Employer Branding im deutschen Maschinenbau: mangelhaft
Employer Branding im deutschen Maschinenbau
Neue Studie von JobTeaser und Virtual Identity und der Agentur Primus inter pares GmbH zeigt erhebliches Ausbaupotenzial
Ich hatte Gelegenheit, zur Studie (kostenloser Download hier) mit Svenja Rausch von JobTeaser und Amir Tavakolian von Virtual Identity sowie Christoph Salzig von Primus inter Pares zu sprechen. Auf geht’s:
SAATKORN: Svenja und Amir, bitte stellt Euch den SAATKORN Leser:innen doch kurz vor.
Svenja: Gern! Ich verantworte das Marketing und die Kommunikation für JobTeaser im deutschsprachigen Raum. JobTeaser ist als Plattform in die Websites von 700 Hochschulen europaweit integriert und bietet jungen Talenten Orientierung auf dem Arbeitsmarkt. Von der Berliner Startup- Butze, über den seit Jahrzehnten florierenden Mittelständler bis hin zum attraktiven Großkonzern: sie alle buhlen derzeit um junge Arbeitnehmer:innen und JobTeaser schafft die Brücke zwischen suchenden Studierenden einerseits und Arbeitgebermarken andererseits, die sich auf unserer Karriereplattform über Live-Events, Videos und Jobs nur für junge Talente präsentieren.
Amir: Ich leite als Managing Director den Wiener Standort von Virtual Identity, einer der größten eigentümergeführten Digitalagenturen im deutschsprachigen Raum. Wir verwandeln unternehmerische Herausforderungen in digitale Möglichkeiten, indem wir Empathie mit zukunftsweisenden Technologien kombinieren. Wir haben Büros in Freiburg, München, Porto und Wien in denen mittlerweile mehr als 190 Mitarbeiter:innen mit Leidenschaft herausragende digitale Lösungen entwickeln.
Employer Branding im Maschinenbau: Primus inter Pares als Urheber
SAATKORN: Wie kam es zu der Zusammenarbeit zwischen JobTeaser und Virtual Identity?
Christoph: Wir von Primus inter Pares haben hier zwei Kunden zusammengebracht, die in diesem konkreten Fall von zwei unterschiedlichen Seiten an einer ähnlichen Baustelle – dem Thema “Employer Branding” – agieren. Für uns als Kommunikationsdienstleister war es naheliegend, diese beiden losen Enden zusammenzubringen: das Reifegradmodell von Virtual Identity und die Expertise von JobTeaser in Sachen Recruiting im Hochschulumfeld. Die Ergebnisse geben diesem Vorgehen aus meiner Sicht Recht.
SAATKORN: Ihr habt gerade eine spannende Studie zum Employer Branding im deutschen Maschinenbau durchgeführt. Wie war das Setting der Studie?
Christoph: Es war naheliegend eine Branche zu suchen, die seit Jahren über Nachwuchs- und Fachkräftemangel klagt. Mit der Maschinenbaubranche und hier im besonderen mit der Auswahl der laut DDW-Scoringindex wichtigsten, mittelständischen Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau haben wir quasi das “Rückgrat” der deutschen Wirtschaft unter die Lupe genommen. Hier wurden die zentralen digitalen Touchpoints nach unterschiedlichen Kriterien untersucht – vom wichtigsten Karrierenetzwerk LinkedIn über die bei der jungen Generation beliebten Netzwerke Instagram oder TikTok bis zu den Career Centern und der Kooperation mit regionalen Hochschulen.
Die LinkedIn Reifegradanalyse von Virtual Identity
SAATKORN: Die Studie ist in zwei Teile unterteilt: die LinkedIn Reifegradanalyse von Virtual Identity und eine Analyse von JobTeaser zu wichtigen Kanälen um die Generation Z zu erreichen. Amir, was ist die LinkedIn Reifegradanalyse?
Amir: Die Reifegradanalyse ist ein Tool, das Virtual Identity über die vergangenen Jahre entwickelt hat, um Social Media Profile verschiedener Unternehmen in über 100 Kriterien miteinander vergleichen zu können. Die Reifegradanalyse ist branchenübergreifend auf die Kanäle Facebook, Instagram, LinkedIn und YouTube anwendbar. Für die vorliegende Analyse haben wir uns die LinkedIn Kanäle deutscher Maschinenbauer genauer angesehen und ein spezielles Bewertungsschema für HR-relevante Kriterien entwickelt.
