EMOTIONAL LEADING – Unsere 5 Grundbedürfnisse oder wie wir die Kraft positiver Emotionen entfesseln – das ist ein spannender Buchtitel, finde ich. Autor Dr. Denis Mourlane schildert im SAATKORN Interview, was er unter Emotional Leadership versteht und hat auch 3 druckfrische Bücher in die SAATKORN Lostrommel gepackt. Auf geht’s:
SAATKORN: Herr Dr. Mourlane, bitte stellen Sie sich den SAATKORN Leser:innen doch kurz vor.
Ich bin 52, verheiratet, wir haben zwei kleine Kinder und wohnen auf einem ehemaligen denkmalgeschützten Bauernhof in Mittelhessen. Mein Name ist Französisch da mein Vater Franzose ist. Meine Mutter ist Deutsche. Ich bin auch in beiden Kulturen groß geworden. Ich habe Klinische Psychologie in Marburg studiert, war dann als Psychotherapeut tätig und bin mit 30 in die Wirtschaft gewechselt. Dort bin ich seit über 20 Jahren als Trainer, Berater und Coach tätig. Meine Schwerpunkte sind die Themen „Führung“ und „Resilienz“.
SAATKORN: Gerade ist ein spannendes Buch von Ihnen erschienen: „Emotional Leading: Unsere fünf Grundbedürfnisse oder wie wir die Kraft positiver Emotionen entfesseln“. Wie ist die Idee zu dem Buch entstanden?
Ich habe vor einigen Jahren ein Buch mit dem Titel „Neuropsychotherapie“ von Prof. Dr. Klaus Grawe gelesen. Dieses Buch hat mich unter anderem deswegen fasziniert, weil Grawe darin sehr sauber und neurowissenschaftlich fundiert, die psychologischen Grundbedürfnisse des Menschen herausarbeitet. Die Befriedigung dieser Grundbedürfnisse durch uns selbst und durch unser Umfeld, ist ein zentraler Schlüssel zu psychischer Gesundheit und zum Glück des Menschen. Dies Lesern in einer populär-wissenschaftlichen Art und Weise, das Buch von Grawe zu lesen ist nicht nur für Laien teils eine echte Herausforderung, zu verdeutlichen, war mein Hauptantrieb, dieses Buch zu schreiben.
SAATKORN: Was ist für Sie Emotional Leading?
Eine der zentralsten Funktionen unserer Emotionen ist es, uns zu zeigen, wie es um unsere psychologischen Grundbedürfnisse steht. Erleben wir negative Emotionen wird eins oder mehrere unserer psychologischen Grundbedürfnisse verletzt, erleben wir positive Emotionen passiert genau das Gegenteil. Emotional Leading bedeutet für mich im Kern zu wissen, dass Menschen psychologische Grundbedürfnisse haben und Dinge zu tun, um diese Grundbedürfnisse anzusprechen. Tun wir dies, werden wir mit positiven Emotionen belohnt. Werden unsere Grundbedürfnisse dagegen verletzt, erleben wir negative Emotionen.
SAATKORN: Um welche fünf Grundbedürfnisse geht es?
Es sind die Bedürfnisse nach Orientierung und Kontrolle, nach Selbstwerterhöhung & Selbstwertschutz, nach Lustgewinn und Unlustvermeidung, nach Bindung und nach Konsistenz, was Sie auch mit Balance übersetzen können. Wenn ein Mensch Orientierung in seinem Leben hat und frei in seinen Entscheidungen ist, wenn sein Selbstwert durch ihn selbst oder durch andere regelmäßig gefördert wird, wenn er viele positive Emotionen erlebt, wenn er starke, unterstützende Verbindungen zu Menschen und insgesamt das Gefühl hat, im Reinen mit sich und seinen Werten zu sein und das sein Leben einen Sinn ergibt, dann ist ein Mensch in der Regel glücklich. Hat er das alles nicht, ist dieser Mensch in der Regel sehr unzufrieden und es erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass er eine psychische Krankheit, wie z.B. eine Depression, entwickelt. In der aktuellen Pandemie wird eine Vielzahl dieser Bedürfnisse verletzt. Daher steigen auch gerade massiv die Anfragen bei deutschen Psychotherapeuten. Vielen Menschen geht es durch die Verletzung ihrer Grundbedürfnisse nicht gut.
SAATKORN: Und warum ist Emotional Leading heutzutage so relevant?
