Regionalität im Recruiting ist ein super wichtiges Thema, sowohl aus Bewerber- als auch aus Unternehmenssicht. Ich hatte Gelegenheit, hierzu mit Wolfgang Weber, Geschäftsführer von meinestadt.de zu sprechen. Auf geht’s:
saatkorn.: Wolfgang, bitte stelle Dich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.
Mein Name ist Wolfgang Weber und ich arbeite seit über 12 Jahren im Recruiting-Business. Seit Januar 2018 bin ich Geschäftsführer von meinestadt.de und verantworte dort die Themen Marketing und Sales. meinestadt.de bietet den größten Stellenmarkt für Fachkräfte mit Berufsausbildung für alle Städte und Gemeinden Deutschlands.
saatkorn.: Wir sprechen heute über regionales Recruiting. Welche Bedeutung haben die Begriffe „Heimat“ und „Regionalität“ bei der Stellensuche aus Kandidatensicht?
Schon der Blick auf das Gemüseregal im Supermarkt um die Ecke verrät, dass die Menschen ein Bedürfnis nach der Verbindung zu ihrer Region oder Heimat haben. Unsere aktuelle Regionalitätsstudie zeigt, dass Fachkräfte „Heimat“ als ihre unmittelbare Umgebung definieren und ihre Lebensplanung weitgehend an dieser ausrichten. Das schließt den Job natürlich mit ein. Arbeiten in der Nähe des Wohnorts ist unter Fachkräften die Regel: Bei 86 Prozent sind Wohnort und Arbeitsplatz nicht weiter als 30 Kilometer voneinander entfernt, etwa jeder Zweite davon fährt sogar nur bis zu neun Kilometer Richtung Job. Entsprechend klein fällt auch der Radius bei der Jobsuche aus. Die Priorität ist ganz klar: Der Job richtet sich nach der Heimat, nicht umgekehrt.
saatkorn.: Und warum ist Regionalität im Recruiting aus Unternehmenssicht auch relevant?
Unternehmen sollten sich den Umstand bewusst machen, dass Fachkräfte heimatverbunden sind und mehrheitlich in ihrer Region nach einem Job suchen. Das heißt, Arbeitgeber müssen in der Regel das Fachkräfte-Potenzial „vor der eigenen Firmentür“ optimal ausschöpfen. Das mag jetzt erst einmal negativ klingen, aber birgt auch klare Chancen für Unternehmen, sich die entscheidenden Fragen zu stellen – Stichwort Employer Branding: Bin ich aktuell der Arbeitgeber der Wahl in der Region? Was biete ich potenziellen Kandidaten? Wie zufrieden sind meine Mitarbeiter eigentlich und was kann ich dafür tun, ihre Zufriedenheit zu steigern, damit sie das nach außen tragen? Für Fachkräfte aus anderen Regionen brauchen Arbeitgeber gute Argumente und Angebote – das können zum Beispiel Angebote zur Vernetzung in der Region, niedrige Mieten beziehungsweise Immobilienpreise vor Ort oder Umzugs- und Wohnungsbeihilfen sein. Die Deutsche Bahn hat ja kürzlich angekündigt, verstärkt Wohnraum für Mitarbeiter zu schaffen. Das geht in die richtige Richtung. Gerade in Metropolen wie München haben sich die ortsüblichen Mieten mittlerweile zur echten Rekrutierungsbremse entwickelt, zumal sich viele Fachkräfte (wie zum Beispiel in der Pflege) ihren Job auch vor Ort aussuchen können. Die brauchen starke Gründe für einen Ortswechsel.
saatkorn.: Gerade im Mittelstand haben viele Unternehmen einen Standort, der sich in Punkto Attraktivität nicht mit Hamburg, München oder Berlin messen kann. Wie kommen Unternehmen vor Ort an regionale Fachkräfte?
Da geht es im Kern um die gleiche Frage. Unter Mittelständlern in ländlicheren Gegenden sind eine Menge Hidden Champions, die sich vor größeren Unternehmen in den Städten nicht verstecken müssen. Aber sie müssen ihr Potenzial als attraktiver Arbeitgeber auch kommunizieren. Die Botschaft muss sein: Ja, das alles hier ist ländlich, aber eben nicht provinziell – und zum Beispiel für junge Familien höchst attraktiv. Der vermeintliche Standort-Nachteil kann auch zum Vorteil werden, wenn man sich mit seiner Region und den Wünschen und Bedürfnissen seiner Zielgruppe auseinandersetzt. Unsere Studie zeigt, dass die Mehrheit der Fachkräfte, die auf dem Land oder in einer Kleinstadt wohnen, von den Vorzügen des Landlebens überzeugt ist. Sie möchten gar nicht in die Großstadt ziehen und ganz ehrlich: müssen sie auch nicht. Wie schon gesagt können sich Fachkräfte in Mangelberufen wie Altenpfleger, Busfahrer oder Handwerker ihren Arbeitsplatz inzwischen aussuchen – auch in der eigenen Region. Für Unternehmen hört das Recruiting daher nicht bei der Stellenanzeige auf, es muss ganzheitlicher betrachtet werden – egal, ob man Fachkräfte in der Region oder von weiter weg ansprechen möchte.
saatkorn.: Wenn Fachkräfte regional suchen, ist dann nicht die lokale Tageszeitung der richtige Ort, eine Stellenanzeige zu schalten?
