KMU Recruiting: wie schießt man Tore im Recruiting für kleine und mittelgroße Unternehmen? – Indeed hat eine Studie dazu durchgeführt und Personalverantwortliche aus KMU befragt. Grund genug für ein Interview mit Indeed Geschäftsführer Frank Hensgens. Auf geht’s:
KMU Recruiting: Studie von Indeed
saatkorn.: Bitte stellen Sie sich und indeed den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.
Aber sehr gerne. Ich bin seit 15 Jahren im Online-Recruiting-Business unterwegs und seit Juli 2013 Geschäftsführer DACH bei Indeed. Seitdem haben wir uns rasant entwickelt: Als ich gestartet bin, war Indeed zwar weltweit die Nummer 1, aber in Deutschland noch relativ unbekannt – inzwischen sind wir auch in Deutschland die Nummer 1 für Jobsuchende nach Reichweite – abgesehen von der Agentur für Arbeit natürlich. Wer nach einem Job sucht, möchte alle Jobs mit einem Klick finden und nicht fünf verschiedene Plattformen durchsuchen, das erklärt den Erfolg des Modells “Jobsuchmaschine”. Indeed aggregriert tausende von Karriereseiten und Jobportalen, um die Suche für Kandidaten so einfach wie möglich zu gestalten. Arbeitgeber zahlen bei uns strikt nach Performance, keine willkürlichen Pauschalsummen ohne Möglichkeiten der Erfolgsmessung. Wir sind fest davon überzeugt, dass “Post and Pray” der Vergangenheit angehört.
saatkorn.: Vor einigen Monaten haben Sie eine Studie unter KMU durchgeführt. Wie war das Setting der Studie: wer wurde wann wozu befragt?
Wir haben in der ersten Augusthälfte eine Onlinebefragung unter Personalentscheidern in KMUs mit bis zu 249 Mitarbeitern durchgeführt, die im nächsten Jahr mindestens eine Einstellung vornehmen wollen. Personalentscheider definierten wir dabei als Person, die den Recruitingprozess verantwortet – wenig überraschend war dies meist die Geschäftsführung, oder eben die Fachabteilung oder das Team selbst.
saatkorn.: Was sind die aus Ihrer Sicht interessantesten Erkenntnisse der Studie?
Zwei Herausforderungen im Recruitung wurden von den Unternehmen fast gleichauf genannt, jeweils von fast ⅔ der Befragten: Personen mit der passenden Qualifikation zu finden und Leute zu finden, die ins Team passen. Gleichzeitig trieb viele Personalentscheider die Sorge um, nicht die richtige Qualität von Bewerbungen zu erhalten, und dies wurde sogar als Grund genannt, eine Stelle nicht online auszuschreiben. Dabei können Unternehmen so viel tun, um die Qualität des Bewerbungseingangs zu beeinflussen und die richtigen Kandidaten anzulocken! Wenn man sich das Recruiting von KMUs anschaut, sieht man, dass viele nicht einmal das A und O des Personalmarketings kennen und umsetzen – und dann muss man sich nicht wundern, wenn nicht die richtigen Bewerbungen kommen. Bewerber wollen umworben werden, der Kandidat entscheidet heute, welches der richtige Recruitingweg ist.
Aber bei den kleineren Unternehmen, und auch darüber hinaus, glauben ja heute noch viele, dass man über regionale Tageszeitungen oder kostenlose Anzeigenblätter die richtigen Bewerber findet. Und das in Zeiten, in denen jeder Jobsuchende das Smartphone und damit die Jobsuche immer dabei hat. Durch mobile Endgeräte wurden im Recruiting ganz neue Zielgruppen erschlossen. Ich habe in den letzten Jahren mehrfach die Erfahrung gemacht, dass auch Unternehmen, deren Recruiting bisher “klassisch” funktioniert hatte, oft im klassischen Blue Collar-Sektor, auf einmal feststellten, dass das Anzeigenblatt keine Bewerber mehr lieferte. Fast jeder Jobsuchende sucht heute online und dank Smartphones geht es mobil sogar noch schneller.
