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Das Interview zum Aufschrei: Prof. Dr. Thorsten Petry zum HR-Blog Ranking

Das Interview zum Aufschrei: Prof. Dr. Thorsten Petry zum HR-Blog Ranking

Im neuen Personalmagazin ist der Stein des Anstoßes zu finden: die Titelstory dreht sich um die deutsche HR-Blogger Szene und im Heft findet man dann gleich auch noch 2 Rankings: die besten deutschen HR-Blogs und ein Ranking der besten Blogs im internationalen Vergleich. Eine recht oberflächliche Zusammenfassung dazu hier, die Details dann nachzulesen im aktuellen Personalmagazin in Printform mit den Absendern Wiesbaden Business School, Prof. Dr. Thorsten Petry und Personalwerk GmbH. 

So weit erstmal nichts Besonderes, denkt man. Auch ich wurde vor ein paar Wochen telefonisch zu dem Thema interviewt, allerdings ohne zu wissen, dass auch Personalwerk mit im Boot ist.

Das Ranking selbst hat mich zunächst aufgrund der guten saatkorn.-Positionierung gefreut (#2 in Deutschland) und dann verwundert (saatkorn. #1 international?! Kenk letzer?! wollmilchsau abgeschlagen?! wo ist soziales Brand: Marken?!). Aber: so ist das nun mal mit Rankings. Habe mich in meiner eigenen Personalerzeit oft genug über Trendence, Universum & Co geärgert. Später dann eigene Rankings gemacht und Ärger bekommen. 🙂 Rankings bedeuten nun mal: Aufmerksamkeit und auch Knatsch. 

Bei mir ist das ganze Thema dann erst 2 Tage später wieder aufgeschlagen – und zwar im facebook-Stream von den geschätzten wollmilchsau Kollegen. Schon merkwürdig, dass da teilweise gefragt wird, wen so ein Ranking überhaupt interessiert, dann aber gefühlte 150 Kommentare dazu abgegeben werden. Also zunächst mal Volltreffer. Mitten im Sommerloch bekommt das Personalmagazin die deutsche HR-Bloggerszene ordentlich in Wallung. Eine lesenswerte Zusammenfassung dazu liefert Marcus Reif in seinem Blog unter der Überschrift „Der #Aufschrei auf facebook“. 😉

Hier ein kurzer Blick auf wollmilchsau, um für die wenigen, die es noch nicht kennen, eine Grundlage zu schaffen:

 

Ich habe daraufhin das getan, was ich eigentlich immer mache: einfach mal direkt nachfragen, nämlich bei demjenigen, der am Besten Antworten auf diverse Fragen geben kann: Dr. Thorsten Petry von der Wiesbaden Business School (danke an Jo Diercks für das Telefonat und ergänzende Fragen!).  Denn eine Story ist das Thema nun allemal. Also, auf geht’s:

saatkorn.: Dr. Petry, bitte erläutern Sie den saatkorn. LeserInnen doch das „HR-Blog“-Ranking. Welche Ziele wurden damit verfolgt, was war das Set-Up, wie wurden die Blogs ausgewählt?
Gerne. Wichtig zu betonen ist mir, dass es um eine Analyse (nicht Ranking) von HR-Blogs – zum einen Deutsche, zum anderen Internationale – ging. Adressat der Studie sind Personaler (nicht die Blogger, es geht nicht um einen Award für HR-Blogs o.ä.), die sich bisher wenig mit Blogs beschäftigt haben, überlegen dies zu tun, aber nicht wissen, was Blogs überhaupt leisten und welche Blogs denn (für wen) empfehlenswert sind.

Ziel war es daher, 1. zu ermitteln welche Stärken und Schwächen Blogs gegenüber anderen Informationsmedien haben und 2. zu analysieren, was besonders gute Blogs sind (siehe den 2. und 3. Beitrag im Personalmagazin).

Die 2. Frage war der Hauptteil, hierfür wurden 15 dt. bzw. 14 internationale Blogs über die in den Artikel beschriebenen Schritte ausgewählt und anhand von vorab genau festgelegten Kriterien, Kriteriengewichtungen und Ausprägungen analysiert. Blogs sind hier natürlich super, weil alle Infos öffentlich zugänglich sind. Analysiert wurden die Blogbeiträge im Zeitraum im Zeitraum 01.10.2012 bis 28.02.2013. Als Add-On haben die Studentinnen sogar noch Interviews mit den meisten Bloggern geführt, um die „Branche“ noch besser zu verstehen.

