Im heutigen dritten Teil rund um die Indeed Corona Studie geht es um die Themen Home Office & Digitalisierung. Interviewpartner sind Katharina Knorr von thyssenkrupp sowie Malte Balmer von OTTO und wie in den bisherigen Teilen auch Christiane Büring von Indeed. Auf geht’s:
SAATKORN: Bitte stellt Euch den SAATKORN Leser:innen doch kurz vor.
Malte Balmer: Seit fünf Jahren arbeite ich im Recruitment bei OTTO. In meiner Rolle als HR Manager Talent Sourcing bin ich sehr nah an der Zielgruppe und immer auf der Suche nach spannenden Kandidat*innen, die mit uns gemeinsam bei OTTO die Zukunft des E-Commerce gestalten möchten.
Katharina Knorr: Mein Name ist Katharina Knorr und ich bin bei thyssenkrupp für das Sourcing & Recruiting Deutschland verantwortlich. Inzwischen blicke ich auf sieben Jahre HR-Erfahrung zurück und seit jeher gilt meine ganze Leidenschaft der wunderbaren Welt des Sourcings und Recruitings. Für mich ist das Sourcing & Recruiting einer der Personalprozesse mit dem höchsten Entwicklungspotenzial in der Zukunft. Stets dynamisch, kreativ, am Zahn der Zeit, generations- und länderübergreifend sowie mit einer unheimlichen Vielfalt an Zielgruppen, Expertisen und Stakeholdern. Im Fokus steht immer, neue Wege einzuschlagen und vor allem das Ziel, Menschen zu begeistern und mitzunehmen. Aus genau diesen Gründen gehe ich jeden Tag aufs Neue mit viel Freude meinen Herausforderungen nach.
SAATKORN: Wie geht Ihr im Unternehmen mit den Themen Homeoffice und Digitalisierung um?
Malte Balmer: Unser Geschäftsmodell ist ein digitales, daher wollen wir Digitalisierung aktiv gestalten. Das gilt sowohl für das Kund*innenerlebnis, wie auch für unsere internen Prozesse. Mobiles Arbeiten ist bei OTTO schon lange möglich. Aktuell ist es aufgrund der Corona-Situation der Standard. Durch unsere bereits vorhandene technische Infrastruktur konnten wir bereits zu Beginn der Pandemie flächendeckend von einem Tag auf den anderen mobiles Arbeiten ermöglichen.
Katharina Knorr: Gerade aktuell in Zeiten von Corona verändert sich die Arbeitswelt noch viel stärker. Bei thyssenkrupp befinden wir uns bereits inmitten der Planung der neuen Arbeitswelten, welche wir mit einer passenden Kultur in Einklang bringen – was für uns besonders wichtig ist. Bei thyssenkrupp sehen wir den Wandel als Chance und Herausforderung zugleich und begleiten den Wandel unter „New Ways of Working“ mit gezielten Formaten. Damit passen wir in unserer Unternehmensgruppe u.a. Systeme, Prozesse und Strukturen an die Erfordernisse der Mitarbeitenden an, damit sie erfolgreich ihre Aufgaben bewältigen können – gerade auch beim Thema mobiles Arbeiten und Digitalisierung.
SAATKORN: Welche Unterschiede gibt es in Bezug auf Arbeitnehmer*innen aus dem Blue- und White-Collar-Bereich?
Malte Balmer: Für den Blue-Collar-Bereich stellt sich die Frage nach mobilem Arbeiten häufig gar nicht, zum Beispiel in der Paketzustellung. Daher ist es wenig verwunderlich, dass knapp 60% dieser Arbeitnehmer*innen in der Studie angeben, dass sie nicht bereit sind, weiter als 50 Kilometer vom eigenen Wohnort entfernt nach einem neuen Arbeitsplatz zu suchen. Durch die Möglichkeit des mobilen Arbeitens sind White-Collar-Arbeitnehmer*innen in diesem Punkt deutlich flexibler. Bei dem Thema Vorstellungsgespräche sind sich aber beide Berufsgruppen sehr einig, dass sie gerne ein Gespräch im Bewerbungsprozess analog führen würden, um einen besseren und vor allem persönlicheren Eindruck gewinnen zu können.