SAATKORN: Und wie haben die Unternehmen da abgeschnitten?
Amir: Nicht besonders gut, um es milde auszudrücken. Jedes Unternehmen legt einen anderen Fokus in ihrer Kommunikation – manche (z.B. Arburg) punkten durch gut gemachte Videos und viele Events, andere (z.B. Brückner) legen ein klares Augenmerk auf Employer Branding und Recruiting. Keines der Unternehmen verwendet auch nur die Hälfte aller auf LinkedIn zur Verfügung stehenden Tools und Formate, um professionell zu kommunizieren. Die Job-Funktion etwa fällt bei drei von sieben Unternehmen unter den Tisch. User finden also im Reiter „Jobs“ keine ausgeschriebenen Stellen. Hier herrscht großer Nachholbedarf.
Employer Branding im deutschen Maschinenbau: Erhebliches LinkedIn-Optimierungspotenzial
SAATKORN: Welche Handlungsempfehlungen gibst Du den HR Teams im Maschinenbau mit auf den Weg, Amir?
Amir: Verwendet die Funktionen, die LinkedIn euch zur Verfügung stellt! Jobs sollten im Reiter „Jobs“ zu finden sein – nicht in den Dokumenten oder nur im Feed. Sonst hat es der Algorithmus schwer, Interessent:innen und Anbieter:innen zusammenzubringen.
Lasst auch mal Mitarbeiter:innen zu Wort kommen, die nicht der höchsten Führungsebene angehören: Jobsuchende wollen authentische Einblicke in den Arbeitsalltag von zukünftigen Kolleg:innen – keine Hochglanzbroschüre vom CEO. Hier geht es ganz stark um Glaubwürdigkeit und Augenhöhe. Das hat keines der untersuchten Unternehmen wirklich zufriedenstellend gelöst.
Und macht euch mit den Basics in der Content-Kreation vertraut. LinkedIn bietet etwa mit dem Carousel-Format ein modernes, ästhetisches Format, das die Darstellung eines Themas von unterschiedlichen Blickwinkeln genauso ermöglicht wie das gezielte Platzieren von Links, um User:innen im Markenuniversum zu halten.
Und, weil es hier gut dazu passt: mehr Linkposts, bitte! Fünf von sieben Unternehmen posten keine Link-Posts, sondern stecken den Link in den Postingtext. Das erhöht die Hürden für User:innen, den Content so zu erleben, wie er gedacht war. Jeder extra Click erhöht die Absprungrate.
Media Budget und Anzeigenschaltung: Wer rekrutieren will, muss auf Sichtbarkeit achten. Nur drei von sieben Unternehmen schalten Anzeigen auf LinkedIn. Die organische Reichweite von Postings ist sehr überschaubar. Hier gilt es, ein wenig Geld in die Hand zu nehmen und durch Mediaschaltungen von der Plattform gepusht zu werden.
Die Gen Z: wichtig für Employer Branding im deutschen Maschinenbau
SAATKORN: Svenja, Du hast die Gen Z ja im Hinblick auf verschiedene Social Kanäle nochmal angeschaut. Inwiefern nutzen die Maschinenbauer die relevanten Kanäle eigentlich?
Svenja: Mich hat interessiert, wie sich die „hidden champions“ für die zukünftigen Arbeitnehmer:innen präsentieren. Für die sozialen Medien kann ich pauschal sagen: viel zu wenig und wenn, dann scheint es ohne spezifische Strategie speziell für die Zielgruppe zu passieren. Oftmals werden über die sozialen Medien wie YouTube und Instagram Produkte angepriesen.
TikTok wird für Employer Branding im deutschen Maschinenbau nicht genutzt
TikTok zum Beispiel, der Kanal, der gerade unter der jungen Zielgruppe den größten Boom erlebt, wird von den untersuchten Mittelständlern gänzlich ausser Acht gelassen. Dabei wäre es ratsam, sich hier als offener, moderner Arbeitgeber zu präsentieren, denn die 16 bis 24 Jährigen sind hier täglich 50 Minuten unterwegs.
