Körperpunk – auf dem #RC19 Festival waren die Sessions von Louisa Roßner ein Riesenerfolg. Großer Andrang und viel Interesse für Achtsamkeit zwischen Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting. Grund genug, einmal ausführlicher mit Körperpunk zu sprechen. Auf geht’s:
saatkorn.: Louisa, bitte stelle Dich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor!
Ich bin Louisa Roßner, Gründerin von Körperpunk und von Beruf aus Mutmacherin und Ruhepol. Ich bin Bewegungscoach für ein gesundes Körpergefühl und Stressmanagement-Trainerin. An der renommierten Kunstakademie in Düsseldorf habe ich freie Kunst studiert und mein Studium als Meisterschülerin für freie Malerei und Bildhauerei abgeschlossen. Kompetenzen in der Persönlichkeitsentwicklung und der Findungen der eigenen Kreativität, Projekt- und Ausstellungsentwicklung und ständige Auseinandersetzung mit den eigenen Arbeiten waren täglicher Bestandteil meines Studiums. Einen geradlinigen Ausbildungsweg gibt es für meinen Bereich nicht. Selbständigkeit und Selbstmanagement war Studienordnung. Ein Reisestipendium von der ehemaligen Rektorin und international bekannten Künstlerin Rita McBride hat mich nach New York gebracht, wo ich einige Zeit im Sculpture Center (Contemporary Art Museum, Long Island) gearbeitet habe. Das Leben dort hat mich sehr geprägt und wachsen lassen. Es hat vor allem die Frage nach der Positionierung in der Kunst in den Vordergrund gestellt. Vor Ort entstand eine Foto-Dokumentation über meine installative Skulpturen und der Fragestellung “Wo und wie platziert man seine Ideen.“ Die damalige Vorstellung meines Arbeitsplatzes war eine Werkstatt, mein Schweißgerät, viele Materialen und künstlerischer Exzess. Über einen langen Prozess bin ich dann hier gelandet: Ich mache Menschen Mut und ermutige sie zu einem freundlichen Umgang mit sich selbst. Die Kunstszene ist nicht die ehrlichste und fairste: Viel Ellenbogen und Missgunst. Und einen richtigen Stellen- oder Arbeitsmarkt gibt es nicht. Selten gibt es eine richtige Vorstellung, was dieser Bereich beruflich, persönlich und inhaltlich einem abverlangt. Ein krasser Kontrast zwischen Anpassung und Rebellion. Das hat mich ziemlich aus der Bahn geworfen: von Nervenzusammenbruch, Depressionen zu einem Herzeingriff war alles dabei. Mein Faible für Philosophie und Neurowissenschaft hat mich dann schließlich zu einem anderen Werkzeug geführt: Dem eigenen Körper und unserem Geist. Beides kann man ebenso formen und betrachten, wie eine Skulptur. (Mein Spezialgebiet: Die Auseinandersetzung mit der Wechselwirkung von Körper und Gehirn: Embodiment))
saatkorn.: Ich fand es klasse, dass Deine Yoga-Sessions auf dem #RC19 Festival so gut besucht waren. Hast Du den Eindruck, dass immer mehr Leute offen für dieses Thema werden? Definitiv. Der Achtsamkeits- und Yogatrend bringt die Themen wieder an die Oberfläche und macht sie umfangreich zugänglich. Durch Wohlstand und dem Überfluss in dem wir Leben entsteht die Frage nach Sinn und dem Zusammenhang von Leistungsfähigkeit im Vergleich zum Lebensglück. Unsere Gesellschaft wird wieder offener und sensibler für die eigenen Bedürfnisse. Durch die Auseinandersetzung werden wir mit dem Fakt konfrontiert, das unsere Kraft eben nicht unerschöpflich ist — und das schlägt ein. Es wird Thema über Erschöpfung (Depressionen, Burnout und Bore-out), Pausen und Erholung im beruflichen Kontext zu sprechen. Es gibt immer mehr Angebote die innerhalb der Unternehmen mit in den Arbeitsalltag integriert werden. Stichwort: Pausenkultur.
saatkorn.: Wie erklärst Du Dir das?
