HAYS Fachkräfteindex Q3 2023 – Interview mit Florian Wagner
HR hat schon mal deutlich mehr geboomt. Leider müssen wir uns vorerst wieder damit abfinden, dass die Nachfrage nach Personaler:innen in Q3 2023 in den meisten Bereichen deutlich gesunken ist. Warum das so ist und weshalb wir aber über einen längeren Betrachtungszeitraum eigentlich immer noch sehr gut aufgestellt sind sowie die Frage zur Zukunft konnte ich anläßlich der Veröffentlichung des HAYS Fachkräfteindex Q3 2023 mit Florian Wagner besprechen. Auf geht’s:
SAATKORN: Florian, bitte stelle Dich den SAATKORN Leser:innen doch kurz vor.
Mein Name ist Florian Wagner und ich bin seit 2012 bei der Personalberatung Hays tätig. Als Senior Abteilungsleiter HR Interim & Projekte unterstütze ich, gemeinsam mit 70 Kolleginnen und Kollegen deutschlandweit, Personalverantwortliche bei operativen und strategischen Fragestellungen. Neben der Beschaffung von freiberuflichen HR-Experten umfasst das Portfolio von Hays die Direktvermittlung sowie die Arbeitnehmerüberlassung.
SAATKORN: Einmal im Quartal erscheint der HAYS Fachkräfteindex. Wie wird dieser erhoben?
Der Hays Fachkräfte-Index basiert auf einer quartalsweisen Auswertung der index Internet und Mediaforschung GmbH für Hays. In den Index fließen alle Stellenanzeigen – und ausschreibungen der meistfrequentierten Online-Jobbörsen, von Tageszeitungen sowie dem Business-Netzwerk Xing ein. Der Index zeigt dabei die prozentuale Veränderung aller betrachteten Berufsbilder und Branchen pro Quartal zum Ausgangswert vom ersten Quartal 2015 an. Wir clustern die Nachfrage aber auch nach Regionen, und können dabei aufzeigen, in welchen Bundesländern oder Gemeinden die Nachfrage am höchsten ist. Diese Erhebung, die wir seit acht Jahren durchführen, ist mittlerweile zu einem hilfreichen Seismographen für unsere Zielmärkte geworden.
SAATKORN: Leider gibt es im HAYS Fachkräfteindex Q3 2023 nicht viel Gutes zu vermelden, oder?
Leider ja. Der Fachkräfte-Index zeigt die deutlichsten Nachfrage-Rückgänge bei der Suche nach Personalerinnen und Personalern. Nach der abgeflauten Nachfrage im Vorquartal ist die Anzahl der zu besetzenden Positionen nun nochmals um ganze 36 Prozentpunkte auf + 212 Prozent zurückgegangen. Besonders stark fällt der Rückgang bei Managern für Employer Branding (- 98 PP auf 285 P) sowie bei den Recruitern (- 55 PP auf 291 P) aus. Innerhalb dieser Tätigkeiten kümmern sich die Leute vorwiegend um die Neugewinnung von Personal. Die Unternehmen fokussieren sich in diesem Quartal üblicherweise auf das Erreichen ihrer Geschäftsergebnisse, was bei schwächeren Märkten häufig dazu führt, dass Einstellungen neuer Mitarbeitenden geschobenen oder gestrichen werden. Relativ stabil verhält es sich hingegen mit der Nachfrage nach den strategisch verantwortlichen HR-Businesspartnern (+13 Prozentpunkte).
SAATKORN: Insbesondere für die Gruppe der HR-Fachkräfte sieht es schlecht aus. Was sind hier die Ergebnisse, und was bedeutet „schlechtester Wert seit 2021“?
Wir differenzieren im Index nach Positionen. Und sehen, wie bereits oben angemerkt: alle Tätigkeiten, die sich auf die Mitarbeitergewinnung ausrichten, sind stark rückläufig. Diese Positionen sind naturgemäß sehr volatil, da sie auf- und abfallen proportional zur gesamten Nachfragesituation. Wenn man so will, ist das die „Normalität“ dieser Berufsbilder, die eng an die Bemühungen Richtung Active Sourcing und aktive Mitarbeitergewinnung gekoppelt sind. Die Personalentwicklung (Talentmanager mit -6 PP) bleibt stabil, das könnte darauf hindeuten, dass Unternehmen auf die Weiterqualifizierung ihres internen Personals / Belegschaft setzen. Der schlechteste Wert bedeutet in diesem Fall, dass die Nachfrage den größten Einbruch seit 2021 aufweist. Wobei dann praktisch bedeuten kann, dass Unternehmen nicht mehr neu ausschreiben, und vakante Stellen einfach offen halten. Diese Angaben werden natürlich nicht miterfasst.
SAATKORN: Wenn man allerdings den Vergleich seit der Ersterhebung 2015 sieht, relativieren sich diese Zahlen ja immens. Da bewegen wir uns trotz des Einbruchs ja immer noch auf (sehr) hohem Niveau. Wie ist Deine Einschätzung im Mehrjahresvergleich?
Man sollte bei dieser Betrachtung berücksichtigen, dass mehrere Faktoren zusammenlaufen. Zum einen haben Unternehmen tendenziell immer geringere Personalstände bei den festangestellten HR-Fachkräften. Diese Kompetenzen müssen langfristig intern aufgebaut oder extern rekrutiert werden. Dazu kommen konjunkturelle Einflüsse, die Unternehmen je nach wirtschaftlicher Lage dazu veranlassen, Personalkosten zu reduzieren oder in mehr Personal zu investieren. Insgesamt wird sich die Nachfragesituation immer an den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ausrichten. Das ist natürlich je nach Branche und Tätigkeitsumfeld verschieden.
SAATKORN: Was sind Eure Erwartungen kurz- (2024) und mittelfristig (2025-2027), wie wird sich der Fachkräfteindex aus heutiger Perspektive wohl entwickeln?
Das ist eine Frage, auf die es keine leichte Antwort gibt. Mittelfristig erwarten wir einen Anstieg der Fachkräftenachfrage nach HR-Kandidaten, der auch über die Höchststände der vergangenen Jahre hinaus gehen wird. Hinzu kommt, dass der demographische Wandel mit aller Härte zuschlägt, was bedeutet, dass sich die Fachkräftenot so schnell nicht entspannen wird. Zudem beobachten wir zwei Trends, die Implikationen auf HR haben werden. Mehr und mehr Unternehmen werden ihre Digitalisierungsprojekte in die HR Ressorts legen, da es ein mitarbeiterzentriertes Thema ist. Das erfordert neue Kompetenzen und Profile. Des Weiteren wird es explizit in der Automotive-Industrie zu größeren Reskilling-Projekten kommen, da viele Mitarbeitende auf neue Arbeitsfelder umgeschult werden müssen. Hier sind HR Bereiche gefragt.
SAATKORN: Florian, ganz herzlichen DANK für das Interview zum HAYS Fachkräfteindex Q3 2023!
Für alle, die es nun genauer wissen möchten: HIER gibt es den HAYS Fachkräfteindex Q3 2023 mit diversen Grafiken und Tabellen, sortiert zum Beispiel nach Region oder Branchen. Besonders spannend ist der genauere Blick ins Fachgebiet „HR“.
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