Es sei angemerkt, dass durch das gewählte Verfahren der Nutzwertanalyse und das systematische Vorgehen mit vorab definierten Kriterien sowie Bewertungsstufen zwar eine methodische Objektivität gewährleistet ist, eine solche Bewertung aber natürlich nie frei von Subjektivität sein kann. Letzten Endes erfolgt über die Auswahl und Gewichtung der Kriterien eine „Objektivierung“ von zum Teil durchaus subjektiven Güteeigenschaften.

saatkorn.: Was sind aus Ihrer Sicht die interessantesten Ergebnisse des Rankings? – Gab es Überraschungen?
Letztlich lautet die Kernaussage des gesamten Personalmagazin-Titels, dass HR-Blogs absolut ihre Berechtigung als Informationskanal haben und es etliche gute deutsche Blogs gibt. Das war für mich weniger überraschend, für den Leser ist es das vielleicht schon.

Für mich persönlich: Ich kannte die Blogs vorher mehrheitlich, hatte mich aber nicht mit allen tiefer auseinander gesetzt. Ich hatte ein paar Favorites, die ich intensiver gelesen habe und habe ansonsten eher Überschriften verfolgt (gerne über http://www.wollmilchsau.de/top-hr-blogs-recruitingblogs/ ). Von daher hatte ich zu Beginn ein durchaus verschwommenes Bild, genau wie wohl viele Personaler. Ich war somit auch persönlich daran interessiert, hier mal mehr Transparenz zu bekommen. Natürlich hatte ich auf meinem verschwommenen Bild auch eine gewisse Erwartung, was wohl die Top 5 sein würden.

Die Studie gab dann aber – Überraschung – ein (nicht fundamental aber doch) etwas anderes Bild. Zunächst war ich bei ein paar Analysen skeptisch und habe das natürlich überprüft, musste aber feststellen, dass die Studentinnen echt gute Arbeit geleistet haben. Beim Design z.B. kann man natürlich streiten, aber das war alles vollkommen nachvollziehbar und im Rahmen der kleinen Freiheitsgrade die die Kriterien lassen absolut korrekt. Und auf diese Weise habe ich jetzt 2-3 Blogs auf dem Radar, die ich bisher nicht so im Fokus hatte. Von meinen 1-2 Favoriten, die es von den Punkten nicht in die Top 5 geschafft haben, lasse ich mich aber natürlich davon nicht abbringen. Es geht ja auch um die subjektive Beziehung. Und, wie wir ja mehrmals im Artikel schreiben, müssen letztlich die persönlichen Präferenzen des jeweiligen HRlers entscheiden.

Die größte Überraschung war für mich der internationale Vergleich. Die deutschen Blogs waren hier richtig richtig gut.

saatkorn.: Woran liegt das Ihrer Meinung nach? – Meine Vermutung wäre gewesen, dass insbesondere in den USA Vorbilder zu finden wären?!
Ja, genau. Wie geschrieben kommt das vergleichsweise schwache Abschneiden der US-Blogs überraschend. Die Vielzahl der dortigen Blogs ließ vermuten, dass hier auch die besten HR-Blogs zu Hause sind. Die untersuchten Blogs sind z.T. extrem einseitig auf die Darstellung der eigenen Position fokussiert und erschlagen den Leser mit einer wahren Flut von Blogeinträgen. Hier gilt scheinbar „Masse statt Klasse“. Es ist kaum möglich, über die Überschriften hinaus die Blogs zu verfolgen.

In Summe sind die deutschen Blogs im internationalen Vergleich außergewöhnlich gut, das hätte ich so extrem nicht unbedingt erwartet.

saatkorn.: Die Beurteilungskriterien der Nutzwertanalyse würde ich gern hinterfragen. So wird bspw. Neutralität positiv bewertet, obwohl es doch eigentlich ein großer Vorteil von Blogs ist, dass sie klar Position beziehen können und eben nicht neutral sein müssen. Oder eine hohe Dichte an Veröffentlichungen („Quantität“) wird negativ bewertet, obwohl es doch höchst subjektiv ist, was eine „richtige“ Menge an Information ist. Basieren die Kriterien und deren Gewichtung auf irgendeiner anerkannten wissenschaftlichen Theorie oder sind diese auf reinen Plausibilitätsüberlegungen entstanden?
Die Auswahl und Gewichtung der Kriterien orientiert sich am „typischen Personaler“. Wie gesagt ist durch das gewählte Verfahren der Nutzwertanalyse und das systematische Vorgehen mit vorab definierten Kriterien sowie Bewertungsstufen zwar eine methodische Objektivität gewährleistet, eine solche Bewertung ist aber eben nie frei von Subjektivität. Letzten Endes erfolgt über die Auswahl und Gewichtung der Kriterien eine „Objektivierung“ von zum Teil durchaus subjektiven Güteeigenschaften.

Bzgl. Neutralität: Unsere Adressaten sind ja typische Personaler, die sich zunächst einmal Informationen beschaffen wollen. Für diese ist Neutralität (gemessen über die Ausprägungen unten) natürlich wichtig.

