Gerade ist im aktuellen STERN die Studie „Deutschlands Unternehmen mit Zukunft“ erschienen, die der STERN gemeinsam mit TERRITORY Embrace durchgeführt hat. Direkt gratulieren kann man adidas, der Sparda Bank und Pascoe Naturmedizin – alle drei Unternehmen haben in der Studie ausgezeichnet abgeschnitten. Neben Digitalisierung und unternehmerischem Fokus geht es dabei mit den Dimensionen Arbeitgeberprofil und Demografiemanagement auch um zwei HR-Themen, die bewertet wurden. Für den Bereich Demografiemanagement ist Professorin Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability, Ludwigshafen, Beirätin der Studie. Ich habe mit ihr darüber gesprochen, warum dieses Thema so wichtig ist- und doch noch nicht in allen Personalabteilungen angekommen ist.
saatkorn.: Liebe Jutta, bitte stelle Dich den saatkorn.-Leserinnen und Lesern doch kurz vor.
Mein Name ist Jutta Rump. Ich bin Professorin für allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Internationales Personalmanagement und Organisationsentwicklung an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft in Ludwigshafen. Zudem leite ich das Institut für Beschäftigung und Employability IBE, welches der Hochschule angeschlossen ist.
saatkorn.: Du bist in der aktuellen STERN-Studie „Unternehmen mit Zukunft“ Beirätin für den Bereich Demografiemanagement. Warum ist aus Deiner Sicht das Thema Demografie so wichtig im Kontext Zukunftssicherheit für Unternehmen?
Die demografische Entwicklung ist unbestritten einer der zentralen Megatrends. Die Arbeitswelt wird durch diese Entwicklung erheblich beeinflusst. Zu nennen sind die Alterung der Belegschaften, die Verlängerung der Lebensarbeitszeit, der Engpass an Nachwuchskräften sowie der Mangel an Fachkräften (zumindest in bestimmten Berufen, Branchen und Regionen). Gut ausgebildetes Personal – egal welchen Alters – wird zu einem knappen Gut. Immer dann, wenn etwas zu einem knappen Gut wird, ändern sich Machtpositionen auf den relevanten Märkten, was zu einer wichtigen strategischen Verankerung in der Unternehmenspolitik führen muss.
saatkorn.: Wie schneiden die Unternehmen denn in diesem Bereich ab?
Im Moment lassen sich die Unternehmen in drei Drittel teilen: ein Drittel beschäftigt sich mit der Thematik und implementiert ein Demografie-Management, ein Drittel redet darüber, tut aber wenig und ein Drittel blendet das Thema immer noch aus. Das ist eine fatale Entwicklung, denn der nächste Megatrend steht vor der Tür: die Digitalisierung.
saatkorn.: Hat Dich das schlechte Abschneiden vieler Unternehmen im Vergleich zu anderen Dimensionen in der Studie überrascht? Meist sind die Unternehmen, die an solchen Studien teilnehmen, ja eher Vorreiter. Wird das Thema letzten Endes noch immer nicht richtig gewichtet?
Wir haben die Messlatte sehr hoch gelegt, nicht zuletzt um die Bedeutung des demografischen Wandels und des Demografie-Managements sichtbar zu machen. Zudem war uns wichtig, die Vielfalt der Demografie-Effekte sowie die Diversität der Handlungsebenen aufzuzeigen. Die Studie zeigt, dass sich viele Unternehmen auf den Weg gemacht haben, aber eher noch in den tradierten Kategorien denken und handeln.
saatkorn.: Welche Maßnahmen im Demografie Management sind denn bei den Teilnehmern schon weit verbreitet? Und was würdest Du empfehlen, auszubauen?
Weit verbreitet sind Altersstrukturanalysen, Rekrutierung von Nachwuchs, Attraktivität als Arbeitgeber, Gesundheitsmanagement, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.
Handlungsgebedarf besteht vor allem bei der Zielgruppenbetrachtung: Es geht bei Demografie-Management, nicht nur um die Jüngeren, sondern auch um die Älteren und um die sogenannten „Mittelalten“. So finden wir wenige Konzepte zu alternsgerechter Personalentwicklung und zu alternsgerechter Arbeitsorganisation sowie Werdegangsgestaltung. Die mittlere Generation wird vielfach komplett ausgeblendet. Sie sollen „funktionieren und das Tagesgeschäft am Laufen halten“. Angesichts der Sonderbehandlungen für die Jüngeren und Älteren eine besorgniserregende Entwicklung in Bezug auf deren Gesundheit und Motivation.
saatkorn.: Gerade Unternehmen mit einer eher jüngeren Belegschaft haben das Thema vielleicht noch gar nicht auf dem Schirm. Sollten diese sich trotzdem damit beschäftigen und wenn ja, warum? Hast Du konkrete Tipps, mit welchen Maßnahmen Unternehmen starten können, die sich bisher nicht mit Demografiemanagement beschäftigt haben?
Jedes Unternehmen muss die demografische Entwicklung auf dem Schirm haben, denn wenn die Gesellschaft und der Arbeitsmarkt davon betroffen ist, wird dieser Wandel über kurz oder lang auch Betriebe einholen, die derzeitig noch eine junge Belegschaft haben. Mein Tipp ist: Regelmäßig Altersstrukturanalysen machen und gleichzeitig eine strategische Personalplanung implementieren.
saatkorn.: Liebe Jutta, herzlichen Dank für diese Einblicke in die stern Studie „Deutschlands Unternehmen mit Zukunft“ und hier insbesondere in das Themengebiet Demografie!
Einen ausführlichen Bericht findet Ihr im stern Magazin und hier online.