Der FUTURE TALENTS REPORT 2021 von CLEVIS ist gerade herausgekommen. Es ist die größte Praktikant:innen-Studie und ich durfte darüber mit Kristina Bierer, Partnerin und Projektleiterin bei CLEVIS sprechen. Um den Nachwuchs – egal ob Azubis oder Praktikant:innen muss man sich in der Corona-Krise besonders sorgen. Es ist nicht einfach, ein remote Praktikum zu ergattern, das Onboarding und die Betreuung sind ebenfalls herausfordernd. Aber was denken die Betroffenen selbst? – Der Future Talents Report bringt Licht ins Dunkel. Auf geht’s:
SAATKORN: Kristina, bitte stelle Dich den SAATKORN Leser:innen doch kurz vor.
Ich bin Kristina Bierer und bin Partnerin und Projektleiterin bei der HR-Beratung CLEVIS. Wir begleiten unsere Kunden dabei zukunftsfähige HR-Prozesse aufzubauen – das kann dann die Digitalisierung von HR-Prozessen, die Umsetzung von Transformationsvorhaben oder die Ausarbeitung einer HR-Strategie sein.
Wir denken die Prozesse immer aus dem Business heraus. Dazu gehört auch, sich als Arbeitgeber darauf einzulassen und vorzubereiten, was die eigene Attraktivität bei den Fach- und Führungskräften von morgen – den Future Talents – ausmacht. Es gilt herauszufinden, wie man die Generationen Y und Z, die ja schnell mal als schwer führbar und benefits-geil abgestempelt werden, an sich bindet und deren Potential als Unternehmen – insbesondere mit Blick auf die Digitalisierung – voll nutzt.
SAATKORN: Gerade ist der Future Talents Report, laut Eigenwerbung die größte Praktikum Studie Deutschlands, erschienen. Wer wurde wann befragt?
Wir haben von Juli bis Dezember 2020 akademische Praktikant:innen und Werkstudent:innen befragt. Das heißt Schulpraktika o.ä. werden in unserer Stichprobe nicht berücksichtigt. 3.199 Future Talents haben so ihr Feedback zum Arbeitgeber, zum Praktikum und zu ihren Arbeitserfahrung geteilt.
SAATKORN: Es ist ja aus Sicht der Praktikant:innen selbst vermutlich viel schwieriger, einen Platz für ein Praktikum zu bekommen als vor der Krise, oder?
Ja, das ist nicht von der Hand zu weisen. Insbesondere vor ziemlich genau einem Jahr mit Beginn des ersten Lockdowns befanden wir uns alle in einer Art Schockstarre. Es gab viel Ungewissheit, insbesondere auch mit Blick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen, weswegen viele Praktika abgebrochen oder abgesagt wurden. Arbeitgeber hatten oftmals keine andere Wahl als in Zeiten von Einsparungen, Kurzarbeit & Co. Praktika abzusagen oder zumindest die offenen Ausschreibungen zu beenden.
Auch lässt sich Home Office, als ein Instrument von Social Distancing, nicht in allen Branchen gleichermaßen einsetzen, sodass im Sinne der Kontaktminimierung teilweise auch Praktikant:innen die Leidtragenden waren. Wir haben aber mit Beginn der Lockerungen im Sommer gemerkt, dass die Anzahl der Praktika wieder zugenommen hat – natürlich viel im Home Office.
SAATKORN: Was sind für Praktikant:innen im Corona-Jahr 2020 die größten Herausforderungen gewesen?
Im Rahmen des Praktikums war eine Herausforderung aus meiner Sicht, wie für viele andere auch, die virtuelle Zusammenarbeit, die Chancen und Risiken bringt. Viele Praktika fanden statt, ohne auch nur einmal mit den Kolleg:innen im gleichen Raum gewesen zu sein und sie persönlich kennengelernt zu haben. Die Vernetzung im Unternehmen ist deutlich schwerer, spielt aber auch im Praktikum eine große Rolle und beeinflusst die Lernkurve immens. Und dann ist man als Future Talent vielleicht auch noch in einem Team gelandet, dass sich gerade das erste Mal virtueller Zusammenarbeit und digitaler Kommunikation stellen muss.
SAATKORN: Zeitliche und örtliche Flexibilität können ja gleichsam Vor- und Nachteile aufweisen. Bei der Zielgruppe der Praktikant:innen überwiegen zumindest meiner Meinung nach erstmal die Nachteile. Oder sehe ich das zu negativ?
Ich glaube, die Perspektive ist zu negativ. Wir dürfen nicht vergessen, dass bei Studierenden schon im Unialltag Selbstmanagement eine große Rolle spielt. Im Studium kann und muss ich mich selbst strukturieren, meinen Lernalltag organisieren, kann entscheiden, ob ich von daheim oder in der Bibliothek „arbeite“ und es wird digital mit Kommiliton:innen kommuniziert und zusammengearbeitet. Jetzt ist das auch plötzlich im Arbeitsalltag an der Tagesordnung. Ich will damit nicht sagen, dass es für Praktikant:innen einfacher wurde oder es Praktikant:innen am einfachsten hatten, aber ich denke, dass die Herausforderungen andere waren, als bspw. bei Eltern, die Kinder und Beruf ohne Betreuung unter einen Hut bringen mussten oder bei Studierenden, deren Job mit der Gastro-Schließung weggebrochen ist und Existenzängste gewachsen sind.
SAATKORN: Wie läuft denn überhaupt das Onboarding von Praktikant:innen in diesen remote-Zeiten?
Leider hat das Onboarding erwartungsgemäß unter Corona gelitten. Werksführungen und Einführungsveranstaltungen wurden ausgesetzt und nur teilweise in Remote-Konzepte übertragen. Strukturierte Einarbeitungspläne und Vorstellungsrunde können schwerer realisiert werden. Zwar hat die Zahl der Teilnehmenden, die ein Welcome Package bekommen haben, zugenommen, aber wirklich nachhaltig wurden die Konzepte aus unserer Sicht nicht angepasst.
SAATKORN: Was sind auf Basis des Future Talent Report die Handlungsempfehlungen für HR Abteilungen?
Chancen nutzen – uns ist bewusst, dass die Pandemie eine Herausforderung für uns alle ist, aber sie bietet auch Chancen und wir müssen uns diesen Herausforderungen annehmen. Im Frühjahr 2020 haben viele gemerkt, dass ohne die Personalabteilung – und insbesondere eine digitale Personalabteilung – wenig geht und die Arbeits- und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen unter anderem dort hängt. HR muss dieses Momentum nutzen und digitale Recruiting- und Onboarding-Prozesse schaffen, Kolleg:innen und Führungskräfte bei der virtuellen Kommunikation und Zusammenarbeit unterstützen und somitdie Arbeitswelt der Zukunft mitzugestalten.
SAATKORN: Wo kann man sich den Future Talent Report downloaden?
Der Future Talents Report kann HIER downgeloadet werden.
SAATKORN: Kristina, ganz herzlichen Dank für das Interview und weiterhin viel Spaß und Erfolg bei CLEVIS.