HR Tech: Interview mit Lucas Kohlmann von Henkel
Bei Henkel ist eine neue HR TECH Lösung im Einsatz. Jüngst gab der HR-Spezialist Cornerstone OnDemand bekannt, dass Henkel dessen Recruiting Suite nutzen wird, um den Bewerbungsprozess zu beschleunigen und die Erfahrung der Kandidaten zu verbessern. Allerdings ist das nicht Alles, denn auch Learning und Talent Management wurde zuvor auf neue technische Füße gestellt.
Ich hatte Gelegenheit, dazu mit Lucas Kohlmann, Corporate Director Human Resources bei Henkel, zu sprechen. Auf geht’s:
SAATKORN: Herr Kohlmann, Sie sind bei Henkel als Corporate Director Human Resources neben Strategy, Leadership, Talent Management und Diversity auch für die Human Digitalisierung zuständig. Das deckt ein breites Spektrum ab. Fallen Personalentwicklung und Digitalisierung mittlerweile in einen gemeinsamen Zuständigkeitsbereich?
Digitalisierung ist integraler Bestandteil aller zentralen HR-Prozesse und -Themen. Dabei geht es nicht nur um die Einführung von smarten Technologien und digitalen Plattformen. Im Mittelpunkt der digitalen Transformation steht immer der Mensch mit seinen individuellen Fähigkeiten. Deshalb haben wir bei Henkel die Digital Upskilling-Initiative gestartet, eine umfangreiche Fortbildungsinitiative rund um die Digitalisierungs-Themen. Letztlich wollen wir alle Mitarbeiter*innen fit für den Wandel machen. Das sind bei Henkel immerhin weltweit 52.000 Mitarbeiter*innen, was das Projekt gleichermaßen komplex und herausfordernd macht. Und zur Digitalisierung unserer HR-Prozesse gehört auch ein agiles und modernes Einstellungsverfahren. Das haben wir erkannt, unseren bisherigen Recruiting-Prozess überarbeitet und eine neue Plattform eingeführt.
Umfassende HR TECH Lösung für Henkel
SAATKORN: Und dabei nutzen Sie die HR Tech Lösungen von Cornerstone OnDemand?
Genau, Ziel ist eine integrierte, cloud-basierte Lösung. Gestartet haben wir mit Learning und Talent Management, jetzt kam Recruitment hinzu. Ziel ist eine bestmögliche und optimale „User Experience“ für unsere Mitarbeiter*innen und für Bewerber*innen. Die neue Recruiting-Plattform haben wir im Juni eingeführt – mit ersten beeindruckenden Erfolgen. Kandidat*innen können sich jetzt in nur 60 Sekunden bewerben. Seit der Umstellung stieg die Bewerberanzahl um 40 Prozent. Das ist eine Investition in die Zukunft von Henkel, denn Unternehmen sind mehr denn je auf hochqualifizierte Fachkräfte angewiesen. Um diese nicht nur zu gewinnen, sondern langfristig zu halten, müssen wir außerdem in kontinuierliche Weiterbildung investieren und so lebenslanges Lernen fördern. Oft scheitern Learning-Konzepte jedoch an fehlender Praxisnähe, fehlenden didaktischen Ansätzen oder mangelnder Digitalisierung.
SAATKORN: Wo also muss Learning in der Praxis neu gedacht werden?
Egal ob globaler Konzern oder kleiner Handwerksbetrieb: Organisationen müssen sich mit der Digitalisierung ihres Geschäfts auseinandersetzen. Diese beeinflusst nicht nur Produkte und Services, sondern auch die interne Arbeitsumgebung und die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten, kommunizieren und lernen. Die richtige digitale Infrastruktur einzurichten – also zukunftsfähige Technologien und Tools zu etablieren – ist der Anfang. Auf dieser Basis ist es für Unternehmen mehr denn je entscheidend, sicherzustellen, dass die Mitarbeiter*innen auch die richtigen Skills haben, um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Das erfordert nicht nur neues Wissen, sondern ein Umdenken beim Thema Fortbildung. Denn die Anforderungen an den Einzelnen verändern sich mit der Entwicklung von Gesellschaft und Technik so rasant, dass ein einmaliges Update keine Lösung ist. Vielmehr muss lebenslanges Lernen kulturell in den Unternehmen etabliert werden. Wir haben uns also das ehrgeizige Ziel gesetzt, alle Mitarbeiter*innen fit für die digitale Zukunft zu machen – unabhängig von ihrer Position im Unternehmen und über alle Alters- und Ländergrenzen hinweg. Für ein Projekt dieser Größenordnung braucht es starke Partner an der Seite. Einer davon ist Cornerstone OnDemand.
SAATKORN: Geht dies in Richtung Skill-Economy?
Richtig. Weiterbildung muss sich flexibel im Alltag einbinden lassen. Genauso wie heutzutage Arbeiten immer unabhängiger von Ort und Zeit wird, so muss es auch beim Lernen sein – rund-um-die-Uhr-Zugang, von jedem belieben Ort und jedem Device. Es geht auch darum, technische Hürden abzubauen, Mitarbeiter*innen den Zugang zu erleichtern und sie zu motivieren. Bereits seit Jahren beobachten wir eine Verschiebung von Learning in die digitale Welt, ergänzend zu traditionellen Präsenz-Trainings gewinnen mobile Angebote an Bedeutung. In der Corona-Zeit hat digitales Lernen übrigens nochmal einen deutlichen Schub bekommen.