Das bedeutet aber nicht, dass alle Blogs neutral sein müssen. Das Ziel eines Bloggers muss es ja nicht sein, in erster Linie zu informieren, sondern es kann auch darum gehen, primär Meinung zu äußern. Dann ist der betreffende Blog aber eben weniger als erste Anlaufstelle für unsere Adressaten zu empfehlen (bedeutet ja nicht, dass er „schlecht“ ist).

Bezüglich Quantität: Die gewählten Ausprägungen bzgl. Quantität (s.u.) beruhen auf Gesprächen mit Personalern und Plausibilitätsüberlegungen.

Der gewählte Ansatz zielt darauf ab, die Präferenzen eines typischen Personalers (i.d.R. kein Mitglied der Blogger-Community der sich hier ständig und intensiv bewegt) möglichst gut wider zu spiegeln, wird aber sicherlich nicht die individuellen Vorlieben jedes Einzelnen treffen können. Ich denke schon, dass der gewählte Ansatz unseren Adressaten ganz gut trifft, aber die Einschätzung einer optimalen Anzahl von Blogbeiträgen pro Monat kann natürlich sehr unterschiedlich beurteilt werden. Deshalb gilt, wie schon gesagt und zweimal im Beitrag geschrieben, dass die Analyse (nur) ein Hilfsmittel ist, dass dem weniger bewanderten Leser eine guten Einblick liefert, sich letztlich jeder Leser aber selbst aufgrund seiner subjektiven Präferenzen für die zu ihm passenden Blogs entscheiden muss. Die angewandte Methode ist so variabel, dass jeder Leser eine individuelle Anpassung der Nutzwertberechnung vornehmen kann.

saatkorn.: Aus meiner Sicht hinterlässt die Art und Weise der Datengewinnung und auch die Beteiligung der Agentur Personalwerk an der Studie einen schalen Beigeschmack. Bei der Befragung der Blogger war seinerzeit nur von einer „Bachelorarbeit an der Wiesbaden Business School“ die Rede. Dass dahinter auch Personalwerk steht und wenn ich es jetzt richtig verstanden habe sogar die Initiative für die Studie von dort ausging, wurde nicht kommuniziert – weder bei der Befragung noch zu einem späteren Zeitpunkt. Personalwerk steht aber ja nun als Personalmarketingagentur in zum Teil direktem Wettbewerb mit einigen der hinter den bewerteten Blogs stehenden Unternehmen. So hat Personalwerk nun im Prinzip einen exklusiven Blick in die Motive und Schwerpunktsetzung der verschiedenen Blogs erhalten, ohne dass dies klar kommuniziert wurde. Das ist aus meiner Sicht weder guter Stil noch wissenschaftlich sauber. Wie ist es dazu gekommen – oder ist mein Eindruck hier falsch?
Bezüglich der Datengewinnung ist zu sagen, dass es sich um eine Analyse von Blogs handelt, die ja alle öffentlich zugänglich sind. Von daher war die Gewinnung der Daten für die Analyse der Blogs selbst zwar viel Aufwand für die Studentinnen, aber im Prinzip sehr einfach. Daran kann meines Erachtens nichts auszusetzen sein. Zusätzlich haben die Studentinnen eigenständig noch Interviews geführt, um die Branche besser zu verstehen, was ich super finde. Die standen aber nicht im Fokus der Analyse der Blogs selbst und haben dafür ja auch wenig Input geliefert. Es ist kein Interviewstudie, sondern eine Analyse öffentlicher Blogs.

Dass die Kooperation mit Personalwerk irgendwie problematisch sein könnte, habe ich völlig unterschätzt. Scheinbar gibt es hier bei ein paar Bloggern große Ressentiments. Wenn mir das bewusst gewesen wäre, hätte ich darauf hinweisen müssen, dass die Studentinnen das in jedem Gespräch unbedingt sagen sollen. Wenn ich es nochmal zu tun hätte, würde ich das machen. Aber ich habe Personalwerk nicht als Konkurrent gesehen – und tue mich ehrlich gesagt nach wie vor schwer damit, zu verstehen wo genau die Unzufriedenheit herkommt.

In meiner Einschätzung sollte die Studie mehr Personaler an das Thema HR-Blogs heranführen und ihnen einen leichten Einstieg in die Blogosphäre liefern. Ich erwarte, dass alle (gelisteten) HR-Blogs dadurch insgesamt mehr Leser bekommen. Sicherlich werden die besser bewerteten Blogs mehr Leser hinzugewinnen, aber meines Erachtens sollte kaum ein Blog Leser verlieren. Warum sollte sich jemand von einem Blog auf Platz 10 oder 12 oder 15 abwenden, wenn er bis jetzt damit zufrieden war und sich dort „wohl fühlt“? Ich z.B. bleibe ja auch meinen liebgewonnenen Favs treu.

