Interview mit Lars Eichhof von Lumesse
Lumesse ist als Anbieter von e-Recruitment Lösungen wie andere Player auch von der Novellierung der europäischen Datenschutz Grundverordnung betroffen. Vor diesem Hintergrund hatte ich Gelegenheit, mit Lars Eichhof, Director Product Strategy and Product Management – Talent Acquisition bei Lumesse Global zu sprechen. Auf geht’s:
saatkorn.: Herr Eichhof, bitte stellen Sie sich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.
Mein Name ist Lars Eichhof und bin seit 2000 im Bereich e-Recruitment, bei StepStone, StepStone Solutions und Lumesse in verschiedenen Rollen tätig. Zurzeit verantworte ich die strategische Produktentwicklung in der Talent Acquisition Business Unit bei Lumesse.
saatkorn.: Aus meiner Wahrnehmung heraus liegt Lumesse in Deutschland vom Bekanntheitsgrad noch etwas hinter anderen vergleichbaren Anbietern wie Taleo oder success factors. Wie sehen Sie die Marksituation von Lumesse in Deutschland?
Nachdem Axel Springer 2010 StepStone Solutions verkauft hatte, mussten wir uns mit „Lumesse“ 2011 einen komplett neuen Markenauftritt zulegen. Eine starke Marke wie StepStone zu verlieren und die neue Marke Lumesse bekannt zu machen bedurfte einiger Zeit. Zudem ist Lumesse in Deutschland traditionell stärker im Bereich Talent Management und der Bereich Talent Acquisition musste erst ausgebaut werden, was aber in den letzten Jahren sehr gut gelungen ist.
saatkorn.: Mal kurz und prägnant: was sind die zentralen Differenzierungsfaktoren von Lumesse gegenüber dem Wettbewerb?
Mit unserer Lösung Lumesse TalentLink positionieren wir uns ganz klar im Enterprise Bereich für Best of Breed e-Recruitment Lösungen. Wir sind daher für nationale Kunden ab 1.000 Mitarbeiter bis hin zu global agierenden, komplexen Unternehmen mit hunderttausend und mehr Mitarbeitern interessant. Gerade die Herausforderungen an Prozessvariabilität, Berücksichtigung lokaler Besonderheiten und Vollständigkeit unserer Plattform macht unsere Lösung für den Einsatz bei internationalen, heterogenen Unternehmen so interessant.
saatkorn.: Werden wir etwas inhaltlicher. Das Thema Candidate Experience wird angesichts der demographischen Entwicklung und Digitalisierung immer relevanter. Wie wichtig ist dieses Thema für Lumesse?
Wir haben dieses Thema bereits sehr früh aufgegriffen und sind in dieser Beziehung sehr gut positioniert. So wurde zum Beispiel der Bewerbungsprozess komplett überarbeitet und verzichtet vollständig auf eine Registrierung. Der Prozess ist stellenspezifisch, spielt sich aber komplett auf einer Seite ab, optimiert für die mobile Candidate Experience. Obwohl keine Registrierung erforderlich ist, haben wir Möglichkeiten geschaffen, die Bewerbung zu unterbrechen und sie auf einem anderen Gerät fortzusetzen oder sich mit den Daten der letzten Bewerbung erneut zu bewerben. Das Thema Video Bewerbung haben wir 2017 erfolgreich eingeführt und ist zu einer interessanten Option in der Gestaltung des Bewerbungsprozesses geworden.
Aber Candidate Experience ist natürlich nicht nur der Bewerbungsprozess als solcher, sondern fängt bereits bei der Karriereseite, der Suche nach Stellen und der Darstellung dieser an. Hier bieten wir flexible, auf das Unternehmen abgestimmte Lösungen, die von einer API Anbindung bis zu einem vollständigen Content Management für Karriereseite reichen.
Wir bleiben an dem Thema aber weiter dran und bieten jetzt als eines der ersten Unternehmen in Zusammenarbeit mit Google Job Discovery eine semantische, kontextbezogene Suche auf der Karriereseite an, die alle passenden Jobs anzeigt und nicht nur die, bei denen der Suchbegriff zufällig mit dem Stellentitel übereistimmt. Dies kombiniert mit Chat Bots, die dem individuellen Bewerber über einen einfachen Dialog genau die Stellen anbieten, die relevant sind und dann sogar den Bewerbungsprozess initiieren. Damit können wir wirklich eine Bewerbererfahrung anbieten, die dem Anspruch von Unternehmen und Bewerbern gerecht werden.
saatkorn.: Die europäische Datenschutz Grundverordnung (DSGVO) spielt gerade im Recruiting und auch vor dem Hintergrund des Themas Candidate Experience eine ganz zentrale Rolle. Wie ist Lumesse diesbezüglich aufgestellt, wie stellen Sie sicher, dass Candidate Experience und Datenschutz kein unlösbarer Widerspruch bleiben?
