Interview mit LinkedIn Deutschlandchef Till Kaestner rund um die Studie „Global Recruiting Trends 2013“
Nach turbulenten Zeiten Anfang des Jahres 2013 ist nun Till Kästner seit einem guten halben Jahr Geschäftsleiter und Commercial Director für die Region DACH des in der westlichen Welt führenden Karriere-Netzwerkes. Grund genug, einmal genauer nachzufragen. Es trifft sich gut, dass just die Studie „Global Recruiting Trends 2013“ erschienen ist – auch dazu viele Infos sowie ganz unten ein Download-Link.
Also – auf geht’s und viel Spaß mit Till Kästner:
saatkorn.: Herr Kästner, was ist der aktuelle Status Quo von LinkedIn in Deutschland, Österreich und der Schweiz?
Wir wachsen durch gezielte Investitionen in Anpassungen unserer Plattform für den deutschsprachigen Markt. LinkedIn hat zum Beispiel im Sommer 2012 eine deutschsprachige iPad-App auf den Markt gebracht. Zusätzlich stehen auf Deutsch Apps für Android-, Apple-, BlackBerry- und Windows-Phone-Geräte zur Verfügung. Im Januar 2013 habe wir im B2B-Bereich die Recruiter-Lösung Talent Solutions in deutscher Sprache eingeführt, nachdem sie bisher nur auf Englisch erhältlich war.
Insgesamt zeigt diese Strategie gute Ergebnisse: Das Büro für die DACH-Region wurde im August 2011 gegründet. Seitdem wächst sowohl unser Team als auch das LinkedIn-Netzwerk. Wir haben 2013 einen Anstieg in den Mitgliederzahlen von 47 Prozent in der DACH-Region gesehen. Das Erreichen der drei Millionen-Marke konnten wir im November 2012 verkünden und wir arbeiten an der nächsten Million. Ein wichtiger Wachstumsmarkt liegt im Bereich des mobilen Recruitings: 25% der Zugriffe auf die Plattform erfolgen in der DACH-Region über Apps für mobile Geräte.
saatkorn.: Und wohin soll die Reise gehen, was sind die Ziele für LinkedIn im deutschsprachigen Markt?
Wir werden uns auf unsere Nutzer konzentrieren und die Funktionen ausbauen, die diese am meisten schätzen und verwenden. Ein Profil bei LinkedIn bietet Zugang zu mehr als 225 Millionen beruflichen Kontakten weltweit. Wir haben außerdem eine Reihe von Kanälen, in denen – geordnet nach Industrien und Berufen – unsere Nutzer für ihren Beruf relevante Informationen recherchieren können. Ein Beispiel ist die Startseite, auf der jeder Nutzer Statusmeldungen seiner Kontakte findet und LinkedIn Today, das Neuigkeiten und Artikel basierend auf den Interessen des Mitglieds zusammenstellt. Unsere Gruppen, die Präsentationsplattform Slideshare und Anwendungen wie der Cloudspeicher Box.Net gehören ebenfalls dazu. Den Zugang zu diesen Funktionen bauen wir mobil und für Anwendungen Dritter über unsere APIs ständig aus. Das ist alles gewissermaßen die Grundlage für das Fortbestehen von LinkedIn.
Wenn wir einige Jahre weiter denken, sehen wir eine interessante Möglichkeit für uns, dieses Kapital noch weiter zu entwickeln. Mark Zuckerberg hat den Begriff des „Social Graph“ geprägt, in dem er das soziale Geflecht der Weltbevölkerung abbilden will. LinkedIn ist heute schon der weltweit größte „Professional Graph“, eine Karte der beruflichen Beziehungen zwischen Berufstätigen untereinander und mit Unternehmen. Unsere Vision ist ein „Economic Graph“: Je mehr Unternehmen und Nutzer ihre beruflichen Kontakte über LinkedIn managen, desto eher könnte LinkedIn den Fluss von Arbeitskräften dorthin erleichtern, wo der größte Bedarf besteht. In einer globalisierten Welt wäre das eine große Chance für Wachstum.
