martin poreda ist geschäftsführer der arbeitgeber-bewertungsplattform kununu. der 33-jährige hat betriebswirtschaft mit schwerpunkt personalwirtschaft studiert – und im anschluss zehn jahre in verschiedenen unternehmen gearbeitet. seine erfahrungen als angestellter und bewerber weckten in ihm den wunsch nach einem internet-tool wie kununu. 2007 setzte der wiener die idee zusammen mit seinem bruder mark in die tat um. mittlerweile ist kununu.com die größte website dieser art im deutschsprachigen raum. kununu bietet arbeitnehmern in deutschland, österreich und der schweiz die möglichkeit, ihren arbeitgeber anonym zu bewerten und dabei verbesserungen anzuregen. bewerber können auf kununu arbeitgeber nach ihren individuellen präferenzkriterien suchen.
martin poreda von kununu zu employer branding und social media
die idee zu kununu fußt auf den erfahrungen, die ich während meiner jobsuche(n) gesammelt habe. als ehrgeiziger „karrierist“, der durchaus eine wahl bei der jobentscheidung hatte, bin ich sehr strategisch – mit hilfe der suchmaschine google – an meine bewerbungen herangegangen. im endeffekt wollte ich mich durch das internet perfekt auf vorstellungsgepräche vorbereiten, mehr über unternehmen bzw. arbeitgeber erfahren und – als ich dann die wahl zwischen mehreren alternativen hatte – die richtige entscheidung für den „passenden“ arbeitgeber treffen. dabei definierte ich einen arbeitgeber als „passend“ aufgrund der gebotenen lohnnebenleistungen, des images des unternehmens und der informationen über das betriebsklima.
gerade beim letzten kriterium konnte mir google keine zufriedenstellenden informationen liefern. mit den jahren wuchs meine unzufriedenheit und ich erzählte eines abends meinem bruder mark davon – am nächsten tag begannen wir mit der arbeit an kununu.com. vier monate später gingen wir online.
saatkorn.: welche stellung nehmen arbeitgeber-bewertungsplattformen, im speziellen kununu, heute im employer branding kontext ein?
stellen sie sich mal folgendes bild vor: tausende potentielle bewerber stehen vor dem eingang einer absolventenmesse und verlangen lautstark nach informationen zu genau ihrem unternehmen. würden sie sich in einem solchen fall nicht auch überlegen, einen messestand zu buchen und ein paar ihrer mitarbeiter abzustellen, die den interessenten über aufstiegschancen, betriebsklima, benefits etc. auskunft erteilen?
hier liefern arbeitgeber-bewertungsplattformen auf zeitgemäße weise einen mehrwert: potentielle bewerber informieren sich aufgrund der stimmen von mitarbeitern über benefits, betriebsklima, stärken und schwachpunkte von unternehmen (als arbeitgeber). unsere besucher suchen ein „mehr“ an informationen, das sie auf karriere-seiten und in imagebroschüren nicht finden.
der ruf nach glaubwürdigen unternehmensinformationen ist mittlerweile so laut geworden, dass bewerber ihre wege finden, um hintergrundinfos zu erhalten, wenn der arbeitgeber dies nicht von seiner seite ermöglicht. hier bieten mittlerweile eine vielzahl web 2.0-plattformen ihre hilfe an – nur ist die qualität dieser inhalte in den wenigsten fällen gesichert. wir bei kununu legen besonderen wert darauf, dass diese qualität stimmt, wir sind keine dampfablass-plattform und legen daher auf regeln und etikette besonderen wert.
kununu im speziellen bietet für das employer branding zwei funktionen: zum einen steht es unternehmen auf kununu offen – mitarbeiter zur bewertung auf kununu aufzufordern und die bewertungen so zu nutzen, um potentielle bewerber anzusprechen.