Katharina Knorr: Für uns ist es keine Option, dass wir unseren Blue-Collar-Mitarbeitenden keine Möglichkeiten einräumen, während White-Collar-Mitarbeitende größtenteils mobiles Arbeiten oder andere „New Ways of Working“ ermöglicht wird. Es benötigt kreative Ideen für eine höhere Flexibilität für die Blue-Collar-Bereiche, die es dann schaffen, dass nicht ein Großteil der Mitarbeitenden mit ihren Bedürfnissen unbeachtet bleiben.
SAATKORN: Welche wesentlichen Vorteile ergeben sich auf Basis der Indeed Corona Studie durch Home Office?
Christiane Büring: Während das Home Office auch viele Herausforderungen mit sich bringt, gerade wenn es Zuhause keine optimalen Arbeitsbedingungen gibt, so gibt es auch zahlreiche Vorteile, die von Berufstätigen erlebt werden. Die Mehrheit der Arbeitnehmer*innen (65%) freut sich über das Entfallen des Fahrweges. Die Flexibilisierung der Arbeit, also die freie Einteilung der Arbeitsstunden, wird am zweithäufigsten (48%) genannt. Dass sie im Homeoffice mehr Ruhe haben und produktiver sind, sagen immerhin 42% Befragten.
Malte Balmer: Unternehmen haben zudem einen enormen Vorteil bei der Gewinnung von neuen Mitarbeiter*innen, wenn sie mobiles Arbeiten ermöglichen. Der mögliche räumliche Suchradius vergrößert sich dadurch sowohl für Kandidat*innen, wie auch für Unternehmen. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit einer schnellen und passgenauen Stellenbesetzung.
SAATKORN: Und was ist die Kehrseite davon?
Malte Balmer: Auch die Kehrseite wird in der aktuellen Situation deutlich, in der viele ausschließlich mobil arbeiten (müssen). Es mangelt an zwischenmenschlichem Kontakt (48%). Das ist bei mehreren Fragestellungen der Studie deutlich geworden. Das gilt nicht nur für den Bewerbungsprozess, sondern beispielsweise auch für die Einarbeitung. Neue Kolleg*innen und eine Unternehmenskultur wirklich kennenzulernen, ist digital ganz offenbar deutlich schwieriger.
Christiane Büring: Von denen, die im Home Office arbeiten, möchten die meisten nach der Pandemie weder ausschließlich im Büro noch Zuhause arbeiten, sondern favorisieren ein hybrides Arbeitsmodell. Aber eine signifikante Mehrheit möchte mehr als die Hälfte der Arbeitszeit in Zukunft im Homeoffice arbeiten. Das ist sicherlich ein Ergebnis, das wir vor der Pandemie nicht in dem Maße erhalten hätten. Aber was bei all der Euphorie um das Homeoffice nicht vergessen werden darf, ist, dass längst nicht alle in den eigenen vier Wänden eine optimale Arbeitsbedingungen vorfinden. Mehr als ein Drittel der von uns Befragten vermissen einen gut eingerichteten Arbeitsplatz, wie sie ihn aus dem Büro kennen. Hier sind die Arbeitgeber gefragt, ihre Mitarbeitenden zu unterstützen.
SAATKORN: Was sind die langfristig zu erwartenden Auswirkungen der Digitalisierung im Hinblick auf den Arbeitsmarkt auf Basis der Indeed Corona Studie?
Malte Balmer: Je flexibler und damit einhergehend digitaler sich ein Unternehmen aufstellen kann, desto mehr Gestaltungsspielräume entstehen in Hinblick auf Arbeitsort und -zeit. Natürlich muss jedes Unternehmen schauen, was das jeweilige Geschäftsmodell ermöglicht und wie Auswirkungen auf die Unternehmenskultur aussehen könnten. Es ist aber in jedem Fall ein Vorteil in dieser Frage handlungsfähig zu sein.
