Jobufo ist sicher eines der spannendsten HR Startups. Seit unserem letzten Interview hat sich beim Berliner HR Startup so dermaßen viel getan, dass ich bei Gründer und Managing Director Thomas Paucker mal ausführlich nachgefragt habe. Teilweise erschreckende Erkenntnisse aus deutschen Personalabteilungen. Aber lies selbst:
saatkorn.: Thomas, bitte stelle Dich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.
Ich bin Thomas und Managing Director von Jobufo, einem jungen Unternehmen für innovative Recruiting-Technologie aus Berlin. Ich bin 31 Jahre alt, bin eigentlich ein Nordlicht und freue mich, dass wir mit unseren 40 Mitarbeitern in Berlin ein schönes Zuhause gefunden haben.
saatkorn.: Wie entwickelt sich Jobufo? Was gibt’s Neues bei Euch?
Der letzte Satz meiner Vorstellung lässt es schon durchblicken: Wir sind mit Jobufo in einem enormen Wachstum. Seit der Gründung 2016 hat sich einiges getan. Mittlerweile sind wir auf 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewachsen und haben ein Büro im Herzen Berlins. Neben einem neuen Markenauftritt in neuem Design, haben wir auch unser Produkt auf ein völlig neues Level gehoben.
Angefangen haben wir damals mit einer App. Mittlerweile haben wir uns aber aus der App-Umgebung herausentwickelt und mit Jobufo.com eine neue Art der Bewerbung geschaffen.
Die richtige Revolution des Recruitings läuten wir gerade ein: Wir bieten nicht mehr nur Videobewerbung an, bei dem die Bewerberinnen und Bewerber einen 30-sekündigen Videoclip von sich aufnehmen können, sondern mit der Telefon-Interview-Bewerbung und der Bewerbung per Sprachnachricht zwei komplett neue Funktionen – für alle, die kein Video von sich aufnehmen möchten. Das Jobufo-Versprechen bleibt aber bestehen: Mit uns bewirbst du dich immer ohne Anschreiben.
saatkorn.: Kannst Du bitte was rund um die Telefon-Interview-Bewerbung erzählen?
Die Telefon-Interview-Bewerbung ist eigentlich eine logische Schlussfolgerung aus den Erfahrungen der letzten Jahre. Wir kontaktieren alle Bewerberinnen und Bewerber persönlich, um sie bei der Bewerbung mit Jobufo zu unterstützen. Wir sprechen mit den Kandidatinnen und Kandidaten darüber, was sie sich für ihre berufliche Zukunft wünschen, in welchem Bereich sie arbeiten wollen und warum. Hierbei geht es um die Dinge, die man nicht im Lebenslauf erkennen kann und die ein Recruiter oft aus Zeitgründen nicht durch ein erstes Telefoninterview erfragen kann. Selbst wenn die Kandidatinnen und Kandidaten kein Video aufnehmen möchten, können wir nun den Recruiterinnen und Recruitern trotzdem einen echten ersten Eindruck über den Kandidaten vermitteln, weil man auf jedem Lebenslauf eine persönliche Einschätzung nach dem Telefoninterview findet.
saatkorn.: Wow, Ihr sprecht mit jedem Bewerber…wie läuft das konkret ab?
Zum einen haben wir sehr viele Berufseinsteiger, die sich zum ersten Mal bewerben und nur ungenügend in der Schule oder durch ihren Bezugskreis vorbereitet wurden. Diese Gruppe braucht dann oftmals eine Beratung, um überhaupt ihre Interessen eingrenzen zu können. Gemeinsam suchen wir dann passende Ausbildungsmöglichkeiten oder Einstiegsmöglichkeiten und beraten die Kandidatinnen und Kandidaten bei ihrer Bewerbung.
Andere Bewerber kommen mit konkretem Jobinteresse auf uns zu oder wünschen sich einfach Unterstützung bei der Suche nach passenden Arbeitgebern. Egal, welche Probleme, Sorgen, Nöte oder Wünsche die Kandidatinnen und Kandidaten haben – in den meisten Fällen finden wir eine Lösung und verhelfen den richtigen Arbeitgeber und Job zu finden.
Das ist uns auch sehr wichtig. Wir verstehen uns als Produkt, das zu 100% hinter den Bewerbern steht – egal wie geradlinig oder kurvig der bisherige Lebens- und Bewerbungsweg war. Wir unterstützen jeden Kandidaten auf Augenhöhe solange bis ein Job gefunden ist.
saatkorn.: Ich finde Eure Kandidatenzentrierung herausragend. Da könnte sich so manche HR-Abteilung was von abschneiden. Ich habe in letzter Zeit immer mal wieder mitbekommen, dass trotz Fachkräftemangel in manchen Recruiting-Abteilungen bis zu 60% nicht geöffnete Bewerbungen vor sich hin schlummern…wie ist Deine Wahrnehmung dazu?