zum anderen bieten wir direkte marketingleistungen. diese sind von den eigentlichen bewertungen erkennbar als „offizielle stimme“ des unternehmens getrennt und haben auf sie keinen einfluss. unsere marketingleistungen möchte ich wiederum bildlich umschreiben: stellen sie sich eine absolventenmesse-messehalle mit mehr als 20.000 standplätzen vor. dem gegenüber stehen rund 100 unternehmen, die verstanden haben, dass eine präsenz auf der messe von bedeutung ist. was tut also kununu? – wir verweisen von sämtlichen leeren messeständen auf diejenigen unternehmen, die einen messestand haben und ziehen die aufmerksamkeit der besucher auf die aussteller. dadurch bekommt der einzelne aussteller natürlich besonders viel aufmerksamkeit.
saatkorn.: wo sehen sie die bedeutung von arbeitgeberbewertungsportalen, insbesondere kununu in 5 jahren?
wir sehen der zukunft von kununu sehr optimistisch entgegen und freuen uns auf die weiteren entwicklungen im social web. seitdem das internet besteht, sind bewertungsplattformen eine stabile komponente und vollkommen unabhängig von trends und hypes. wie man anhand der kontinuierlich steigenden besucherzahlen von kununu entnehmen kann, decken wir eindeutig ein bedürfnis von bewerbern und jobsuchenden ab. die mitarbeiter von morgen haben „weichgewaschene“ imagesprüche satt und suchen nach authentischen informationen über arbeitgeber.
die heranwachsende generation y – die führungskräfte von morgen – wächst mit bewertungsportalen auf und verwendet diese als natürliche entscheidungshilfe bei produktwahl, urlaubsbuchung und nun auch bei jobwahl. hier liefert kununu eine zeitgemäße plattform, die in der zielgruppe als benutzerfreundlich und authentisch wahrgenommen wird.
saatkorn.: wie gehen sie mit den üblichen vorurteilen gegenüber bewertungsportalen um:
was die qualität von bewertungen auf kununu betrifft, orientieren wir uns an den emails, stimmen, blogbeiträgen unserer zielgruppe und nicht an meinungen unter personalern.
vorurteil #1: es handelt sich in erster linie nicht um „echte“, sondern von unternehmen gesteuerte bewertungen
von unternehmen gesteuerte bewertungen müssten schon sehr geschickt koordiniert werden um die kontrollmechanismen (technische und manuelle) von kununu zu umgehen. wir gelten nicht umsonst als „professionellste“ arbeitgeberbewertungs-plattform, weil wir einerseits die bewertungen sehr streng kontrollieren und zweitens die meinungsabgabe auf kununu in richtung konstruktive kritik „lenken“.
hinzu kommt, dass ein manipulationsversuch sehr kurzfristig gedacht ist. gehen wir mal davon aus, bewerber unterschreiben einen arbeitsvertrag auf basis gefälschter bewertungen auf kununu. schön für das unternehmen, neue mitarbeiter mit hohem potential für sich gewonnen zu haben. aber wie schnell wird sich hier wohl der schleier lüften, dass werteversprechen nicht eingehalten wurden bzw. auch gar nicht eingehalten werden können. das ist ja so ähnlich, als würde sich ihr zukünftiger lebenspartner beim kennenlernen vollkommen verstellen, um in ihr wunschbild zu passen. wie lang kann man diese fassade aufrecht erhalten? und das fazit ist bei beiden situationen: enttäuschung, desillusionierung, womöglich wut und das gefühl betrogen worden zu sein. eine solche erfahrung findet dann auch wieder ganz schnell ihren weg zurück zu kununu.
man darf auch nicht vergessen, dass ein manipulationsversuch im web 2.0 die eigene arbeitgebermarke nachhaltig zerstören kann. die 10 zur manipulation aufgerufenen mitarbeiter gehen nachhause und berichten in deren blogs, twitter oder ihrem facebook account von der aktion. ist schon passiert und ging auch schön in die hose – aber nicht für kununu sondern für das unternehmen!
vorurteil #2: es gibt für viele firmen (noch) zu wenige bewertungen, um sich wirklich ein qualitatives bild zu machen
stimmt! aber:
1. absolut gesehen sind wir im deutschsprachigen raum mit 42.000 bewertungen die mit sehr großem abstand größte plattform dieser art. auch in europa sind wir nach meinem wissensstand der größte anbieter.
