Die neue Messbarkeit von Diversity: Stuart Bruce Cameron präsentiert ein neues Rechtsgutachten, welches das Potenzial zu einem neuen Umgang mit dem Thema hat.
Die Messbarkeit von Diversity ist bislang nämlich problematisch: während in anglophilen Ländern Daten rund um Diversity-Fragestellungen (ethnische Herkunft, sexuelle Orientierung oder Religion) durchaus erhoben werden, um Diskriminierung zu vermeiden, ist es in Deutschland bislang genau anders herum: viele glauben nämlich, das Erheben solcher Daten sei nicht erlaubt, eben auch um Diskriminierung zu vermeiden. Seltsame Welt. 😉
Wie aber kann man als Arbeitgeber:in besser werden, wenn die Messbarkeit von Diversity an sich schon eine riesige Herausforderung ist? – Stuart Bruce Cameron – den treue SAATKORN Leser:innen ja kennen dürften – hat sich mit seiner UHLALA Group diesem äußerst relevanten Thema gewidmet und ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, welches das Potenzial zum Game Changer hat.
Was das für die Messbarkeit von Diversity bedeutet und warum das so bahnbrechend ist, erläutert er im Interview. Auf geht’s:
SAATKORN: Hey Stuart, eigentlich sollten Dich die SAATKORN Leser:innen inzwischen ja gut kennen. Aber für die wenigen, bei denen das nicht der Fall ist, stell Dich und die UHLALA Group doch bitte nochmal kurz vor.
Hey, na klar, gerne! Ich bin Stuart Bruce Cameron, 41 Jahre alt und Gründer und CEO der UHLALA Group. Ich bin geborener Bayer und inzwischen seit einigen Jahren Wahl-Berliner. Mit der UHLALA Group und in der Zusammenarbeit mit über 150 Arbeitgebern setzen wir uns seit 12 Jahren mit zahlreichen Projekten für mehr Chancengerechtigkeit für LGBT+ Menschen am Arbeitsplatz und im Studium ein. Des Weiteren unterstützen wir LGBT+ freundliche Arbeitgeber dabei, LGBT+ Talente und Professionals zu rekrutieren und ihr Engagement in der Community bekannt zu machen. Wir erreichen dabei im Jahr über 4.500 LGBT+ Personen, vor allem in der DACH Region. Mit unseren Projekten und Brands sprechen wir aber auch Straight Allies an und nehmen diese mit.
SAATKORN: Du und Dein Team bei der UHLALA Group leistet seit Jahren schon bahnbrechende Arbeit im LGBT+ Kontext. Wo nehmt Ihr eigentlich Eure Power und Euren Ideenreichtum her?
Was uns vor allem anderen antreibt und motiviert ist die Vision von gelebter und echter Chancengerechtigkeit und Wertschätzung für LGBT+ und für alle Menschen am Arbeitsplatz und im Studium. Unsere Power ziehen wir vom Impact, den wir haben. Aus den positiven Rückmeldungen aus der LGBT+ Community und aus den Fortschritten und positiven Entwicklungen in der Zusammenarbeit mit unseren Partnerunternehmen. Natürlich sind wir noch lange nicht am Ziel: und auch das motiviert uns, immer besser zu werden, unsere Projekte weiterzuentwickeln und im Austausch mit LGBT+ Menschen und Diversity-Expert:innen ganz vorne mitzumischen. Wichtig ist uns zu zeigen, dass von LGBT+ Diversity alle Menschen im Job und im Studium profitieren – auch der heterosexuelle, weiße, cis-Mann.
Stuart Bruce Cameron präsentiert neues Rechtsgutachten
SAATKORN: Ganz aktuell seid Ihr mit einem neuen DIVERSITY GUTACHTEN am Start. Was ist die Idee dahinter?
Wir haben das Gutachten in Auftrag gegeben, um endlich Klarheit bezüglich der Rechtslage für Unternehmen in Deutschland zu schaffen. Bisher wussten viele Unternehmen nicht, inwiefern sie ihren Mitarbeitenden Fragen, etwa bezüglich der sexuellen Orientierung, geschlechtlichen Identität oder anderen Diversity-Merkmalen bei anonymen Befragungen stellen dürfen. Die internationale Wirtschaftskanzlei Noerr kam nun zu dem Ergebnis, dass das unter bestimmten Voraussetzungen durchaus möglich ist. Das ist wirklich bahnbrechend, weil man jetzt alle Diversity-Zahlen messen kann und auch muss. Diversity ist nämlich ein zahnloser Tiger, solange sie nicht überprüfbar ist und von ambitionierten Zielen getragen wird.
