Buchverlosung: Macher, Querdenker, Revolutionäre
Buchverlosung: Macher, Querdenker, Revolutionäre. Vor langer Zeit hatte ich schon mal einen vielbeachteten saatkorn. Artikel rund um das Seminar „Rockstar für 1 Tag“. Der Macher dahinter ist der Autor und Management-Trainer Dr. Jan Pierre Klage. Er hat gerade sein lesenswertes Buch „I did it may way! – Geschichten von mutigen Machern, Querdenkern und Revolutionären“ veröffentlicht. Grund genug für ein Interview (und eine Buchverlosung). Auf geht’s zur
Buchverlosung: Macher, Querdenker, Revolutionäre
saatkorn.: Bitte stellen Sie sich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.
Ich war mehr als 20 Jahre in Führungspositionen der Verlagsbranche tätig. Einer Branche, die von der disruptiven Kraft der Digitalisierung voll erwischt wurde und bis heute keine tragfähigen Antworten auf die veränderte Situation gefunden hat.
Nach meinem selbstgewählten Ausstieg habe ich mich vor einigen Jahren als Unternehmensberater, Managementtrainer und Innovationsforscher selbstständig gemacht. Als Blogger, Buchautor und Lehrbeauftragter an zwei deutschen Hochschulen gehe ich dabei nahezu jeden Tag auf die Suche nach den Bedingungen, unter denen Querdenken möglich wird und neue Ideen entstehen können.
saatkorn.: Kürzlich haben Sie Ihr neues Buch, „I did it my way – Geschichten von mutigen Machern, Querdenkern und Revolutionären“ veröffentlicht. Wie sind Sie auf die Idee zu dem Buch gekommen?
Die Idee zu diesem Buch wurde vor einigen Jahren in einem irischen Pub in Manila geboren. Ich war auf einer Geschäftsreise durch die Philippinen und fing ein Gespräch am Tresen an. Der Mann neben mir war Ire und pendelte zwischen London und den Philippinen und arbeitete als Rechtsanwalt – und als Tauchlehrer. „Nicht, weil ich das eine mit dem anderen finanzieren müsste“, sagte er, „sondern, weil ich beides einfach gut kann. Aber vor allem aber auch, weil mir der ständige Wechsel zwischen den Welten hilft, die Freude an beidem zu behalten.“ Das ist es, dachte ich mir: Man muss sich gar nicht entscheiden, das reden einem nur die Leute ein. Beides geht, alles geht: „sowohl als auch“ statt „entweder oder“. Tauchlehrer und Rechtsanwalt; Manila und London. Alles ist möglich. Geht nicht, gibt’s eben nicht. Geht höchstens schwer. Kein übernommener Glaubenssatz, sondern eine hart erarbeitete Haltung, die mir einer meiner ersten Chefs schon früh mit auf den Lebensweg gab. Und der Titel meines Buches deutet es an: Es gibt tatsächlich viele Wege zum Ziel. Wege, die sich meistens allerdings erst zeigen, wenn es gelingt, den sprichwörtlichen Fuß einmal von der Bremse zu nehmen und die vermeintliche Ideallinie zu verlassen. Das kann zu großartigen Resultaten führen. Die Zutaten dafür? Mut, Optimismus, Kreativität, Erfindergeist und Neugier.
saatkorn.: Unternehmen schauen ja meist in die Vergangenheit, um Lösungsansätze für die Zukunft zu entwickeln. Das ist im Zeitalter von disruptiven Innovationen nicht ganz zeitgemäß, oder?
Der Blick in den Rückspiegel scheint da tatsächlich weniger geeignet. Lösungsansätze verstecken sich mit Vorliebe im sogenannten toten Winkel, in dem Bereich, den unser Spiegel nicht erfasst. Also ganz in unserer Nähe. Wer es im Unternehmensalltag schafft, Scheitern als Chance und nicht als Bedrohung zu sehen, Bestehendes neu zu kombinieren, dem Zufall Raum zu geben, statt ihn auszuschließen und Querdenkern zu ermutigen, statt zu isolieren, der wird bereits auf eine Menge ungeahnter Lösungsansätze stoßen.
saatkorn.: Sie berufen sich auf Schumpeter, der Innovation als Prozess der schöpferischen Zerstörung beschrieben hat. Wenn man sich in deutschen, meist noch mit einer autoritären Führungs- und Unternehmenskultur ausgestatten Unternehmen so umschaut, ist von „schöpferischer Zerstörung“ nicht allzu viel zu spüren. Im Gegenteil: der VW Skandal zeigt, dass es offensichtlich viele Lemminge gibt, die einfach das machen, was man ihnen aufträgt. Wie kann man sich aus so einem Korsett befreien, was sind Ihre Handlungsempfehlungen?
