Website-Icon SAATKORN

Fachkräftemangel führt bei jedem zweiten Unternehmen zu Problemen

Neue Studie von Manpower zum Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel führt bei jedem zweiten Unternehmen zu Problemen. Dies belgt eine neue Studie von Manpower. Interessant – gibt es doch Stimmen, die den Fachkräftemangel als „nicht existent“ einstufen. Aber Meinungen können ja unterschiedlich sein. Vor diesem Hintergrund habe ich bei Herwarth Brune, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Manpower, einmal direkt nachgefragt. Auf geht’s: 

saatkorn.: Herr Brune, bitte stellen Sie sich und Manpower den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.

Herwarth Brune

Seit 2013 bekleide ich den Posten Vorsitzender der Geschäftsführung der ManpowerGroup Deutschland. Die ManpowerGroup ist ein internationaler Konzern mit über 400.000 Kunden in über 78 Ländern. In diesem Jahr feiern wir in Deutschland unser 50-jähriges Bestehen. Seit der Gründung 1948 durch die beiden Rechtsanwälte Elmer Winter und Aaron Scheinfeld folgen wir der Mission, Unternehmen und Talente erfolgreich zu verbinden. Allein im letzten Jahr haben wir weltweit über 3,4 Millionen Menschen in Jobs gebracht.

Wir unterstützen Unternehmen bei der Suche nach Personal, sei es kurz- oder langfristig bzw. für die dauerhafte Vermittlung. Mit unseren spezialisierten Gesellschaften Manpower, Experis, ManpowerGroup Solutions und Right Management sowie unseren Joint Ventures Bankpower, AviationPower und Vivento Interim Services finden wir die passenden HR-Lösungen für Unternehmen. Dadurch ermöglichen wir unseren Kunden, in der sich stetig verändernden Arbeitswelt erfolgreich zu sein.

Mit der Übernahme der 7S Group gehört die ManpowerGroup zu den TOP 3 Personaldienstleistern in Deutschland. Die Akquisition war ein strategisch wichtiger Schritt für den Standort Deutschland. Dieser schafft die Voraussetzung für weiteres Wachstum und eine Stärkung unserer Marktposition in Deutschland.

Ich lebe mit meiner Frau und unseren zwei Kindern in Südhessen. Am Wochenende gehe ich gerne laufen oder mit unserem Hund, einem Dalmatiner, spazieren.

saatkorn.: Ganz aktuell haben Sie die Studie „Fachkräftemangel 2015“ veröffentlicht. Was ist das Setting der Studie – wer wurde wann befragt?
Die Studie Fachkräftemangel haben wir dieses Jahr bereits zum 10. Mal durchgeführt. Im ersten Quartal dieses Jahres wurden wieder mehr als 41.700 Personalverantwortliche in 42 Ländern befragt ob sie Schwierigkeiten haben, Stellen zu besetzen und welche Berufsgruppen besonders schwer zu finden sind. Darüber hinaus wurden die Unternehmen auch über die Gründe und Auswirkungen des Fachkräftemangels interviewt. Abschließend sollten die Teilnehmer angeben, welche Maßnahmen sie treffen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

saatkorn.: Was sind die zentralen Ergebnisse der diesjährigen Studie?
Laut der Studie nimmt der Anteil der Unternehmen, die Probleme bei der Stellenbesetzung haben, weltweit zu. 38 Prozent der befragten Unternehmen geben an, dass es schwierig ist, ihre offenen Positionen zu besetzen. Dies ist der höchste Wert seit der Wirtschaftskrise in 2008! In Deutschland liegt der Wert sogar noch viel höher. Über 46 Prozent der Unternehmen sagen, dass sie unter Fachkräftemangel leiden. Das ist fast jedes zweite Unternehmen in Deutschland! Und dabei hat jeder 5. Arbeitgeber noch keine Strategie gegen Fachkräftemangel, trotz der negativen Auswirkungen auf ihr Geschäft. Als Gründe für die Rekrutierungsschwierigkeiten nennen die Arbeitgeber zu wenige oder fehlende Bewerber (35 Prozent), unzureichende Fachkenntnisse (34 Prozent), fehlende Erfahrung (22 Prozent) sowie fehlende soziale Kompetenzen (17 Prozent).