2. kununu bietet bereits mehrwert durch die informationen über benefits für mitarbeiter. viele firmen sind sich zudem nicht bewußt, dass aufgrund von selbst nur wenigen bewertungen sehr viele potenzielle mitarbeiter versuchen, sich ein bild über den arbeitgeber zu bilden. das sind oft tausende bei bekannten arbeitgebermarken.
3. an welchem maßstab orientiert sich das „zu wenige“? vor dem zeitalter der bewertungsplattformen konnten nutzer sich dann ein bild aus erster hand über einen arbeitgeber verschaffen, wenn sie über einen bekannten verfügten, der dort schon gearbeitet hatte. aber auch dieser einblick aus dem zeitalter der nicht-digitalen mundpropaganda war äußerst subjektiv. jetzt haben menschen die möglichkeit, sich im internet über eine vielzahl subjektiver arbeitgeber-eindrücke zu informieren – auch ohne dass sie einen bekannten haben mit entsprechenden erfahrungen.
kununu hat die informationssituation für bewerber also eindeutig verbessert. „zu wenig bewertungen“ orientiert sich daher nicht am status quo vor dem kununu-zeitalter, sondern an einem fiktiven wunschbild, am ideal einer objektiven, nutzergenerierten und weitgehend unfehlbaren arbeitgeber-prüfstelle. schön wär’s, das dürfte in absehbarer zeit aber schwierig werden. dennoch bleiben wir an unserem ziel dran, möglichst viele erfahrungen mit arbeitgebern für andere zugänglich zu machen: wir wünschen uns mehr bewertungen. hier arbeitet die zeit für uns: derzeit verzeichnen wir einen zuwachs bei den bewertungen von monatlich 15 prozent. wir rechnen damit, dass diese zahl künftig noch eher zunimmt.
uns von kununu ist es schließlich im grunde genommen egal, wieviele bewertungen zu einem einzelnen arbeitgeber auf kununu zu finden sind – den firmen sollte es wichtig sein, ein repräsentatives arbeitgeberprofil auf kununu zu haben! viele firmen haben dies verstanden und animieren deren mitarbeiter zu (ehrlichen) bewertungen. andere werden in bewerbungsgesprächen darauf angesprochen werden, warum denn nicht mehr bewertungen auf kununu zu finden sind. motto: „haben sie etwas zu verbergen?“
vorurteil #3: es handelt sich eigentlich nur um eine jobbörse, der nutzen als bewertungsportal steht für user nicht so im vordergrund
kununu ist keine jobbörse. auf jobbörsen geht es vordergründig um die besetzung von stellen. auf social media plattformen – und kununu wird zu diesen hinzugezählt – geht es um präsenz, markenaufbau und steigerung der bekanntheit unter potentiellen bewerbern. erst wenn man bekannt ist, generiert man auch bewerbungen.
wir haben erst kürzlich unsere bewerter befragt, wie diese das „tool“ kununu anwenden. als jobbörse sieht kununu kein einziger unserer besucher, sondern vielmehr als ein arbeitgeberverzeichnis, das die suche nach dem passenden arbeitgeber ermöglicht. das herzstück von kununu – die suche – spiegelt diese funktion von kununu wider. hier sucht man nicht (wie auf jobboards) nach tätigkeit bzw. tätigkeitsbereich, sondern nach einem arbeitgeber, der kinderbetreuung, flexible arbeitszeitsmodelle, ein gutes arbeitsklima und den firmensitz im umkreis von 20km vom wohnort bietet.
auf kununu steht das arbeitgeberportrait in all seinen facetten im vordergrund. neben einem ausführlichen profil und fotos vom arbeitsalltag runden die auf kununu platzierten stellenanzeigen ein arbeitgeberportrait ab. die auf kununu eingebundenen stellen erfüllen 2 zwecke: a) das unternehmen signalisiert, dass es wächst, interessante stellen zu besetzen hat etc. und b) soll der weg zur bewerbung so einfach wie möglich gemacht werden. unser preismodell für stelleneinbindung (flat-tarif) ähnelt dementsprechend auch eher einer werbeplatzierung als einer stellenanzeigen-buchung.