Eigentlich war es das doch schon immer. Auch vor hunderten Jahren hatten Kinder schon ein Bedürfnis nach Bindung oder Selbstwerterhöhung, genauso wie sie die physiologischen Grundbedürfnisse, wie zum Beispiel Nahrung oder Sauerstoff hatten. Wenn man sich das vor Augen führt und gleichzeitig anschaut, wie vor 100 Jahren beispielsweise mit dem Selbstwert oder mit dem Bedürfnis nach Bindung von Kindern umgegangen wurde, wird einem angst und bange. Allerdings glaube ich, dass sich die Bedeutung der Grundbedürfnisse über die Jahrzehnte und Jahrhunderte immer wieder verändert.
Wir leben heute beispielsweise in einer von Dynamik und Komplexität geprägten Welt. Gleichzeitig stehen uns wohlhabenden Westeuropäern fast unzählige Wege, die wir beruflich gehen können, offen. In so einer Welt kann unser Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle schon mal ordentlich ins Wanken geraten.
Was soll ich nur mit meinem Leben anfangen? – Das ist eine Frage, welche wir uns heute viel mehr als noch vor 60 oder 70 Jahren stellen. Damals war unser Weg häufig schon bei der Geburt vorgezeichnet.
Deswegen ist es aus meiner Sicht umso wichtiger, selbst die Fäden in die Hand zu nehmen und zu überlegen, was ich vom Leben will. Die 5 psychologischen Grundbedürfnisse sind dafür ein wunderbarer Kompass.
SAATKORN: Was können Unternehmen tun, um ihre Führungskräfte zum Emotional Leading zu bringen? Und: Kann das eigentlich jede/r?
Ich denke schon, dass das jeder kann, was aber bitte nicht mit der Aussage „Jeder kann Führungskraft werden“ gleich zu setzen ist. Man muss schon Lust auf das Thema Führung und somit auch Emotionales Führen haben. Wir selbst integrieren das Konzept ganz einfach in unserer Führungskräftetrainings und /-coachings. Der Mehrzahl der Führungskräfte ist sich eigentlich nicht bewusst, dass ihre Mitarbeiter psychologische Grundbedürfnisse haben. Erzählt man es ihnen sagen sie „ja klar, das ist doch nichts Neues“. Fragt man sie dann, welche es sind, kann ihnen kaum eine Führungskraft diese korrekt aufzählen (Lacher). Das ist aber sehr bedauernswert, weil Führungskräfte jeden Tag mit ihrem Verhalten positiv und negativ Einfluss auf die Grundbedürfnisse und somit die emotionale Verfassung, also das Wohlergehen ihrer Mitarbeiter*innen nehmen.
Eltern machen das bei ihren Kindern übrigens genauso. Bedanke ich mich bei einer Mitarbeiterin für eine tolle Leistung nehme ich Einfluss auf das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung. Lasse ich einen Mitarbeiter selbst Entscheidungen treffen, nehme ich Einfluss auf sein Bedürfnis nach Kontrolle. All das führt zu positiven Emotionen und nichts ist am Ende des Tages so motivierend, wie der Rückblick auf viele positive Emotionen.
SAATKORN: Wie können HR Abteilungen dabei helfen, gute Grundvoraussetzungen für Emotional Leading zu schaffen?
Sie können das Konzept in ihre Führungsschulungen integrieren und auch ihre Führungsgrundsätze danach ausrichten. Wir wissen aus einer Studie, die wir 2013 gemeinsam mit der Goethe-Universität Frankfurt und der Bertelsmann-Stiftung gemacht haben, dass Mitarbeiter:innen, die so geführt werden, signifikant weniger Burnout-Symptome und psychosomatische Beschwerden haben. Sie haben darüber hinaus ein größeres Gefühl der Leistungsfähigkeit sowie der Zufriedenheit mit ihrer Arbeit und schätzen signifikant häufiger ihre Führungskraft als eine der besten Führungskräfte ein, für die sie je gearbeitet haben.
Emotional Leading scheint also einen sehr positiven Einfluss auf die Gesundheit und die Motivation von Mitarbeitenden zu haben. Ich bin auch nicht alleine mit dieser Ansicht. Parallel nach meinem eigenen Emotional Leading-Modell sind zum Beispiel das PERMA-Modell von Martin Seligman oder das SCARF-Modell von David Rock entstanden und teils wissenschaftlich geprüft worden. Schon an der Anzahl der Buchstaben im Modellnamen sehen Sie, dass sich auch Seligman und Rock mit den fünf psychologischen Grundbedürfnissen des Menschen auseinandersetzen.
SAATKORN: Herzlichen Dank für das Interview zum Thema Emotional Leading – und viel Erfolg mit dem Buch!
Wer jetzt Lust auf das Buch gewonnen hat, kann eines von 3 Exemplaren im SAATKORN Newsletter kommenden Sonntag gewinnen. Viel Glück!
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