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interview mit manfred böcker zu hr und pr

dr. manfred böcker ist geschäftsführer der unternehmensberatung hr-pr consult dr. manfred böcker gmbh. der kölner beschäftigt sich seit zehn jahren mit aufgaben an der schnittstelle von hr und kommunikation. böcker hat die bücher hr-pr: personalarbeit und public relations (2008), personalentwicklung als kommunikationsaufgabe (2009) sowie zahlreiche fachbeiträge zur hr-kommunikation veröffentlicht.

interview mit manfred böcker zu hr und pr

saatkorn.: warum ist ihrer meinung nach die zusammenarbeit von hr und pr so relevant?
die öffentliche wahrnehmung als arbeitgeber wirkt sich für unternehmen auf drei märkte aus: den finanzmarkt, den käufermarkt und den talentmarkt. zum finanzmarkt: investoren interessieren sich erstens dafür, ob unternehmen ihre humanressourcen professionell bewirtschaften und zweitens ob das unternehmen im sinn von corporate social responsibility verantwortlich mit seinen mitarbeitern umgeht. was den käufermarkt angeht: der umgang mit mitarbeitern ist der wichtigste csr-aspekt bei der kaufentscheidung (gfk 2008). das arbeitgeberimage beeinflusst direkt das käuferverhalten, was für einzelne branchen schon belegt wurde (grass roots 2009). der kauf von komplexen produkte oder dienstleistungen birgt zudem für die käufer risiken, eine aktive kommunikation zu themen der arbeitswelt im unternehmen und zu den menschen, die sich in dieser welt bewegen, ist eine vertrauensbildende maßnahme. last but not least: der talentmarkt. hr-pr ist ein unverzichtbarer bestandteil einer modernen personalmarketingstrategie. die langfristige gewinnung und bindung qualifizierter talente ist für unternehmen eine lebenswichtige aufgabe. angesichts zunehmender transparenz bei der arbeitgeberqualität (social media) und gewisser abnutzungserscheinungen in der althergebrachten arbeitgeberreklame greifen die klassischen personalmarketingmaßnahmen ins leere. kurz gefasst: hr-pr verbreitet mit mitteln der pr aktiv inhalte, botschaften und geschichten in denen die arbeitswelt im unternehmen im mittelpunkt steht. das kann nur durch die zusammenarbeit von hr und kommunikationsabteilung im unternehmen funktionieren. für eine unternehmenskommunikation, die ihre aufgabe eines ganzheitlichen managements der unternehmensreputation ernst nimmt, ist das genau so unverzichtbar wie für ein professionelles personalmarketing.
saatkorn.: wer hat weniger „berührungsängste“ vor dem jeweils anderen: die personaler oder die kommunikationsexperten?
ich würde eher von „unlust“ als von „angst“ sprechen. regelrechte hr- beziehungsweise pr-phobien sind in beiden abteilungen recht selten. empirische daten zu dieser unlust sind mir nicht bekannt. mein eindruck aber ist: das thema liegt in den allermeisten unternehmen (auch in den großen) im niemandsland zwischen hr und kommunikation brach. in den seltensten fällen treibt derzeit hr das thema voran, hrler finden das interessant, tun aber in der regel nichts. meine kunden sind heute eher in der unternehmenskommunikation als in hr angesiedelt. das liegt aber nicht nur an der passivität der personalmarketingverantwortlichen. der eine oder andere hrler hat sich schon eine blutige nase bei dem versuch geholt, seine kommunikationshoheit in presseangelegenheiten mit dem hackebeil in der hand gegen die abteilung für unternehmenskommunikation durchzusetzen. das führt zu nichts. mir sind aber auch fälle bekannt, in denen die personalabteilung ein vernünftiges konzept vorgelegt und dann die unternehmenskommunikation freundlich um rückendeckung gebeten hat. das wurde dann mit dem verweis erledigt: danke, wir kümmern uns darum. passiert ist dann allerdings nichts. dahinter steckt die devise „bevor hr dieses oder jenes macht, machen wir es lieber gar nicht!“ das ist kein überzeugendes auftreten eines internen beraters. wer auf die kompetenz in der externen kommunikation auch für hr-themen verweist, muss liefern können und wollen. das ist auch bei der unternehmenskommunikation nicht immer der fall. was hr angeht: die personaler haben die eigene unternehmenskommunikation vielleicht noch zu wenig entdeckt – als dienstleister, berater und stakeholder. hier braucht es eine gewisse hartnäckigkeit und viel argumentationsgeschick. das naheliegende argument „hr-pr begleitet sinnvoll unsere arbeitgeber-imagekampagnen“ jedenfalls geht an dieser internen zielgruppe im unternehmen vorbei.
saatkorn.: gibt es aus ihrer sicht bereits gute beispiele für eine effektive zusammenarbeit von hr und pr?
die gibt es. in unserem 2008 erschienen buch „hr-pr“ haben wir einige dieser beispiele vorgestellt.
anmerkung saatkorn.: eine buchrezi findet man hier
saatkorn.: wie sehen sie eine solche zusammenarbeit idealtypisch am beispiel des themas „personalmarketing“?
in groben zügen: arbeiten unternehmenskommunikation und hr bei dem thema zusammen, so liefert das personalmarketing mit blick auf den talentmarkt im ersten schritt input zu zielen, zielgruppen und zielmedien. ziele und zielgruppen sollten in der employer branding – strategie des unternehmens festgelegt sein. kenntnisse über zielmedien für talente bringen personalmarketingverantwortliche auch ein. gemeinsam mit der unternehmenskommunikation übersetzen dann hr und pr gemeinsam die ziele in medienkompatible themen und geschichten. pr sorgt dafür, dass das ganze in die kommunikative gesamtstrategie des unternehmens passt und macht einen pr-plan in jahresperspektive. auf dieser grundlage führt das unternehmen dann koordinierte presse- und social media-aktivitäten durch. korrekturen und aktualisierungen des plans finden laufend zwischen beiden abteilungen statt.

