HR Innovation bei der Swiss Post: Stephan Grabmeier von Haufe-umantis und Yves Andre Jeandupeux, HR Director bei der Swiss Post standen mir für diesen spannenden Case rund um die Frage, wie HR innovativer werden kann, Rede und Antwort. Auf geht’s:
saatkorn.: Stephan, bitte stelle Dich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.
Ich heiße Stephan Grabmeier, bin Chief Innovation Evangelist der Haufe-umantis AG, Social Media Enthusiast und Business Angel.
HR ist (noch?) keine feste Größe für das Thema Innovation
saatkorn.: Innovation ist seit Langem Dein Thema. HR ist möglicherweise nicht das erste Themenfeld, welches einem im Kontext Innovation so einfällt. Aber gerade hier gibt es immensen Bedarf, denn sowohl die demographische Entwicklung als vor allem auch die Digitalisierung haben mannigfaltige Auswirkungen auf das Thema HR. Wo siehst Du Ansatzpunkte, HR und Innovation zusammen zu denken?
HR ist heute leider keine feste Größe im Kontext Innovation. Wie Du weißt, kämpfe ich seit Jahren dafür daß HR sich besser entwickelt und habe auch schon viel für die Rolle von HR dazu bewirkt. Bei Innovation geht es darum, Menschen und Organisationen zu befähigen, neue Services, Produkte oder Prozesse zu schaffen. In erster Linie ist Innovationsarbeit Kultur- und Führungsarbeit. Es geht um Veränderung von mindsets, Training von Menschen, Etablierung von Prozessen und ganz stark um Kulturveränderung. Wer wenn nicht HR sollte sich diese Themen auf die Agenda schreiben?!
saatkorn.: Wo siehst Du die größten Herausforderungen, innovative HR Arbeit zu machen bzw. Innovationsprozesse in Unternehmen durch entsprechende grundlegende HR Arbeit zu fördern?
Das beginnt bei der Kompetenz von HR selbst und hört bei der Umsetzungsbegleitung im Business auf. Eine Querschnittsfunktion wie HR muss auf zwei Ebenen agieren. Erstens muss HR Innovation, Methoden und Technologie selbst kennen, können und anwenden. Zweitens, wenn diese Voraussetzung geschaffen ist, sollte HR sein Portfolio für das Business so modifizieren, daß das Business jegliche Unterstützung seitens HR für Innovationsarbeit bekommt. Heute wird Innovation im Unternehmen zu oft ohne HR Beteiligung gemacht. Warum? Weil HR keine Kompetenz darin hat. Das darf nicht sein. Zumindest dann nicht, wenn HR sich als mehr als nur als transaktionaler Administrator sieht.
saatkorn.: Wie ist Deine Einschätzung: haben die deutschen CHROs ein klares Verständnis für die aktuellen Herausforderungen oder sind die meisten immer noch damit beschäftigt, eine Business Partner Rolle einzufordern statt diese auszufüllen?
Ich sehe in vielen HR Departments eine Überforderung. Diese hat mehrere Ursachen. Die digitale Transformation bringt einen Paradigmenwechsel von komplizierten zu komplexen Systemen in rasanter Geschwindigkeit mit sich. In dieser Konstellation reicht es nicht mehr aus, HR nur inkrementell zu verbessern. Es geht darum, zusätzlich neue Services für die veränderten Märkte und Geschäftsmodelle anzubieten, diese zu verstehen und selbst anzuwenden. Es geht also nicht um das Ersetzen von Bestehendem, sondern neben kontinuierlicher Verbesserung auch um zusätzliches Entwickeln. Diese organisationale Ambidextrie ist die größte Herausforderung für HR.
Partner auf Augenhöhe wird man nur mit Mut
saatkorn.: Bevor wir gleich zum Thema HR Innovation bei der Swiss Post kommen: was sind Deine top 3 Learnings aus Deiner bisherigen Berufserfahrung im Kontext HR und Innovation?
- HR muss viel mutiger werden und sich aktiv erneuern.
- HR muss neue Methoden und Technologien lernen um sich weiter zu entwickeln.
- Erst dadurch ist HR in der Lage auf Augenhöhe das Business zu verstehen und kann ein adäquater Business- und Innovations Partner sein.
Alle Studien zeigen, wie weit abgeschlagen HR zum Thema Innovation und digitale Transformation ist. Viele andere Funktionen im Unternehmen haben einen weitaus höheren Reifegrad. Es wird Zeit, das zu ändern! Für gute Innovationen in HR gibt es einige, wenngleich wenige relevante Beispiele. Die Swiss Post ist eines davon. Ich durfte das globale HR Team und die Verknüpfung von Innovationen bei der diesjährigen Swiss Post HR Konferenz kennenlernen.