Um zu den Umfrageergebnissen zurückzukommen: 56% der befragten Unternehmen inserieren ihre Anzeigen in einem Online-Jobportal. 46% inserieren auf der eigenen Karriereseite, wobei hier vor allem die mittleren Unternehmen aktiv sind. Das klassische Zeitungsinserat ist mit 43% vertreten. Das geht meilenweit am Bewerber vorbei: Stellensuche findet heute ganz klar online statt. Unternehmen, die nicht online inserieren, werden nicht gefunden, Punkt. Daher lautet ein Kernergebnis der Studie: Recruiter in Mittelständischen Unternehmen gehen nicht mit der Zeit, sie müssen sich den Bewerbern und den geänderten Voraussetzungen anpassen.
saatkorn.: Gibt es Ergebnisse, die Sie persönlich überrascht haben?
Mich hat tatsächlich überrascht, dass “Cultural Fit” bei den KMUs einen so hohen Stellenwert hat – ich dachte, dass die Qualifikation einen doppelt so hohen Stellenwert haben würde. Man vergisst immer wieder, wie wichtig neben der rein fachlichen Qualifikation der zwischenmenschliche Faktor ist.
saatkorn.: Was sind Ihre Empfehlungen für KMU? – Mein Gefühl ist, dass viele der KMU gerade erst anfangen, sich mit Themen wie Personalmarketing oder strategischem Recruiting zu beschäftigen. Wie sehen Sie das?
Bei diesem Gefühl bin ich ganz bei Ihnen. Es wundert mich aber auch nicht – bei den Unternehmen, die wir befragt haben, hatten nur 18% echte HR-ler, wobei da die etwas größeren Unternehmen den Schnitt deutlich hoch getrieben haben, ab 100 Mitarbeitern hatte jedes dritte Unternehmen eine Personalabteilung.
Meine Erfahrung ist, dass Unternehmen schon an der einfachsten Frage scheitern: “Warum Sie und nicht das Unternehmen auf der anderen Straßenseite?” Ein Beispiel aus der Praxis: Ich war bei einem Mittelständler und sah beim Reingehen einen ausrangierten Straßenwagen, liebevoll und bunt dekoriert. Ich fragte nach und das war der Betriebskindergarten. Weder die Stellenanzeige noch die Karriereseite erwähnte dieses tolle Angebot – dabei ist das doch ein echtes Alleinstellungsmerkmal!
KMUs sollten sich Gedanken darum machen, was sie Mitarbeitern bieten, was die Assets sind. Das ist für mich die absolute Kernfrage im Recruiting – dabei ist egal, wer das Recruiting macht, aber diese Frage sollte sich jedes Unternehmen stellen.
Und, ein weiterer Punkt, der mir wirklich wichtig ist: Jede Vetriebseinheit wird ganz genau gemessen, jede Werbemaßnahme wird geprüft. Und im Personalmarketing? Da wird Geld ausgegeben, ohne Messung. Wir hatten kürzlich einen Kunden, der hatte 6.400 Euro für eine Stellenanzeige in einer großen, regionalen Tageszeitung ausgegeben. Wir haben nach dem Rücklauf gefragt – er hatte diesen noch gar nicht gemessen und ist damit in guter Gesellschaft. Eine Überprüfung des Recruitingprozesses fand bei einem Viertel der von uns befragten Unternehmen überhaupt nicht statt, wobei mit 66% die große Mehrheit nur nach “Qualität” auswertet – ein relativ weicher Begriff, der sich schwer standardisieren lässt. Budgetkontrolle war ein Randthema.
Ich kann Personalverantwortlichen nur ans Herz legen: Legen Sie Recruitingkanäle nebeneinander und vergleichen Sie die Rückläufe, damit Sie sehen, wo das Geld am besten investiert ist. Bei Indeed können Unternehmen genau messen, was mit ihrem Geld passiert, und ich bin auch sicher, dass sich der Markt genau dorthin bewegt – messbares, Pay-for-Performance Recruiting. Unabhängig von der Unternehmensgröße.
saatkorn.: Herr Hensgens – vielen Dank für das Interview – und weiterhin viel Erfolg beim KMU Recruiting!