SAATKORN: Verändert das auch die Unternehmenskultur?
Davon bin ich überzeugt. Wir definieren uns längst nicht mehr über Titel oder Arbeitgeber-Zugehörigkeit allein, sondern mehr und mehr über Skills, die wir erworben, Netzwerke, die wir aufgebaut und Projekte, die wir umgesetzt haben. Wir erleben klar einen Wandel hin zur Skill Economy.
SAATKORN: Interessant. Doch welche Skills und Lerninhalte sind relevant und wie können diese optimal zugänglich gemacht werden?
Heutzutage liest man viel über die Notwendigkeit, neue digitale Talente zu rekrutieren. Daten- und IT-Experten sind hart umkämpft – auch von uns. Doch genauso wichtig ist es, alle Mitarbeiter*innen mit auf die Reise zu nehmen, sie weiterzubilden und ihr digitales Know-how zu erweitern. Die Digitalisierung bietet enorme Chancen in diesem Bereich: Software-Lösungen entwickeln sich von der klassischen HR-Prozesslösung hin zu benutzerfreundlichen Anwendungssystemen – Stichwort Consumerization. Wichtig ist, dass der Mensch im Mittelpunkt steht und an gelernten Nutzungsmustern angeknüpft wird. Konkret bedeutet das, bekannte Anwendungen aus dem Alltag auf die Personalentwicklung und Förderung zu übertragen, z.B. Netflix und Spotify mit ihren gewohnten Funktionen. Dabei ist klar, dass eine zentrale Lernplattform nur dann erfolgreich sein kann, wenn die Inhalte stimmen. Der Input muss zielgruppengerecht aufbereitet werden. Gleichzeitig muss der Nutzer Spaß an der Anwendung haben. Das versuchen wir mit Gamification-Tools und Angeboten im Stil von Netflix und Co. Gleichzeitig wollten wir eine integrierte Lösung für die entscheidenden Personalentwicklungsanwendungen. Nur so wird das System zur zentralen Anlaufstelle für die Entwicklung der Mitarbeiter.
SAATKORN: Wie verlief den der konkrete Umstellungsprozess in der Henkel HR Tech Insfrastruktur?
Zunächst haben wir unsere bestehende HR-IT-Landschaft untersucht und den Optimierungsbedarf definiert. Die alte Lernplattform war Teil der Analyse. Learning ist zu einem starken Wachstumstreiber geworden und Investitionen in Weiterbildung rechnen sich langfristig. Doch wir müssen auch eindeutig messen und analysieren können, wo Investitionen den größten Mehrwert bringen. Das war bei der Entscheidung der Software-Lösung ein wichtiges Kriterium. Wir haben uns dann für die Lösung des kalifornischen HCM-Spezialisten Cornerstone OnDemand entschieden – eine ganzheitliche Talentmanagement-Suite, die als cloudbasierte Plattform funktioniert. Sie bildet die Bereiche Learning, Performance und Recruiting ab. Ein Vorteil ist, dass sie kompatibel mit bestehenden Systemen von Henkel ist. In enger Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung wurde die neue Lern-Plattform innerhalb weniger Monate entwickelt. Die Umstellung war damit schnell angestoßen. Insgesamt ist das Projekt als iterativer Prozess zu verstehen.
SAATKORN: Was ist anders an der neuen Lernplattform?
Sie ist viel benutzerfreundlicher und intuitiver. Die Auswahl der Trainingseinheiten erfolgt über eine Kachel-Oberfläche, die an gelernte Onlineanwendungen angelehnt ist. Bestimmte Module können außerdem gezielt beworben werden, sodass der Lernverlauf mitgestaltet werden kann. Fortschritt und Geschwindigkeit können individuell gestaltet werden. So gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, Trainingsangebote durch Empfehlungen zu ergänzen – oder auch zu spezifizieren. Vergleichbar mit einem Bücherregal, wo bereits Fachliteratur hinterlegt ist und der interessierte User Empfehlungen abgeben kann, welche weitere Lektüre in die Sammlung aufgenommen werden sollte. Damit kein Wildwuchs entsteht, analysieren wir als HR-Team die Nutzung. So können wir zum Beispiel erfassen, welche Kurse besonders beliebt sind und den größten Impact erzielen – im Idealfall fällt beides zusammen. Die Auswahl an Lernangeboten umfasst dabei Seminare zum Aufbau von Soft Skills bis hin zu Vertriebsthemen. Das Angebot entwickelt sich aber immer weiter und ist nicht starr. Das ist wichtig, denn unsere Geschäfte, Märkte und Technologien entwickeln sich ja auch rasant weiter – entsprechend flexibel müssen wir sein. Daher muss die Devise sein: nicht nur agiles Denken und Arbeiten, sondern auch agiles Lernen.
SAATKORN: Wie sehen denn im Bereich Learning die Ergebnisse aus?
Das Feedback aus der Organisation ist sehr gut! An den Nutzerzahlen lässt sich ablesen, dass die Zugriffszahlen auf die neue Plattform deutlich gestiegen sind, seit der Corona-Krise nochmal mehr. Die Inhalte erweitern und spezifizieren wir kontinuierlich, zum Beispiel durch TED-Talk-Playlists. Und immer mehr Mitarbeiter*innen passen ihre Weiterbildungsangebote selbst an. Ich bin davon überzeugt, dass wir damit eine Lernumgebung geschaffen haben, die lebenslanges Lernen fördert.
SAATKORN: Vielen Dank für diese Einblicke in die HR Tech Landschaft von Henkel.