HR Innovation bei der Swiss Post: Entwicklung von Unternehmenskultur und Leadership im Fokus
saatkorn.: Swiss Post ist eine gute Überleitung. Yves Andre Jeandupeux ist Mitglied der Konzernleitung und Leiter Personal der Schweizerischen Post (international Swiss Post) und damit verantwortlich für Innovation im HR. Herr Jeandupeux, was sind die aktuellen Herausforderungen bei Ihnen im HR?
Vor allem die Entwicklung der Unternehmenskultur und des Leadership vor dem Hintergrund der rasanten Digitalisierung. Weiter beschäftigen uns die demographischen Herausforderungen oder das schwierige Umfeld in der Vorsorge. Arbeitgeberattraktivität und damit verbunden, die besten Talente zu gewinnen, zu fördern und zu halten ist ein weiteres Themenfeld, das wir prioritär bearbeiten.
saatkorn.: Und welche Rolle spielt dabei das Themenfeld „Innovation“?
Die unaufhaltbare Digitalisierung der Gesellschaft und fast aller Lebensbereiche generiert neue Kundenbedürfnisse und Erwartungen. Die heutigen Antworten der Post genügen nicht mehr. Wir müssen unsere Produkte und Dienstleistungen, aber vor allem neue Lösungen, die das Leben unserer Kunden spürbar einfacher machen, vorausschauend weiterentwickeln. Diese neuen Entwicklungen entstehen nicht unbedingt in den Büros der Chefetage, sondern erfordern die gesamte Innovationskraft unseres Personals. Und das gilt natürlich auch für uns in HR. Aus meiner Sicht müssen wir hier sogar eine Vorbildrolle spielen.
saatkorn.: Verschiedene Studien belegen, dass im Kontext der digitalen Transformation extrem oft die Verteidigung bestehender Strukturen der zentrale Grund für die mangelnde Konsequenz in der Umsetzung der digitalen Transformation liegt. Wie schätzen Sie dies ein?
Das kann ich bestätigen. Bestehende Strukturen – und in unserem Fall in einem traditionsreichen Unternehmen, das seit 167 Jahren besteht – sind per se rigide. Als Postunternehmung stehen wir mitten im Spannungsfeld zwischen unseren bewährten physischen Angeboten und deren Ersatz oder Erweiterung durch neue elektronische Dienstleistungen. Hier braucht es Strategien, mehr Agilität in die Organisation zu bringen. Allgemein lässt sich beobachten, dass Neuerungen – und erst recht, wenn sie so rasch wie in unserer Zeit erfolgen – nicht nur begeistern, sondern oft auch beunruhigen. Zudem ist es menschlich, sich in einer Komfortzone einzurichten, die man nicht gerne aufgibt. Und schliesslich ist die Unternehmenskultur entscheidend: Darf man Fehler machen? Kann man eine schnelle Umsetzung versuchen und wenn es nicht klappt, gleich die nächste ausprobieren? Wenn dies die Organisation zulässt, dann stehen die Chancen gut, die Herausforderungen zu meistern.
HR Innovation bei der Swiss Post: nicht reden, sondern tun!
saatkorn.: Und wie haben Sie es geschafft, dass bei der Swiss Post diese zentrale Herausforderung offensichtlich gemeistert wurde?
Das haben wir noch nicht geschafft. Aber wir sind dran. Die Transformation geht täglich weiter und mit jedem kleinen Schritt kommen wir unserem Ziel näher. Zudem setzen wir konzernweite Instrumente zur systematischen Förderung von Innovationen ein.
saatkorn.: Welche Handlungsempfehlungen haben Sie für andere HR Abteilungen auf Basis Ihrer Erfahrungen?
Nicht nur über Transformation reden, sondern echte, konkrete Aktivtäten auslösen: Zum Beispiel den kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) auch im HR-Bereich konsequent umsetzen. Neue Arbeitsmethoden wie Scrum, Kanban oder Co-Creation ausprobieren. Den Mut und Vertrauen haben, Versuch und Irrtum zuzulassen und aus den Fehlern – sehr rasch! – zu lernen.
saatkorn.: Vielen Dank für die spannenden Informationen – und weiterhin viel Spaß und Erfolg mit der HR Innovation bei der Swiss Post.