Von daher tut die Studie – und damit auch Personalwerk – der Blogger-Community als Ganzes doch was Gutes  … dachte ich zumindest. Exklusiv ist der Blick in die Branche nicht, weil die Studie ja veröffentlicht wurde. Und es gab auch keinerlei Wünsche nach einem Sperrvermerk oder ähnlichem, d.h. es steht den Studenten ja frei, die Thesen oder Auszüge daraus zu veröffentlichen.

saatkorn.: Ein in der Studie deutlich betonter Aspekt ist, dass die Hälfte der Blogs ja von Dienstleistern betrieben werden, die mit dem Blog auch letztlich kommerzielle Ziele verfolgen. Beim Leser bleibt so ein wenig der Eindruck: „Vorsicht, die wollen doch nur was verkaufen!“ Personalwerk als natürlich ebenso gewinnorientiertes Unternehmen stellt sich hingegen als „neutraler Absender“ einer wissenschaftlichen Studie dar, verfolgt aber genau damit natürlich auch kommerzielle Interessen. Auch das erscheint mir – wie die Rolle, die Personalwerk hier insgesamt gespielt hat – sagen wir mal „unglücklich“. Wie ist Ihre Sicht zu diesem Thema?
Wichtig ist es zu betonen, dass die Analysen der Blogs einzig und alleine durch die Studentinnen erfolgt sind. Hier hat Personalwerk – gleiches gilt für mich – nicht eingewirkt. Es ist eine Studienarbeit, so steht es ja auch im Artikel. Deshalb ist die Analyse „neutral“. Personalwerk war „lediglich“ der Ideengeber für die Thesen und hat damit meines Erachtens auch eine Berechtigung, an einer Veröffentlichung zu partizipieren und als Autor genannt zu werden. Ohne die Idee von Personalwerk, gäbe es die Studie nicht.

Ich hoffe übrigens nicht, dass der in der Frage genannte Eindruck entstanden ist. Ich wollte das so nicht ausdrücken und hatte geschrieben „Und bei dem einen oder anderen Beitrag [also nicht bei allen, sonst wäre ja die Neutralität ja auch immer schlecht ausgefallen] wird schnell klar, dass über den ein oder andern Blog Geschäft generiert werden soll. Das ist legitim [!] sollte dem Leser aber bewusst sein.“.

Dass Personalwerk mit einem solchen Beitrag auch auf sich aufmerksam macht, ist natürlich richtig. Auch hier gilt: „Das ist legitim [!] sollte dem Leser aber bewusst sein.“

Bezüglich Ihrer Frage ob das „unglücklich“ war, bin ich in Summe zweigeteilt. Auf der einen Seite gibt es ja scheinbar Ressentiments, da hätte man feinfühliger sein müssen (auch wenn Personalwerk keine HR-Blog betreibt) und die Studentinnen darum bitten sollen, den Praxispartner in jedem Gespräch das sie im Rahmen ihrer Thesis führen zu nennen, auch wenn es für die Studentinnen und ihre Arbeit keine Rolle gespielt hat. Auf der anderen Seite empfinde ich es nach wie vor als sinnvoll, dass wir an der Fachhochschule versuchen, Themen und Fragestellungen aus der Praxis abzuholen und Arbeiten in Kooperation mit Unternehmen zu schreiben. Das empfinde ich als richtig und werde das natürlich auch weiterhin so machen. Und ich hoffe, dass sich andere Praxispartner aufgrund der Diskussion nicht davon abschrecken lassen, auch zukünftig Studenten in Thesen zu unterstützen.

saatkorn.: Auf den Social Media Plattformen wird das Ranking natürlich heiß diskutiert. Warum wurde als Format ein Ranking gewählt und nicht ggf. eine Übersicht der verschiedenen HR-Blogs?
Das Ziel war es ja, für unseren Adressanten (s.o.) eine größere Transparenz zu bekommen, welche Blogs für ihn als Informationsmedium besonders interessant sind. Hierfür gibt es Kriterien und da bietet sich eine Nutzwertanalyse natürlich an (und ist als Thesis auch herausfordernder als eine reine Beschriebung). Eine Übersicht hätte dies so auch nicht leisten können, das wäre eine andere Forschungsfrage. Ob da am Ende noch Rankingzahlen drunter stehen sollten oder nicht, kann man so oder so sehen. Für die Aufmerksamkeit sind die Positionszahlen sicher hilfreich. Dass eine Studienarbeit jetzt so viel Aufmerksamkeit erzeugt, hätte ich allerdings nicht erwartet.

saatkorn.: Herr Prof. Dr. Petry – vielen Dank für das Interview!

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