Der diese Woche bereits im SAATKORN Podcast gefeaturete HR-Report 2021 war mir auch ein Interview mit Frank Schabel, der die Studie auf der Seite von Hays initiiert hat, ein Interview wert. Falls es jemand noch nicht mitbekommen hat: ich bin wirklich ein Fan der diesjährigen Auflage des HR-Reports. Auf geht’s:
SAATKORN: Bitte stellen Sie sich den SAATKORN Leser*innen doch kurz vor.
Ich bin seit 2020 als Strategieberater im Spannungsfeld zwischen HR und Marketing aktiv und nehme anspruchsvolle Interim-Mandate wahr. Davor war ich jahrelang in Managementrollen in b2b-Unternehmen. Von Hause aus bin ich Geisteswissenschaftler und Bankkaufmann.
SAATKORN: Gerade ist der Hays HR-Report 2021 mit dem Schwerpunkt-Thema New Work erschienen. Was war das Setting für den Report, wer wurde befragt?
Das Setting ist über die zehn Jahre hinweg im Sinne der Vergleichbarkeit gleichgeblieben. Befragt werden Mitarbeitende aus Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen im deutschsprachigen Raum. Von den Befragten haben drei Viertel eine Führungsrolle inne, entweder im HR-, im Fachbereich oder in der Unternehmensleitung.
SAATKORN: Warum ist aus Ihrer Sicht New Work so relevant, dass es das diesjährige Schwerpunkt-Thema geworden ist?
Wir wollten genauer analysieren, inwieweit sich die Transformationsprozesse, in denen sich Organisationen derzeit befinden, auf die Arbeitsstrukturen und -weisen von Menschen auswirken. Sind wir auf dem Weg in Richtung bereits weit vorangeschritten. Oder werden die großen Verheißungen von New Work mit allen Verheißungen durch die nach wie vor bestehenden konventionellen Strukturen ausgebremst? Auf diese Spannungsfelder fokussiert sich der diesjährige HR-Report.
SAATKORN: Allgemein kann man oft den Eindruck haben, dass New Work auf remote work reduziert wird. Wie definieren Sie New Work?
Wir haben New Work viel umfassender definiert. Natürlich spielt auch bei uns die räumliche und zeitliche Flexibilisierung von Arbeit eine wichtige Rolle. Aber uns ging es um ein breiteres Verständnis von New Work. Darunter fassen wir agile Organisationsformen, die Diskussionen um purpose sowie eine stärkere Demokratisierung von Organisationen.
SAATKORN: Aus meiner Sicht sind die Digitalisierung und die Demografie-Entwicklung maßgebliche Treiber für die New Work Entwicklung. Wie sehen Sie das?
Das sehe ich anders. Für mich geht es im Kern eher um diese beiden Themen: Nachhaltigkeit und die Bewältigung von Komplexität. So zielt einiges, was wir unter New-Work subsumieren, auf eine am Gemeinwohl orientierte Wirtschaft. Und in Sachen Umgang mit Komplexität bietet New Work agilere und selbstorganisierende Elemente, die sich bewusst von den alten Arbeitsmustern abheben. Speed und iterative Prozesse, statt langsamen und starren Abläufen. Beide Themen sind im Übrigen nichts neues. Die Diskussionen hierzu reichen Jahrzehnte zurück. Von daher ist es für mich auch kein Generationenthema. Was die Digitalisierung betrifft, verändert sie die Rahmenbedingungen massiv. Aber ich bleibe dabei: New Work ist eher kulturell denn technisch getrieben.
SAATKORN: Was sind auf Basis des Reports die strategisch wichtigsten HR-Themen?
Wir fragen jedes Jahr nach den wichtigsten HR-Themen. Ganz oben steht auch in diesem Jahr die Mitarbeiterbindung. Hier zeigt sich die Demografie. In den kommenden Jahren gehen die Babyboomer de facto in Rente. Auf Platz zwei liegt die Flexibilisierung der Arbeitsstrukturen – und das verweist direkt auf New Work. Sie ist für beide Seiten, Führungskräfte wie Mitarbeiter wichtig, allerdings buchstabieren sie Flexibilisierung unterschiedlich. Und auf dem dritten Platz der HR-Agenda steht dieses Jahr die Vorbereitung der Mitarbeiter auf die digitale Transformation. Das zeigt, auch dieses Thema wird nach Jahren nun wirklich relevant für den Alltag der Mitarbeitenden.
SAATKORN: Was sind Handlungsempfehlungen für HR-Abteilungen aus Ihrer Sicht, um als Organisation state-of-the-art zu bleiben oder zu werden?
Es gibt kein Patentrezept. Aber es gibt einige Themen, die in meinen Augen viele Organisationen angehen. Hier rate ich eher zu pragmatischen Schritte als zum Holzhammer: Unternehmen sollten beispielsweise mehr Raum für Experimente in kleinen, überschaubaren Strukturen anstoßen und deren Erfahrungen bei Bedarf in andere Bereiche übertragen. Das gilt auch für das Thema Beteiligung der Mitarbeitenden. Hier könnten Unternehmen kleine Schritte gehen und Mitarbeitende stärker in Entscheidungen einbinden, die sie direkt betreffen.
Für die räumliche und zeitliche Flexibilisierung sollte HR einen klaren Rahmen vorgeben. Dadurch entstehen Transparenz und Verbindlichkeit. Auf diese Weise wird Neid vermieden. Und ja, das Führungsthema bleibt wichtig. Führungskräfte sind diejenigen, die Veränderungen blockieren. Ob HR für die Transformation von Führung den Lead haben sollte: Hier setze ich ein Fragezeichen.
SAATKORN: Glauben Sie, dass New Work 2022 abgehakt ist? – Dann wird es ja schließlich einen neuen Hays HR-Report mit einem neuen Schwerpunkt-Thema geben 😉
Zur ersten Frage: Auf keinen Fall. Um die tiefen Dimensionen von New Work zu leben, bedarf es struktureller Veränderungen, gerade in Bezug auf die Rolle von Führung. Da stehen wir noch am Anfang. Es wird Jahre dauern, sie zu verändern. Und das gilt auch für die Silos, das Denken in Stellenbeschreibungen statt in Rollen oder in Abteilungen statt Projekten. Die alten Muster sind tief verankert in Unternehmen. Da hilft nicht ein kleines Change-Projekt.
Und ja, es wird auch im kommenden Jahr einen HR-Report geben. Das Schwerpunktthema diskutieren wir zu gegebener Zeit am runden Tisch und schauen, welche wichtigen Themen und Spannungsfelder es wert sind, tiefer beleuchtet zu werden.
SAATKORN: Herzlichen Dank für das Interview!
Den HR-REPORT 2021 könnt Ihr Euch hier kostenlos downloaden.
Wer den dazugehörigen Podcast mit Prof. Dr. Jutta Rump hören möchte, kann das hier tun: