse rund um social media mag die bedeutung von social media im kontext employer branding etwas übersteigen, aber social media wird definitiv ein sehr wichtiges thema für employer branding bleiben und nicht – wie so mancher orakelt – in 2 jahren wieder von der bildfläche der relevanten themen verschwunden sein. die für mich interessanteste erkenntnis aus köhlers vortrag: kommunikation in echtzeit und nachhaltigkeit sind nur ein scheinbarer widerspruch, denn was im web oft in echtzeit geschrieben / gepostet / veröffentlicht / kommentiert wird, verschwindet nicht mehr und ist somit im wahrsten sinne des wortes nachhaltig. ergo: es macht sinn, sich strategisch und gezielt mit social media zu beschäftigen und diese nachhaltigkeit auch zu nutzen.
neben diesen erkenntnissen stellte köhler auf amüsante und kenntnisreiche art und weise dar, welche trends es im social media kontext derzeit gibt und – auch dies sicherlich für die saatkorn. leser von interesse – zu welchem anteil verschiedene zielgruppen auf basis einer ethority-analyse im social media bereich über karriere diskutieren und welche themen für diese verschiedene zielgruppen die am meisten online diskutierten themen rund um karriere sind:
- 39,9% der wirtschaftswissenschaftler diskutieren im web2.0 mit, wichtigstes thema dabei: das gehalt 🙂 kein wunder, habe gestern abend im zug gelesen, dass ausgerechnet die bwl studenten am meisten und höchsten verschuldet sind, und zwar aufgrund ihres etwas über ihre eigenen verhältnisse herausgehenden lebensstils 😉
- 22,7% der informatiker, wichtigstes thema ist hier die arbeitsplatzsicherheit
- 22,5% der ingenieure, wichtigstes thema das gehalt
- 19,9% der naturwissenschaftler, wichtigstes thema die berufswahl
nach dieser interessanten social media lehrstunde dann der erfahrene praktiker: mit thomas sattelberger, personalvorstand der deutschen telekom hatten wir einen echten coup gelandet – und dies aus mehreren gründen
- sattelberger ist eine der wenigen schillernden und auch ausserhalb der personaler-szene bekannten figuren, die wirklich etwas zu sagen haben
- ist sattelberger dem thema personalmarketing im allgemeinen und dem dapm im besonderen seit jahren eng verbunden und verfügt über umfangreiche, inzwischen jahrzehntelange erfahrung
- fand das dapm symposium in der zentrale der deutschen telekom statt. somit hometurf für den charismatischen personaler
sattelbergers vortrag unter dem titel „gedanken zum talent management 2.0“ traf zumindest aus meiner sicht absolut ins schwarze. sattelberger zitierte den amerikanischen ökonomen und hochschullehrer richard florida und benannte 3 zentrale themen, denen sich unternehmen heute stellen müssen, wenn sie auch die talente für morgen gewinnen wollen und die neue generation von digital natives mit digital enterprises verbinden wollen:
- der simplen, aber wichtigen erkenntnis: talent zieht talent an.
demnach ist es für zukunftsorientierte organisationen von zentraler bedeutung, sich um individuelles talent zu kümmern. unter der schönen headline „talent-biotop statt vernachlässigung und zirkus-drill“ erläutert sattelberger, dass freiheit und konzern kein widerspruch ist, wenn die organisation entsprechend offen und wertschätzend mit ihren talenten umgeht. das kann auch mal bedeuten, dass um ein talent ein job herumgebastelt wird. wir bei bertelsmann nennen dies – im gegensatz zum stellenorienierten recruiting – potentialorientiertes recruiting. freiheitsliebende talente benötigen organisationen, denn einzelkämpfertum ist kein zentrales menschliches grundbedürfnis – ganz im gegensatz zum kommunikation austausch und gemeinschaftserlebnis.
- dem umgang mit innovativer fortschrittlicher technologie.
hier freut sich der social media afficionado, denn: bedingt durch den rasanten wandel in der kommunikation und der erkenntnis, dass ich innerhalb wie außerhalb einer organisation die gleichen botschaften aussenden muss, wenn sich alle menschen über 5 ecken kennen und direkt in echtzeit über arbeitgeber kommunizieren und in echtzeit peer-to-peer informationen einholen können, kann ich nicht auf dauer die mitarbeiter mit gestrigen regeln einengen. talentbasierte organisationen sollten zukünftig prinzipien wie in freiwilligen-organisationen (sportverein, soziale organisationen) übernehmen: mitarbeiter als freiwillige, raum für das ausleben der eigenen individualität, geringe bedeutung von rang und titel, leidenschaft für die gemeinsame sache, spaß in der arbeitswelt, networking mit kollegen über grenzen hinweg: das sind hier die zentralen schlagworte - toleranz.
sattelberger fordert – in meinen augen zu recht – einen wandel von geschlossenen zu offenen systemen, wobei – man ahnt es schon – großkonzerne in deutschland halt noch viel zu oft viel zu geschlossen agieren. dies ist aber gefährlich, denn geschlossene systeme denken nicht divers, sind tradierte systeme mit eingeschliffenen sozialmechanismen, haben eine selektive wahrnehmung und blenden fremde realitätsfelder aus. da unsere welt aber immer globaler, vernetzter und auch komplexer wird, entspricht diese gedankenwelt nicht mehr der gegenwart und kann in zeiten der globalisierung und des war for talents existenzbedrohend werden.
für mich ein klasse vortrag und echtes highlight.
nach diesen drei spannenden vorträgen wurde es mit der strategischen ausrichtung des dapm noch spannender. aber sorry, liebe saatkorn. leser, das sind vereinsinterna…und das deutschland-spiel :-/ fand ja auch noch statt. an dieser stelle danke an die telekom für public viewing und die beiden gigantischen screens in unserem tagungsraum: einer als twitter-wall und einer als chart bzw. fußball vehikel.
fazit: das zweite dapm symposium war ein voller erfolg und hat spaß gemacht. danke nochmal an die deutsche telekom rund um marc-stefan brodbeck und seinem team für die tolle orga und den klasse service vor ort und an susanne hüsemann, die „gute seele“ des dapm fürs planen und organisieren!