Mobile Recruiting in der Sackgasse?
Mobile Recruiting und Personalmarketing sind zentrale Themenfelder, wenn es um die Ansprache (junger) Zielgruppen geht. Das „jung“ kann man inzwischen getrost in Klammern setzen, da muss man sich als 47 jähriges saatkorn. ja nur mal das eigene Medien-Nutzungsverhalten anschauen. Ein Experte auf dem Themenfeld Mobile Recruiting & Personalmarketing ist sicherlich Prof. Dr. Wolfgang Jäger, der sich schon jahrelang mit dem Thema beschäftigt (und hier und hier auch auf saatkorn. schon interessante Einblicke in seine Forschung gegeben hat). Anlässlich des Recruiting Convent 2017 konnte ich ihm zum Status Quo Mobile Recruiting & Personalmarketing mal auf den Zahn fühlen. Auf geht’s:
saatkorn.: Wo stehen wir Ihrer Meinung nach zurzeit beim Thema Mobile Recruiting & Personalmarketing?
Mobile Recruiting als Überbegriff ist nach wie vor ein elementares Thema – zunehmend mit dem Fokus „Candidate Experience“ und in naher Zukunft wird auch „Mobile Recruiting 4.0“ vor dem Hintergrund aktueller Trendthemen im Rahmen von Recruiting 4.0 (künstliche Intelligenz, smarte Algorithmen, Chatbots etc. im Recruiting) an Bedeutung gewinnen. Allerdings tut sich die Praxis noch immer schwer, Mobile Recruiting 2.0 zu etablieren, wie auch unsere eigenen Untersuchungen immer wieder zeigen.
Stichwort „Mobile Sackgasse“: Auch im Jahr 2017 werden vor allem „mobile Bewerber“ in die mobile Sackgasse geschickt. Das heißt, bei dem Versuch, sich mit einem mobilen Endgerät „artgerecht“ zu bewerben, mangelt es nach wie vor in mehr als 8 von 10 Fällen an einer entsprechenden Candidate Experience. Nach unseren letzten Untersuchungen in Deutschland finden sich zwar bei 44 Prozent der Unternehmen mobile Stellenmärkte und bei 41 Prozent mobiloptimierte Stellenanzeigen, jedoch bieten lediglich ca. 17 Prozent auch mobile Bewerbungsmöglichkeiten an.
saatkorn.: Welches sind die nächsten größeren Herausforderungen im Themenfeld Mobile Recruiting & Personalmarketing?
Eine fehlende, durchgängige Mobile Candidate Experience zu beseitigen, muss ganz oben auf der Agenda stehen. Gerade das Vorhandensein mobiler Bewerbungsmöglichkeiten ist dabei nach wie vor das größte Problemfeld. Insgesamt resultiert, nicht zuletzt aus diesen Studienergebnissen, die Notwendigkeit zur kontinuierlichen Weiterentwicklung und konsequenten technischen, inhaltlichen und gestalterischen Mobiloptimierung zentraler Prozessschritte im Recruiting-Funnel. Ziel muss sein, potenziellen Bewerben eine durchgängige Mobile Candidate Experience zu bieten.
Unabhängig vom Themenkomplex „Mobile“ ergeben sich durch technische Weiterentwicklungen und die rasant zunehmende Digitalisierung schon neue Implikationen und Herausforderungen für die Unternehmen, die weit über die Verbesserungen im Bereich „Mobile“ hinausgehen. Beispeilsweise geht es hier um die Integration neuer Aspekte wie smarter und kontextbasierter Karriere-Websites mit digitalen Assistenten für Bewerber und Recruiter, um Recruiting-Algorithmen, Big Data etc. Diese Trends wird es seitens HR zu verfolgen gelten, da sie Auswirkungen auf den gesamten Recruiting-Prozess zeigen.
saatkorn.: Zunehmend können sich Bewerber mit ihren XING- und LinkedIn-Profilen bewerben und einzelne Unternehmen ermöglichen die One-Click-Bewerbung. Was kommt danach? Womit beschäftigen Sie sich in ihrem Forschungsvorhaben „Bewerbung 4.0“, wie verändert das Mobile Recruiting & Personalmarketing?
Zum Status Quo einer Bewerbung mit Xing- und LinkedIn-Profilen sei gesagt, dass auch hier zur Zeit weniger als 10 Prozent der Unternehmen diese Möglichkeit anbieten bzw. die technischen Voraussetzungen für eine Profilbewerbung in ihren Bewerbermanagementsystemen geschaffen haben. Von einem „Mobile Fit“ hier ganz zu schweigen. Wenn es die Unternehmen ernst meinen mit diesen One-Click-Bewerbungen, würden über kurz oder lang die jetzt seit fast 20 Jahren existierenden Online-Bewerbungsbögen obsolet werden. Ich denke, es wird noch eine Zeit lang dauern, bis die Recruiter sich umstellen.
Bei unserem Forschungsvorhaben „Mobile Recruiting 4.0“ geht es um eine weitergehende Mobiloptimierung über den gesamten Recruiting- und Bewerbungsprozess hinweg, von initialen Marketingaktivitäten bis hin zur Bewerbung und nachfolgenden Kontaktprozessen. Ausgewählte Konzepte (z. B.: mobile One-Click-Bewerbung, mobile Chatbot-Systeme, mobile Assistenz-Systeme können hier den Weg zu einer zukunftsfähigen und „smarten“ Bewerbung aufzeigen. Ferner wollen wir untersuchen, inwieweit bei jüngeren Zielgruppen die Verlagerung der Nutzung auf das Smartphone auch dazu führt, dass Interaktionsformen, wie das Instant- und Social-Media-Messaging gegenüber der Web-Nutzung an Bedeutung gewinnt.
saatkorn.: Was werden Sie auf dem Recruiting Convent 2017 am 22. Mai zum Thema Mobile Recruiting & Personalmarketing vorstellen?
Zunächst werde ich mich mit „den Wegen raus aus der mobilen Sackgasse“ beschäftigen, um dann anschließend den Bogen zu spannen zum digitalen, smarten Mobile Recruiting und der Beschreibung eines Zukunftsszenarios für die mobile Bewerbung 4.0.
saatkorn.: Ich freue mich drauf! – Herzlichen Dank für das Interview und bis zum 22. Mai!