Statt auf schöpferische Zerstörung zu setzen, scheint man in einigen deutschen Unternehmen eher dem Credo „Angst macht effizient“ zu folgen. Auf Angst basierende Managementansätze setzen voraus, dass Menschen nur dann gewissenhaft arbeiten, wenn sie unter Druck und Zukunftsangst leiden. Es scheint unvorstellbar, dass Angestellte gerne für den Erfolg ihres Unternehmens arbeiten, oder dass Arbeit gar Spaß machen und interessant sein kann. Solche Managementtheorien sind allerdings verbreitet genug, um als unanfechtbar zu gelten, obwohl es viele Beweise dafür gibt, dass Überwachung und Bestrafung die betriebliche Leistung untergraben. Zu allem Überfluss scheint ein Management, das auf Angst und Druck basiert auch gesellschaftlich anerkannt zu sein. Zu den Lieblingen der Wirtschaftspresse gehören doch häufig die Manager, die für ihre strengen, harten und oft auch Angst einflößenden Praktiken berüchtigt sind.
Angst aber bietet uns keinen Ausweg aus Krisen. Den finden wir nur, wenn wir das Spiel verändern: Das Spiel mit der Macht zum Spiel mit der Kraft machen. Nicht Macht über Menschen auszuüben, sondern gemeinsam zu versuchen mit den Menschen mächtige Strategien der Veränderung zu entwickeln. Und dieses neue Spiel braucht einen anderen Zugang zum Erfolg. Im alten Spiel war es wichtig zu siegen. In Zukunft wird es aber nicht mehr um den Sieg gehen. Wie sollte das auch gehen? In einer ganzheitlichen Welt hängt alles miteinander zusammen. Wenn wir einen Sieg erringen, dann sind per Definitionem andere Menschen zum Verlieren gezwungen. Die neuen Fragen stellen sich deshalb anders:
Wie können wir gemeinsam Zukunft gestalten und unsere Widersprüche als Quelle der Kraft nutzen? Welches Bild haben wir eigentlich von den Menschen in unseren Organisationen? Betrachten wir sie als unmündig? Müssen sie deshalb permanent kontrolliert, standardisiert und mit Anreizen gefüttert werden? Oder trauen wir ihnen Eigenverantwortung zu und gehen davon aus, dass sie ihre Arbeit motiviert und gewissenhaft ausführen und sich selbst kontrollieren können? Und wie wird mit Komplexität umgegangen? Wird unter Einsatz gelernter Führungsmuster mit aller Macht versucht, das Übel Komplexität auszumerzen? Oder werden Unschärfe und Vielfalt akzeptiert, vielleicht sogar als Chance gesehen? Welche Erwartungen werden an die Rolle einer Führungskraft gestellt? Herrscht das Bild vom mächtigen und umfassend informierten Entscheider vor, der das Unternehmen – wie ein Kapitän – von der Brücke aus steuert und auf jede Frage die passende Antwort geben muss? Oder verbindet man Führung mit Beziehungsgestaltung und mit dem Stellen von Fragen, wie diesen, die das Unternehmen weiterbringen?
saatkorn.: Welches der zahlreichen Beispiele in Ihrem Buch ist Ihr Lieblings-Querdenker-Beispiel? Warum?