Die Mission von LinkedIn ist, Fach- und Führungskräfte bei Ihrer Karriereplanung und der täglichen Arbeit zu unterstützen. Insofern ist jeder Berufstätige für uns von Interesse. Wir planen jedoch zum Beispiel verstärkt Produkte für Schul- und Hochschulabsolventen einzuführen, die gezielt die Suche nach Praktika und vor allem dem ersten Job erleichtern sollen. Neuigkeiten zu diesem Thema sollten Ende des Jahres kommen.
saatkorn.: Wird es in nächster Zeit neue Entwicklungen von LinkedIn, insbesondere für Recruiter, geben?
Wir arbeiten ständig an unseren Produkten. Ich kann soviel verraten: Im Herbst 2013 könnte es Updates zu diesem Thema geben.
saatkorn.: Wie beurteilen Sie das Thema „Active Sourcing“? – Mein Eindruck: alle reden davon, kaum ein Unternehmen aber nutzt die Möglichkeiten schon in nennenswertem Ausmaß…
Es dauert immer ein wenig, bis sich die Prozesse in Unternehmen an aktuelle Trends anpassen. Für uns ist es sehr wichtig, die Bedürfnisse und Einschätzungen von Personalern rechtzeitig zu kennen, daher führt LinkedIn seit 2011 jährlich eine weltweite Befragung zu diesen Themen unter HR-Verantwortlichen auf Unternehmensseite durch. Die Ergebnisse der Befragung 2013 zeigen, dass man das Active Sourcing auf gar keinen Fall abschreiben sollte: 49 Prozent der deutschen Personaler sind sich heute sicher, dass Active Sourcing für die Akquise von Top-Fachkräften absolut notwendig ist. In Spanien sehen das sogar 63 Prozent so und die Kollegen dort werden im Moment mit einem wesentlich schwierigeren Markt konfrontiert. Der Trend ist also eindeutig und wir spüren, dass er tatsächlich Investitionen nach sich zieht: Die Nachfrage nach passenden Produkten wie unseren Talent Solutions steigt.
saatkorn.: Was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Herausforderungen für die Arbeitgeber mittel- und langfristig?
Der demographische Wandel ist für niemanden in der Branche ein Geheimnis, der Wettbewerb um gute Leute wird damit natürlich härter. Wir können beobachten, dass die Arbeitgeber darauf reagieren. Mehr als vier Fünftel der Personalverantwortlichen sind sich laut unserer Befragung sicher, dass ihre Arbeitgebermarke signifikanten Einfluss auf ihren Erfolg bei der Mitarbeitersuche hat. 2012 waren in Deutschland nur 69 Prozent dieser Meinung. 93 der befragten Personaler haben angegeben, genauso viel oder mehr in interne Stellenbesetzungen zu investieren wie im letzten Jahr. Die wahre Herausforderung für Arbeitgeber sind also nicht die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, denn die sind für alle gleich. Wer sich gegenüber dem Wettbewerb durchsetzen will, muss lernen, sich permanent zu verbessern und relevante Trends rechtzeitig zu erkennen. Employer Branding ist im Markt angekommen, Active Sourcing ist längst ein Thema. Was wir aber auch herausgefunden haben: Gut gefüllte Kandidatenpipelines sind oft noch keine Priorität, die Suche nach passiven Kandidaten wird vernachlässigt. Hier können Arbeitgeber mittelfristig noch gegenüber der Konkurrenz punkten. „Big Data“ beeinflusst inzwischen viele Branchen, langfristig sehen wir stärker datengestützte Entscheidungsprozesse auch in der Personalwirtschaft. In unseren Global Recruiting Trends 2013 geben wir bereits einen Ausblick auf kommende Herausforderungen.
saatkorn.: Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Spaß und Erfolg bei LinkedIn!
Die Ergebnisse der im Interview mehrfach angesprochenen Studie „Global Recruiting Trends 2013“ findest Du hier als Download: Linkedin Global Recruiting Trends 2013 – Deutschland FINAL