Wir bei Jobufo erleben das meist so: Ein Kunde (meist in einer Head-of-Position) meldet sich bei uns und beschwert sich darüber, dass keine Bewerbungen über den Jobufo-Kanal eingegangen sind. Unser System sagt aber etwas ganz anderes, nämlich, dass da 50 unbearbeitete Bewerbungen in der Pipeline hängen. Danach wird oft das Gespräch sehr schnell beendet und meistens löst sich das “Problem” dann ganz schnell und die Bewerbungen werden bearbeitet. Das ist tatsächlich kein Einzelfall. In den letzten Jahren konnten wir bei Jobufo ähnliche Nicht-Öffnungsquoten von gut 60% feststellen.
saatkorn.: Und woran liegt das Deiner Meinung nach?
Zum Teil hängt das gerade in großen Unternehmen an den Strukturen. Die Jobufo-Bewerbungen werden bei den meisten unserer Kunden direkt in das Bewerber-Management-System eingespielt. Wenn das BMS aber keine Zahlen automatisiert zurückmeldet oder die Zahlen gar nicht ausgewertet werden, dann fällt es erstmal niemandem auf, wenn mal Bewerbungen liegen bleiben. Je größer die Struktur, desto eher gehen Daten verloren.
Gehen wir mal davon aus, dass es tatsächlich kein Versehen war, Bewerbungen einfach liegen zu lassen, dann liegt es evtl. an unklaren (Bearbeitungs-)Strukturen und Prozessen, zu wenigen Recruitern, mangelndem Technikverständnis, mangelnder Schulung oder auch an geringem Interesse an einer schnellen Bearbeitung der Bewerbungen.
Gerade in der Urlaubszeit ist zu beobachten, dass im Recruiting unzureichende Vertretungsstrukturen herrschen. Was natürlich besonders bitter ist, wenn im August die Ausbildungen beginnen und in Deutschland noch immer 45.000 Ausbildungsstellen unbesetzt sind.
saatkorn.: Was sind dafür Lösungsansätze? Wie kann Jobufo dabei helfen, diese 60% nicht genutzten Bewerbungen doch noch zu nutzen?
Zunächst einmal erleichtert Jobufo das Routing der Bewerber. Durch den echten ersten Eindruck durch Videoclip, Sprachnachricht und der Zusammenfassung aus den Telefoninterviews, können die Unternehmen effizienter in ihren Prozessen arbeiten. Die passenden Bewerber einzuladen und dann hoffentlich einzustellen – das ist das Ziel.
Zudem bieten wir in Zukunft für unsere Kunden auch Auswertungen zu Bewerbungsaufkommen und Abarbeitung der Bewerbungen an. So können sich die Verantwortlichen selbst ein Bild machen und ggf. auch nachsteuern. In Regionen mit erhöhtem Bewerberaufkommen kann man dann ggf. auch entscheiden, noch einen Recruiter einzustellen, Prozesse anzupassen oder die Mitarbeiter noch einmal umfassend zu schulen.
Am Ende geht es uns darum, dass wir die Menschen in Arbeit bringen. Alle jammern über Fachkräfte- und Nachwuchsmangel. Wir als Jobufo tun etwas dagegen. Das sehen wir als unseren Auftrag.
saatkorn.: Was sind für Jobufo die nächsten strategischen Herausforderungen?
Unser Ziel ist es natürlich, weiter zu wachsen. Dafür bereiten wir momentan die nächste Investment-Runde vor. Dann sind wir natürlich dabei, unsere Plattform weiter auszubauen und zu verbessern. Der Launch des Bewerbungsassistenten ist dabei ein Fokusthema. Zudem betreuen wir ab nächstem Jahr rund 60.000 Schülerinnen und Schüler aus Berlin und Brandenburg bei ihrem Berufseinstieg mit Hilfe unserer Plattform. Wir wollen also weiter wachsen. Unser Ziel bleibt es, Menschen in Arbeit zu bringen und nebenbei den Bewerbungsprozess zu revolutionieren. Am liebsten ganz ohne gedruckten Lebenslauf und sowieso ohne Anschreiben.
saatkorn.: Thomas, ganz herzlichen Dank für das Interview – und weiterhin viel Spaß und Erfolg mit Jobufo!