Eigentlich sind es zwei Beispiele. Eines aus dem Fußballsport zum Thema „Musterbruch“ und ein anderes aus dem Bereich der Behindertenhilfe als Paradebeispiel für erfolgreiches „Querdenken“. Fußball ist schon deshalb ein gutes Beispiel, weil er im Kern von Mustern lebt. Seit Urzeiten kommt dort jeder Spielposition eine klare Aufgabe zu. Früher hießen sie Läufer oder Libero, heute sind es Doppel-Sechs oder Falsche Neun. Spieler werden für Positionen ausgebildet und spezialisieren sich. Die deutsche Elf aber wurde in Brasilien vor allem deshalb Weltmeister, weil Jogi Löw auf Spielertypen setzte, die sich durch hohe Flexibilität auszeichneten, also gerade durch eine Nicht-Spezialisierung. Innenverteidiger, die auch Außenverteidiger spielen können. Mittelfeldspieler, die nahtlos im selben Spiel Verteidiger spielen können. Ein kreativer, unberechenbarer Mittelfeldspieler, der bei zwei Weltmeisterschaften 10 Tore schießt. Und ein Torwart, der bei eigenem Ballbesitz zum elften Feldspieler wird. Mit den innovativen 6er-WGs wurden zudem unsichtbare Mauern eingerissen. Gegen jede Gewohnheit veränderte Löw im Campo Bahia von einem Tag auf den anderen aber auch den eher gleichförmigen Trainingsablauf. Plötzlich verlangte er von seiner Mannschaft, Eigeninitiative zu zeigen und in völliger kreativen Freiheit Freistoßvarianten zu entwickeln. Dazu gehörte dann übrigens auch die wenig ansehnliche Stolpervariante von Thomas Müller. Was übrig blieb ist, waren mündige Kicker, die von ihrem Trainer sportlich gefordert und gefördert wurden. Auch die Tatsache, dass der Bundestrainer gleich auf vier Neulinge setzte, war eine faustdicke Überraschung und im Angesicht der enormen Qualitätsdichte, die nun schon seit Jahren im deutschen Fußball steckt zugleich auch ein knüppeldicker Musterbruch: Flexibel wie nie!
Mein Lieblings-Beispiel zum Thema „Querdenken“ ist der von Andreas Heinecke vor vielen Jahren erfundene „Dialog im Dunkeln“. Ein mittlerweile weltweit organisiertes Projekt, in dem blinde und sehende Menschen durch einen Ausflug in abgedunkelte Räume miteinander ins Gespräch kommen. Beim „Dialog im Dunkeln“ geht es Heinecke aber gar nicht so sehr um die 45 Millionen blinden Menschen dieser Welt. Viel wichtiger ist für ihn die ungleich größere Gruppe der „Normalen“. In ihren Köpfen möchte er etwas verändern. Dabei macht er Blinde zu den Führern Sehender – und so die Schwachen zu den Starken. Sehenden werden die Potentiale von Blinden bewusst, indem sie ihre eigenen Schwächen im Dunkeln entdecken. Statt Behinderten unmittelbar zu helfen, wird hier Nichtbehinderten geholfen, Behinderten zu helfen. Mehr Querdenken geht fast nicht.
saatkorn.: Meiner Meinung nach benötigt Deutschland dringend mehr Mut zum Risiko. Das ist aber zumindest nach meinen Erfahrungen auch eine Mentalitätssache. Bei uns ist Scheitern nach wie vor ein Makel, in anderen Kulturen dagegen ein Erfahrungsgewinn. Wie können wir als Deutsche über unseren eigenen Schatten springen?
Das haben Sie völlig Recht. Aber was darf man von einem Volk erwarten, das lange Zeit vor allem funktioniert hat? Befehl und Gehorsam, Fleiß und Genügsamkeit. Das waren die Säulen unserer Geschichte seit der Reichsgründung Anno 1871. Soldaten standen stramm und gehorchten. Sie hörten zu, sie diskutierten nicht. Eine Ideologie, die sich auch während der Industrialisierung gut gebrauchen ließ. Schließlich verlangten Unternehmer nach Arbeitern, die ohne zu mucken am Fließband stupide Handgriffe verrichteten. Entsprechend sahen die Erziehungsideale dieser Zeit aus. Man brauchte schließlich funktionierende Befehlsempfänger, die sich in die bewährten Strukturen nahtlos einfügen konnten. Vorbei und vergessen? Nein! Geschichte ist nicht, was gestern war, sondern was bis heute wirkt. Die Macht der Muster von Militärparaden und Fließbändern hat sich tief in unser kollektives Gedächtnis gebrannt. Zu tun, was einem von oben aufgetragen wurde, galt in unseren Breiten schon immer als normal.
Wo aber mit Ideen, Innovationen und Wissen gearbeitet wird, gehört das Irren und Fehlen zur Grundausstattung. In einer komplexen Welt muss man experimentieren, ausprobieren, den Versuch wagen. Und dazu braucht es Mut. Oder umgekehrt: Das größte Hindernis zu innovativem Denken und Entscheiden ist Angst. Die Furcht vor dem Musterbruch. Wer viel Geld in die Hand nimmt, setzt viel lieber auf das Sichere und Gewohnte, als etwas Neues auszuprobieren. Dabei gibt es kein Experiment, das keine Erkenntnis mit sich bringt. Was herauskommt, ist immer „richtig“. Jeder Versuch bringt uns der Lösung näher. Auch das Wissen darüber, was nicht geht, ist wertvoll.
saatkorn.: Herr Dr. Klage, vielen Dank für das Interview!
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