saatkorn.: verändert „social media“ die notwendigkeit der zusammenarbeit von hrlern und prlern?
ja, der druck zur kooperation steigt. die lufthoheit über veröffentlichte informationen zu unternehmen ist dahin. heute findet jede offizielle behauptung über arbeitgeber potenziell ihre gegendarstellung in form von user generated content. das ist ebenso für hr als auch für die unternehmenskommunikation eine herausforderung. in form von social media entsteht ein neuer raum, in dem unternehmen direkt mit zielgruppen kommunizieren. das klassische marketing war ja ebenso wie das personalmarketing eher auf eine einkanal-kommunikation angelegt. das reicht nicht mehr aus. auch der hergebrachte, auf ebenso abstrakten wie austauschbaren nutzenversprechen basierende stil in der arbeitgeberkommunikation („hervorragende perspektiven“, „internationale karrieren“, „mensch im mittelpunkt“ etc.) hat sich dank jahrelangen massiven gebrauchs über branchen und unternehmensgrößen hinweg abgenutzt. zudem nimmt die „bespielbare fläche“ für die klassische arbeitgeberreklame tendenziell ab. für mich ist es kein zufall, dass eines der größten karrieremagazine in deutschland gerade eingestellt wurde.
all das hat auswirkungen auf die gesamte kommunikation von unternehmen, auch auf das personalmarketing. mein eindruck: stil, mittel und medien im personalmarketing verändern sich gerade einschneidend – wir sind mitten drin. es geht für mich eindeutig stärker in richtung dialog –auch in der direkten kommunikation mit zielgruppen. weg von den slogans, hin zu überprüfbaren fakten und emotionalen beispiel-geschichten. arbeitgeberkommunikation wird künftig auf diese pr-ansätze nicht mehr verzichten können. zu einer solchen pr gehören selbstverständlich auch die medien des neuen internet.

saatkorn.: welche erfolgsfaktoren müssen gegeben sein, damit die kooperation von hr und pr zu einer win-win-situation für das jeweilige unternehmen führt?
hr-pr funktioniert nur als langfristiges gemeinschaftsprojekt von hr und kommunikationsabteilung. aus meiner erfahrung sind dazu folgende dinge nötig:
1. existenz eines langfristigen gesamtkonzepts für den start. perspektive: mindestens ein jahr.
2. rückendeckung für dieses konzept durch die leitungen des personalbereichs und der kommunikationsabteilung.
3. eindeutige verantwortlichkeiten und prozesse in hr und kommunikationsabteilung. im unternehmen gibt es einen von außen (für die presse) erkennbaren verantwortlichen für die kommunikation von hr-themen.
4. prüfung: ist internes know-how vorhanden? sicherstellung von interner manpower und gegebenenfalls externem budget für beratung und agenturleistung.
5. eine aktive strategie mit themensetting und –planung in jahresperspektive.
6. verstetigung des austauschs zwischen beiden abteilungen – zum beispiel im rahmen eines jour fixe.
nur so können alle aspekte, die das interesse des gesamtunternehmens berühren, in die hr-pr praxis einfließen. es geht bei diesem thema eben nicht einfach nur um „pr for hr“, also um ein bisschen pr für die personalabteilung sondern um einen imagegewinn für das gesamtunternehmen. wenn sich personalverantwortliche hier sinnvoll engagieren, schaffen sie damit einen echten beitrag zum geschäftserfolg.

saatkorn.: herr böcker, ganz herzlichen dank für das interview!

 
weiterlesen:
prof. dr. christoph beck über personalmarketing heute und in 5 jahren
prof. dr. martin grothe zum thema social media analyse
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