saatkorn.: fürchten sie nicht um die glaubwürdigkeit von kununu, wenn unternehmen einerseits bewertet werden und andererseits firmenpräsenzen buchen?
nein. offizielle arbeitgeber-profile sind eindeutig von den nutzergenerierten bewertungen getrennt. das ist eine zusätzliche – und vielleicht auch besonders interessante – stimme im dialog über unternehmen als arbeitgeber. wir wünschen uns die offene aktivität von unternehmen auf kununu. deshalb räumen wir allen unternehmen kostenfrei die möglichkeit ein, einen hr-account zu nutzen, um zu bewertungen stellung zu nehmen.
saatkorn.: welche stärken und schwächen sehen sie bei kununu?
stärken: teamfähigkeit, organisationsgeschick, kommunikationsstärke, gesprächsbereitschaft, kritikfähigkeit, loyalität, durchsetzungsvermögen, anpassungsfähigkeit 🙂
schwächen: überpünktlichkeit, akribische arbeitsweise, detailbesessenheit, neigung zum perfektionismus, ungeduld 🙂
nein – jetzt mal im ernst. an den stärken von kununu wie design, benutzerfreundlichkeit, stabilität und datensicherheit arbeiten wir beständig. wir entwickeln die plattform mit hilfe der vorschläge und wünsche unserer besucher und der unternehmen weiter, die offen für die kununu philosophie sind. die it ist bei uns im haus und ermöglicht ein sehr flexibles und schnelles handeln und umsetzen.
hinzu kommt, dass wir ein „offenes visier“ zeigen. wir sind ansprechbar für unternehmen, bewerber und user und legen viel wert darauf, aufklärungsarbeit zu betreiben. vorbehalte, fragen und kritikpunkte gibt es schon mal. wir haben ein offenes ohr dafür und reisen sogar auf eigene kosten durch deutschland, österreich und die schweiz, um das gespräch zu suchen. welche andere social media plattform tut das noch?
saatkorn.: mit welchen features ist zukünftig auf kununu zu rechnen?
das jahr 2009 war geprägt vom komplett-redesign von kununu. das jahr 2010 steht im zeichen des „users“ und soll zum beispiel eine möglichkeit zur vernetzung unter den bewertern mit sich bringen, karriere-relevante informationen werden forciert und die suche nach dem passenden arbeitgeber soll noch intuitiver gestaltet werden. wir strotzen vor ideen – lassen sie sich überraschen 🙂
saatkorn.: denken sie über strategische partnerschaften mit andern social media plattformen (facebook, xing…) nach?
uns ist sehr wichtig, als gesamtheitliche informationsplattform zu arbeitgebern erkannt zu werden. somit liegt eine noch bessere vernetzung mit anderen plattformen, die ebenfalls unternehmensinformationen beinhalten nahe. erste schritte sind schon getan, indem wir auf wunsch aktuelle twitterfeeds im profil einbinden und auf unternehmens- facebook-präsenzen hinweisen.
wir sind sehr offen für kooperationen mit sozialen netzwerken oder online-jobboards. voraussetzung ist jedoch, dass diese unseren nutzern einen mehrwert bringen.
die bisherige erfahrung zeigt jedoch, dass die von ihnen angesprochenen plattformen eher kooperationsscheu sind.
saatkorn.: lieber herr poreda, ganz herzlichen dank für das interview und weiterhin viel erfolg mit kununu!
weiterlesen:
- saatkorn. rückblick auf tag 1 des recruiting convent 2010
- prof. christoph beck im exklusiven saatkorn. interview zu employer branding heute und in 5 jahren
- saatkorn. interview mit prof. dr. martin grothe zu social media analyse
- twitter timeline zusammenfassung des recruiting convent auf dem recrutainment blog
- employer branding glossar von embrace: erklärung der wichtigsten begriffe