Die neue Messbarkeit von Diversity
SAATKORN: Wie wird das konkret umgesetzt und was wollt Ihr damit erreichen?
Viele Menschen fragen sich wahrscheinlich, warum die Messbarkeit von Diversity denn überhaupt so wichtig ist. Wenn wir mehr Zahlen zu Diversity in Unternehmen und Organisationen haben, etwa zu LGBT+, dann werden lesbische, schwule, bisexuelle und trans* Mitarbeitende sichtbarer. Es ist dann z. B. auch leichter für Diversity Manager:innen gegenüber der Unternehmensleitung zu begründen, warum mehr in die Förderung und Chancengerechtigkeit für diese oder einer anderen Personengruppe investiert werden muss. Außerdem werden strukturelle Benachteiligungen im Unternehmen sichtbar, wenn es z. B. einen hohen LGBT+ Anteil in der Belegschaft gibt, sich das aber statistisch nicht in den Führungsetagen widerspiegelt. Anhand der erhobenen Zahlen könnten dann auch ganz konkrete Quotenregelungen z. B. für den Vorstand vorangetrieben werden.
Ganz konkret zeigt das Gutachten, dass bei solchen Mitarbeitendenbefragungen besonders auf die deutsche Datenschutzgesetzgebung geachtet werden muss. Das erfordert beim Stellen der Fragen manchmal ein Workaround und ist immer auch abhängig vom Unternehmen und der Personengruppe, die genau befragt werden soll. Zum Teil ist eine Erhebung der Daten nur zulässig, wenn die gewonnenen Informationen zur Gestaltung von positiven Maßnahmen zur Chancengleichheit von LGBT+ genutzt werden. Dabei bietet es sich beispielsweise an, anstatt der Frage „Sind Sie homosexuell?“ umzuformulieren. Eine angemessene Frage könnte etwa so lauten: „Sind Sie an LGBT+ Veranstaltungen interessiert?“.
SAATKORN: Welche Unternehmen sind da schon mit am Start?
Das Gutachten ist ja wirklich ganz neu und frisch – das heißt wir stehen auch was die konkrete Umsetzung der Möglichkeiten angeht noch ganz am Anfang. Gerade fokussieren wir uns in dem Kontext besonders darauf, das Thema und die Bedeutung der Erkenntnisse aus dem Gutachten über unsere Kooperationen in die Unternehmen hineinzutragen, über unterschiedliche Kanäle und Events zu platzieren und ein Bewusstsein zu schaffen. Im Ausland ist man in der Hinsicht übrigens schon ein bisschen weiter. Die BBC und Goldman Sachs zum Beispiel haben auf Grundlage von Diversity-Daten verbindliche Quoten und Zielvorgaben formuliert. Diese setzen sie unternehmensintern, aber auch in der Zusammenarbeit mit Partnerunternehmen um. Solche Ziele sind auch für deutsche Unternehmen durchaus denkbar, wenn nicht sogar nötig!
SAATKORN: Dank Corona leben wir ja immer noch in sich merkwürdig anfühlenden Zeiten. Wie habt Ihr von UHLALA auf Corona reagiert, was passiert in diesem Jahr mit Euren ganzen Event-Formaten?
Du hast recht – Corona hat den Alltag von uns allen stark verändert und wir leben seit über einem Jahr unter ganz anderen Umständen, als vorher. Für uns war Corona aber nicht nur negativ – es war ein Tritt in den Hintern, den wir vermutlich alle gebraucht haben. Wir haben alle unsere Event-Formate ins Digitale verlegt. Unsere LGBT+ Karrieremesse STICKS & STONES haben wir vergangenes Jahr als eine der ersten Messen digital abgehalten. Das hat uns gefordert, aber wir haben dadurch einen gewaltigen Schritt gemacht und viel gelernt. In diesem Jahr bieten wir die Messe in einem hybriden Format an und haben endlich eine zeitgemäße Plattform für die digitale Ausgabe – mit unfassbar vielen Interaktionsmöglichkeiten zwischen Besucher:innen und Ausstellern. Auch unsere anderen Events und Diversity Programme haben wir in den digitalen Raum verlegt und können sogar noch mehr Teilnehmer:innen und Interessierte erreichen, die sich ganz einfach – weit über die Grenzen Berlins hinaus – zuschalten können.
SAATKORN: Stuart, ganz herzlichen Dank für das Interview – und viel Erfolg mit dem Gutachten und daraus resultierend einer neuen Betrachtung der Messbarkeit von Diversity im deutschen Arbeitsmarkt!
Für Alle, die nun mehr von Stuart hören möchten: hier findet Ihr die SAATKORN Podcast Episode mit Stuart Bruce Cameron, #havefun