Christiane Büring: Für die Jobsuchenden und Berufstätigen hat sich in kürzester Zeit sehr viel verändert. Wir sehen in der Studie, dass die Arbeitnehmer*innen Angst davor haben, den digitalen Herausforderungen nicht gewachsen zu sein (27%) und fast ein Drittel der Befragten erwartet, dass das Maß an Eigenverantwortung, das geschultert werden muss, immer weiter steigen wird. Eine wichtige Erkenntnis: Ein sicherer Arbeitsplatz wird wieder höher wertgeschätzt als vor der Krise. Wir sehen etwa bei uns auf der Plattform auch, dass die Anfragen nach dem Schlagwort “Öffentlicher Dienst” stark zugenommen haben.
Und auch in der Personalgewinnung war Corona ein richtiger Katalysator für die Digitalisierung. Wenn wir zum Beispiel ein Video-Bewerbungsgespräche denken. Niemand hat sich vor der Pandemie vorstellen können, dass wir Menschen einstellen, die wir noch nie persönlich getroffen haben – und plötzlich ist es möglich und erfolgreich.
SAATKORN: Wie ist Eure Haltung dazu bei Otto bzw thyssenkrupp?
Malte Balmer: Bei OTTO erleben wir jetzt seit rund einem Jahr, wie es ist, größtenteils mobil zu arbeiten. Es funktioniert sehr gut. Jetzt gilt es Ideen zu entwickeln, wie wir auch langfristig neben der Möglichkeit im Office zu arbeiten, auf das mobile Arbeiten setzen können, ohne dass die persönliche und zwischenmenschliche Komponente, die bei OTTO seit jeher Teil der Unternehmens-DNA ist, zu kurz kommt.
Katharina Knorr: Insgesamt bin ich mir sicher, wer die Chance als Unternehmen jetzt ergreift und zukünftig neue Arbeitsmodelle für alle Mitarbeitenden etabliert und damit verbundene Kompetenzen der Mitarbeitenden sowie eine krisenfeste Arbeitskultur weiter ausbaut, verschafft sich einen klaren Wettbewerbsvorteil. Wir bei thyssenkrupp arbeiten bereits daran.
SAATKORN: Was sind Eure Handlungsempfehlungen Richtung HR-Abteilungen in diesen Zeiten im Kontext Home Office & Digitalisierung?
Malte Balmer: Die Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeitszeit und auch die Bandbreite der firmeninternen Regelungen zur Arbeitszeit wird zunehmen. Das ist für den Arbeitsmarkt generell betrachtet ein sehr positiver Aspekt. Auf einige sich daraus ergebende Vorteile bin ich bereits eingegangen.
Christiane Büring: Die technische Infrastruktur und die Arbeitsbedingungen sind für viele Berufstätige und Jobsuchende zentral. Mehr als 70% wünschen sich laut der Studie, von ihrem Arbeitgeber in Sachen technischer Ausstattung, unterstützt zu werden. Das ist ja auch nachvollziehbar. Bei all den Herausforderungen im Homeoffice will sich niemand zusätzlich mit technischen Problemen rumschlagen. Das Internet streikt ohnehin schon häufig genug. Für mich ist das ein klarer Appell an die Arbeitgeber, für eine gute technische Ausstattung zu sorgen und auch mit Equipment wie Büromöbeln zu unterstützen. Langfristig werden sich die Büros selbst verändern und zu einem Ort werden, der kreative Zusammenarbeit fördert und dafür Räume schafft. Auch die Art der Zusammenarbeit wird sich ändern. Wir bei Indeed arbeiten etwa mit virtuellen Dokumenten. Wir sind manchmal bis zu 50 Leute in einem Dokument. So werden Austausch und Aktualität sichergestellt. Spannend wird der Übergang in die neue Normalität sein, wenn wieder Menschen im Büro arbeiten, aber auch ein signifikanter Teil im Homeoffice. Arbeitgeber, die für diese hybride Welt gute Lösungen finden, werden es sicherlich leichter haben, neue Talente für sich zu gewinnen.
SAATKORN: Herzlichen Dank für das Interview rund um Home Office und Digitalisierung angesichts von Corona!
Die bisherigen Teile der Serie zur Indeed Corona Studie findest Du hier:
Teil 1: Interview mit Christiane Büring von Indeed rund um die Studie
Teil 2: Fokusthema Psychische Gesundheit mit Lisa Lenz von Korian
Den Studien-Download gibt es hier.