Infografik: Manpower Studie Fachkräftemangel 2015

saatkorn.: Aus Ihrer Pressemitteilung geht hervor, dass die deutsche Wirtschaft aufgrund des Fachkräftemangels bereits Aufträge ablehnen muss. Lässt sich das konkret zahlenmäßig belegen?
Wir haben in Deutschland 1.000 Arbeitgeber befragt, wie sich der Fachkräftemangel auf die Erfüllung von Kundenbedürfnissen auswirkt. Fast jedes zweite Unternehmen sagt, dass sie Aufträge nicht annehmen können, weil die passenden Fachkräfte fehlen. Über 40 Prozent geben sogar an, dass ihre Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt ist und sie weniger innovativ sind.

saatkorn.: Welche Branchen sind davon besonders betroffen?
Die betroffenen Branchen haben wir in der Studie nicht untersucht. Aber dafür die Positionen, die am schwierigsten zu besetzen sind. Echte Engpassberufe sind derzeit Facharbeiter und Handwerker. Dies gilt sowohl für Deutschland als auch weltweit. Hier brauchen wir neue Ideen, wie sich auch junge Menschen wieder für diese Berufe begeistern.

An zweiter Stelle der meistgesuchten Positionen stehen Führungskräfte. Viele der Babyboomer gehen bald in den Ruhestand und in den Unternehmen werden noch nicht genügend Nachwuchsführungskräfte entwickelt. Auch an dieser Stelle besteht noch erheblicher Bedarf. Es bieten sich zum Beispiel gezielte Nachwuchsprogramme oder Führungskräfte-Coachings an. Ebenfalls große Nachfrage besteht auch weiterhin bei IT-Fachkräften. Angesichts der voranschreitenden Digitalisierung werden IT-Experten zukünftig noch stärker nachgefragt sein als es bisher der Fall ist.

saatkorn.: Wie wird sich das Thema Fachkräftemangel Ihrer Meinung nach kurz-, mittel- und langfristig weiter entwickeln?
Wenn Unternehmen keine Gegenmaßnahmen ergreifen, wird sich der Fachkräftemangel weiter verschärfen. Diese Entwicklung zeigt schon jetzt unsere Studie im Langzeitvergleich. Je nach Branche und benötigten Fachkräften sind die Unternehmen davon unterschiedlich betroffen. Jedoch lässt sich schon aus heutiger Sicht vorhersagen, dass aufgrund der geringen Geburtenrate in Deutschland immer weniger Erwerbsfähige dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen werden. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung prognostiziert, dass die Zahl der Erwerbsfähigen von derzeit 45 Millionen um rund 8,5 Millionen bis 2030 und weitere 8,7 Millionen bis 2050 abnehmen wird. Ohne Maßnahmen auch seitens der Politik wird es für Deutschland immer schwieriger werden, weiterhin Innovationstreiber zu bleiben. Wir müssen aufpassen, dass wir uns langfristig nicht zum Schlusslicht entwickeln. Jetzt ist die Zeit für die richtigen arbeitsmarktpolitischen Entscheidungen.

saatkorn.: Was empfehlen Sie Unternehmen, um diesen Herausforderungen zukunftsorientiert zu begegnen?

Unternehmen, die nicht auf den Fachkräftemangel reagieren, werden früher oder später das Nachsehen haben und vom Wettbewerb abgehängt. Noch viel zu wenige Unternehmen verfolgen konkrete Strategien gegen den Fachkräftemangel. Aus eigenen Erfahrungen weiß ich, dass viele Unternehmen auf die perfekten Kandidaten warten und so wertvolle Zeit vergeuden. Aber häufig lassen sich diese nicht immer finden. Warum sollten nicht auch Mitarbeiter eine Chance bekommen, die zum Zeitpunkt der Einstellung zwar nicht zu 100 Prozent auf die Stellenbeschreibung passen aber das nötige Potenzial haben. Den Luxus auf perfekte Kandidaten zu warten, kann sich heute kein Unternehmen mehr erlauben. Stattdessen sollten sich Arbeitgeber, passende Strategien überlegen, mit denen sie dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Für bestehendes Personal bieten sich zum Beispiel Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen an. So kann den Mitarbeitern auch im Unternehmen eine Weiterentwicklung ermöglicht werden. Bisher adressieren viele Unternehmen noch nicht gezielt alle verfügbaren Bewerberquellen. So ergeben sich Potenziale bei jüngeren oder älteren Bewerbern, Wiedereinsteigern oder Fachkräften aus dem Ausland.

saatkorn.: Herr Brune, vielen Dank für das Interview.

Die mobile Version verlassen