Ich sehe hier überhaupt keinen Widerspruch – im Gegenteil. Ein Bewerber hat immer schon den Wunsch gehabt, möglichst wenig Daten und nur die für diesen Zweck relevanten Daten preiszugeben. Es war ja eigentlich ein Unding, dass viele Unternehmen Daten bereits im Bewerbungsprozess erfasst haben, die am Ende nur bei den Bewerbern relevant sind, die zum Schluss eingestellt werden. Dafür gibt es doch schließlich Onboarding Prozesse, die diese Aufgabe elegant erfüllen.
Und natürlich ist es auch zu begrüßen, dass die Bewerber eine stärkere Kontrolle über ihre Daten bekommen. Lumesse übergibt die Entscheidung, ob man Teil einer großen Bewerberdatenbank im Unternehmen wird, damit auch von anderen Unternehmensbereichen gesehen und weitere Jobangebote des Unternehmens bekommen möchte, an den Bewerber. Er kann diese Zustimmung erteilen und jederzeit zurücknehmen, ohne dass seine konkrete Bewerbung auf die Stelle davon beeinflusst wird. Wir sehen hier ganz klar unterschiedliche Zwecke, die getrennte Zustimmungen erforderlich macht. Andere Anbieter sehen das allerdings noch anders.
saatkorn.: Ein anderes Thema ist die Einbindung von kundenindividuellen Templates im Bewerbermanagement. Andere Lösungen sind hier extrem eingeschränkt. Klar, als Kunde habe ich mit einem Standard-Tool immer die Herausforderungen, dass meine eigenen kundenindividuellen Besonderheiten nicht in Gänze berücksichtigt werden können. Aber gerade SAP bekleckert sich in diesem – immer wichtiger werdenden – Thema nicht mit Ruhm. Wie ist Lumesse hier aufgestellt?
Ich glaube mit Lumesse TalentLink füllen wir diese Lücke, die vor allem US getriebene Anbieter offenbaren, sehr gut aus ohne die Prinzipien einer SaaS Lösung aufgeben zu müssen. Durch unseren europäischen Ursprung hatten wir immer schon die Herausforderung, lokale Adaptionen bei internationalen Kunden zu berücksichtigen ohne den Ansatz von unternehmensweiter Standardisierung aufgeben zu müssen. Dass was Sie „kundenindividuelle Templates“ nennen ist am Ende nichts anderes als der Anspruch an Konfigurationsoptionen, die – und das ist sehr wichtig – auch innerhalb eines Kunden möglich sein müssen, um eine Enterprise Lösung erfolgreich lokal und global bei komplexen Unternehmen einführen zu können.
saatkorn.: Was sind die nächsten Herausforderungen für die Weiterentwicklung Ihres Produkts?
Je umfangreicher und anspruchsvoller eine Lösung wird, desto komplexer wird sie auch. Dies stellt per Definition eine Herausforderung an die Usability dar. Hinzu kommt, dass die Ansprüche an die Usability beim Enduser stetig steigen und man auch von komplexen Business Lösungen die Einfachheit und Intuitivität einer Smart Phone App erwartet. Um dies zu erreiche, haben wir 2017 unsere UI komplett umgestellt und nach den Prinzipien von Google Material Design neu gestaltet. Jede Produktweiterentwicklung und Neueinführung von Funktionalitäten bei Lumesse muss dem Prinzip der Einfachheit und Effizienz gerecht werden. Dies erreichen wir in zunehmendem Maße durch den Einsatz von AI und Machine Learning. Unser Ziel ist es z.B. keine langen Listen mit Auswahlfeldern mehr anzubieten, sondern schon vorher zu wissen, welche Daten in diesem Kontext verwendet werden und möglichst schon einen passenden Vorschlag anzuzeigen. Generell wollen wir dem Recruiter und Manager durch den Einsatz dieser Technologien viel mehr Hilfestellungen und Prognosen anbieten um am Ende den bestmöglichen und nachhaltigen Einstellungserfolg zu gewährleisten.
saatkorn.: Herr Eichhof – vielen Dank für das Interview. Und weiterhin viel Spaß und Erfolg bei Lumesse!