Die Gesundheitsbranche boomt: Yoga, Achtsamkeit und Mediation sind überall. Sogar auf der Rückseite von Müsli-Verpackungen. Alles ist nur noch Yoga: Grün und Gesund. Die Werbung nutzt dies für sich und das Symbol unserer Generation: Der grüne Smoothie. Das ist erst einmal sehr gut! Somit ist es präsent in unserem Umfeld. Es wird gesellschaftlich anerkannter, dass Yoga und Achtsamkeit sich in den Alltag integrieren. Wissenschaft und Medizin interessieren sich immer mehr für alternative Präventions-Methoden gegen Stress. Mittlerweile gibt es viele wissenschaftliche Studien, wie Meditation und bewusste Atmung auf unseren gesamten Organismus, das Nervensystem und unseren Herzschlag wirken z.B. kannst du mit einer gezielten Atmung innerhalb einer Minute dein Nervensystem und deinen Herzschlag sichtbar beruhigen. Das ist einfache Wissenschaft, ich frage mich nur, wo die Schule ist, in der wir dies praktisch lernen?
saatkorn.: Welche Philosophie verfolgst Du mit Körperpunk? Was möchtest Du für die von Dir unterrichteten Personen erreichen?
Ich habe Körperpunk ins Leben gerufen um mehr Mut für Veränderung zu schaffen. Körperpunk setzt sich ganz klar von den Kursen der Yoga- und Fitnessstudios ab. In herkömmlichen Yogastudios wird das Angebot immer mehr zur Fließbandarbeit (á la 40-50 Kurse sieben Tage die Woche) und dadurch leidet die Qualität enorm. Der eigentliche Sinn geht verloren. Yoga ist dann nur noch Produkt. Es soll schnell, effektiv und günstig sein und widerspricht damit dem inneren Prozess für Veränderung. Dadurch begegne ich immer öfters dem Phänomen, dass das Angebot in der Gesundheitsbranche zwar regelmäßig wahrgenommen wird, sich Philosophie oder Achtsamkeitspraxis nicht im Alltag wiederfinden lassen. Ich beobachte viele Unsicherheiten. Interessant ist, dass das Wissen eigentlich da ist, wir aber anscheinend ein Umsetzungsproblem haben. Genau hier greift das Konzept Körperpunk: Körperpunk erklärt und setzt den Fokus auf die eigene Erfahrung. Ich gebe nicht nur Kurse in denen praktiziert wird, sondern lege wert auf die Auseinandersetzung und erkläre wie Techniken im Alltag funktionieren. Körperpunk gibt dir Impulse, wie du unter Stress handlungsfähig bleibst ohne die Yogamatte zu betreten und erklärt dir, wann du besser auf die Bremse treten solltest.
saatkorn.: Machst Du eigentlich viel für Firmen?
Es geht immer um den Menschen und zwar um jeden ganz individuell. Deshalb macht es keinen Unterschied ob ich Seminare innerhalb eines Unternehmen oder als Privatangebot durchführe. Denn die Menschen geben den Firmen den Spirit. Ähnlich wie wie bei einer Kunstausstellung formt jede einzelne Position den Charakter des Gesamtbildes. Meine Seminare und Kurse werden somit ganz unterschiedlich angepasst. In den vergangenen Jahren habe ich ihm Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung mit der Hochschule Düsseldorf und in verschiedenen Firmen im Düsseldorfer Medienhafen zusammengearbeitet. Derzeit bin ich viel in Köln und unterrichte als Dozentin im Rahmen einer Yogalehrer-Ausbildung mit dem Schwerpunkt des “Sequencing” von Gruppenkursen und der eigenen Präsenz beim unterrichten.
saatkorn.: Wie hast Du selbst das #RC19 Festival wahrgenommen, hat es Dir gefallen?
Das #RC19 war ein sehr erfrischendes Event. So auch die Stimmung der beiden Körperpunksessions. Die Teilnehmer waren sehr aufmerksam und aufgeschlossen. Zwischendurch wurde viel gelacht und man spürte die Lockerheit die die Bewegung erzeugt hat. Die Gespräche nach den Sessions waren sehr persönlich und zeigten den Bedarf nach mehr Bewegung und den Wunsch nach Veränderung. Den Drang nach mehr Kreativität und Ausbruch habe ich gespürt. Und genau diesem Wunsch hat das Team vom #RC19 eine Bühne geschaffen. Mehr auffallen, bunt und sich gegenüber ehrlich sein. Das lässt den Grundgedanken des Punks, nämlich den der “Veränderung”, auch außerhalb der Szene aufleben und das wird uns definitiv gut tun. Dazwischen ein wenig Durchatmen, Reflektieren und Meditieren. Schon nähern wir uns dem Körperpunk! Im nächsten Jahr bin ich gerne wieder dabei. Mein nächstes Körperpunk Event ist übrigens am 21.Juni zur Sommersonnenwende im Golzheimer Rheinpark. Infos auf www.körperpunk.de
saatkorn.: Ganz herzlichen Dank für das Interview – und weiterhin viel Spaß und Erfolg als Körperpunk ;-)!