Das ist nur zum Teil richtig. „Lokal“ und „digital“ sind heute kein Widerspruch mehr. Wir schauen ja auf dem Smartphone auch nach möglichen Events im eigenen Ort, wie der Italiener ums Eck bewertet wurde oder checken das lokale Kinoprogramm. In dieses Suchverhalten reiht sich die Jobsuche ein. OnlineJobbörsen sind aktuell das Mittel der Wahl für den größten Teil der Fachkräfte mit Berufsausbildung, insbesondere für die Jüngeren, wie unsere Regionalitätsstudie zeigt: 81,7 Prozent der 25-34-Jährigen suchen in Online-Jobbörsen. Für das Recruiting von Fachkräften nimmt die Bedeutung von OnlineAngeboten also absehbar weiter zu. Selbst wo Printanzeigen aktuell in der Gewinnung von Fachkräften noch eine Rolle spielen, sollten Arbeitgeber unbedingt parallel online schalten. Nur so können sie das gesamte Potenzial ausschöpfen.
saatkorn.: Welche Angebote hat meinestadt.de für das regionale Recruiting von Fachkräften?
Wir setzen bundesweit regional und digital an und entsprechen damit genau dem Suchverhalten der Fachkräfte. Auf meinestadt.de finden Fachkräfte mit Berufsausbildung attraktive Jobs in allen 11.000 Städten und Gemeinden Deutschlands. Mit unserer Job-App vereinfachen wir die mobile Jobsuche und Bewerbung und holen damit die Zielgruppe dort ab, wo und wie sie sucht: in ihrer näheren Umgebung und mit dem Smartphone. Letzteres ist besonders wichtig, da 76 Prozent der Fachkräfte das Smartphone heute als bevorzugtes Gerät für die Jobsuche nutzen (Mobile-Recruiting Studie von meinestadt.de). Das heißt, mobil optimierte Stellenanzeigen und Karriere-Websites sowie neue, zeitgemäße Formen der Bewerbung sind Voraussetzung, um im regionalen Wettbewerb geeignete Fachkräfte zu finden. Unsere Direktbewerbung beispielsweise vereinfacht potenziellen Mitarbeitern den Bewerbungsweg und erleichtert Personalverantwortlichen die Bewerberauswahl. Fünf stellenrelevante Fragen ermöglichen es, eine effiziente Vorauswahl geeigneter Kandidaten zu treffen. Auch die Komplettbewerbung von meinestadt.de ist eine Möglichkeit, Hürden abzubauen und schneller zum passenden Mitarbeiter zu finden. Sie ersetzt die klassische E-Mail-Bewerbung und bietet potenziellen Bewerbern einen komfortablen und sicheren Weg, sich ausführlich, aber den Möglichkeiten des mobilen Geräts entsprechend, über ihr Smartphone zu bewerben.
saatkorn.: Welche Botschaften in Stellenanzeigen sind für Fachkräfte mit Berufsausbildung besonders überzeugend?
In Stellenanzeigen werden häufig immer die gleichen Versprechen von glanzvollen „Karrieren“ in „international führenden“ Unternehmen gemacht. Das mag Akademiker ansprechen, aber geht an den Bedürfnissen der allermeisten Fachkräfte mit Berufsausbildung völlig vorbei. Sie lassen sich von abgedroschenen Phrasen wie „Freuen Sie sich auf eine spannende, vielseitige und verantwortungsvolle Tätigkeit” nicht sonderlich beeindrucken. Fachkräfte möchten statt des üblichen Blablas lieber von ehrlichen Vorzügen lesen, die ihnen Sicherheit vermitteln. Da zählen Argumente wie „pünktliche Gehaltszahlung”, „langfristige Beschäftigung” oder „Weihnachts- und Urlaubsgeld”. Auch Sprüche wie „Ihrer Karriere stehen alle Türen offen“ laufen bei Kranken- und Gesundheitspflegern sowie bei Fachlageristen ins Leere. Um herauszufinden, ob Fachkräfte wirklich nach einer „anspruchsvollen Herausforderung mit Perspektive“ oder „einer Position mit großen Gestaltungsmöglichkeiten“ suchen, sollten Unternehmen die eigenen Mitarbeiter befragen. Ob aus Produktion, Buchhaltung oder IT – sie sollten am besten wissen, was sie antreibt.
saatkorn.: Wolfgang, herzlichen Dank für das Interview rund um Regionalität im Recruiting!