Unsere letzte Umfrage unter 3.000 Studierenden und jungen Absolvent:innen im September 2021 hat ergeben, dass 41 Prozent der Befragten auf den sozialen Medien nach Arbeitgebermarken Ausschau halten. Interessanterweise haben sechs der sieben untersuchten Mittelständler bei Facebook ein Profil – wahrscheinlich einmal ursprünglich gedacht um die junge Zielgruppe zu erreichen – jedoch muss man sich heute fragen, ob dies noch der richtige Kanal ist, da der Shift gen Tochterunternehmen Instagram sowie TikTok deutlich vielversprechender wären.
Wie schaut es bei TikTok aus? Um es kurz zu machen: Bei TikTok war kein einziger Mittelständler vorzufinden. Wie eben bereits beschrieben, eine vertane Chance, Aufmerksamkeit der Zielgruppe unter 25 zu bekommen.
Instagram bleibt weit hinter den Möglichkeiten zurück
Bei Instagram haben die meisten als Unternehmen eine Präsenz. Leider werden die Möglichkeiten, sich hier als authentisch und dynamisch über Stories und Reels der jungen Generation zu präsentieren, nicht genutzt. Oftmals sind es Feedposts, die zur Präsentation der eigenen Marke und des Unternehmens verwendet werden – klar das kann im Mix auch Sinn machen, wenn es eben für die junge Zielgruppe aufbereitet ist, um einen Überblick über das Unternehmen und sein Wirken zu geben. Dann aber wiederum fehlt die zielgruppenspezifische Ansprache und die Profile wirken oftmals wie ein beliebiger Mix, der in der Tonalität zwischen „Du“ und „Sie“ wechselt.
Auf YouTube nur junge Männer zu sehen
Insgesamt wird die Möglichkeit, sich live und nah zu zeigen, zu wenig genutzt. Das beschriebene Bild bei Instagram und die Flaute bei TikTok setzen sich über YouTube fort: Storytelling mit spannenden Inhalten präsentiert von Azubis oder jungen Arbeiternehmer:innen ist leider nur vereinzelt und nicht stringent vorhanden. Bei dem ein oder anderen Unternehmen gibt es tatsächlich die klare Trennung zwischen Karrierekanal und Produktinformationskanal. Dann wiederum falle ich als Frau doch echt vom Stuhl, wenn ich in den Karrierevideos für den erhofften Nachwuchs ausschließlich junge Männer an Maschinen sehe und nicht eine Frau im Video erscheint. Vielleicht entspricht dies der gelebten Realität – dennoch kann (oder vielmehr muss!) dann gerade hier angesetzt und für mehr Diversität im Unternehmen geworben werden, damit sich das ändert.
Mein Fazit: Mehr „hidden“ als „Champion“ – leider! Aber das kann man ändern! Im War for Talent, der nun ja im vollen Gange ist, ist es relevanter denn je, sich genau zu überlegen WAS man WIE kommunzieren möchte und noch relevanter: WO.
Employer Branding im deutschen Maschinenbau: Mangelhaft
SAATKORN: Und welche Handlungsfelder leitest Du daraus für die HR Teams im Maschinenbau ab, Svenja?
Svenja: Mit der richtigen Employer Branding Strategie, die sich speziell auf den Nachwuchs ausrichtet und dort zum Tragen kommt, wo sie die Zielgruppe auch wirklich erreicht auf den Nachwuchs zugehen. Also in den sozialen Medien und direkt auf dem (digitialen) Campus der (Hoch)schulen. Authentisch kommunizieren können die eigenen Azubis und Berufseinsteiger:innen sowie so am Besten. Teure Hochglanz-Imagefilme sind passé für diese Generation, viel besser wirken TikToks und Reels auf Instagram aus dem Büro, der Kantine, der Produktionsstätte oder vor Ort beim Kunden oder Kundin, um lebendige Eindrücke vom Arbeitsalltag zu vermitteln.
Gleichzeitig kann man mit den (regionalen) Hochschulen in Verbindung treten, die relevante Studiengänge anbieten, um auf die Präsenz auf der Messe, das digitale Recruiting-Event oder das Jobangebot aufmerksam zu machen. Denn: die eigene Karrierewebsite pflegen reicht heute nicht als Mittelstandsmarke. Es gilt auf die junge Zielgruppe zuzugehen und sich in ihrer Lebensrealität zu zeigen – und das sind derzeit (die richtigen) sozialen Medien und der (Hoch)schulcampus.
SAATKORN: Ganz herzlichen Dank für diese Insights zu Employer Branding im deutschen Maschinenbau.
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