Ana Cristina Grohnert von EY im Interview
Ana Cristina Grohnert von EY ist eine spannende Frau: Bei der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft EY ist Sie sowohl Partnerin im Finance Bereich als auch Talent Leader Germany, Switzerland Austria. Sie gehört zur Geschäftsführung von EY und ist für viele saatkorn. Themen eine spannende Gesprächspartnerin. Klar, dass ich mich daher sehr über dieses „saatkorn. Auftaktinterview für das Jahr 2016“ gefreut habe und ebenso klar, dass dabei spannende Themen von New Work über Diversity bis hin zum Zusammenhang von internem und externem Employer Branding auf den Tisch kamen. Auf geht’s:
Ana Cristina Grohnert von EY im Interview
saatkorn.: Frau Grohnert, alle Welt redet von „New Work“. Schaut man sich Ihren Lebenslauf und Ihre Rolle bei EY an, so könnte man vermuten, dass Sie persönlich schon lange „New Work“ leben. Wie sehen Sie das?
Ich bin mir nicht sicher, ob alle Welt unter dem Begriff „New Work“ das Gleiche versteht. Wenn Sie damit meinen, dass ich in meiner beruflichen Entwicklung immer wieder Veränderungen hatte und dass ich Beruf und Familie vereinbaren konnte, dann sind das sicherlich zwei Aspekte, die in Zukunft in der Arbeitswelt noch wichtiger werden. Ich verstehe unter „New Work“ aber auch eine neue Art der Organisation von Arbeit, die sich generell stärker an den verschiedensten Bedürfnissen von Menschen orientiert, ob das nun Kunden oder Mitarbeiter sind. Der Mensch im Mittelpunkt, auf Augenhöhe mit den Führungskräften, eingebettet in die Geschäftsstrategie mit allen Möglichkeiten und viel Raum für Gestaltung.
saatkorn.: Verändert sich aus Ihrer Sicht durch die demographische Entwicklung die Machtverteilung am Arbeitsmarkt insofern, dass Arbeitnehmer mehr Erwartungen an Arbeitgeber stellen, beispielsweise in der Flexibilisierung von Arbeitszeit und –ort oder der Umsetzung demokratischerer Entscheidungsprozesse?
Ja, diese Entwicklung erleben wir. Sie ist aber nicht nur durch den demografischen Wandel bedingt, sondern auch durch den Wertewandel, den ich für eine zivilisatorische Entwicklung halte. Ich würde aber ungern von Machtverteilung sprechen. Erstens lässt sich das nicht generalisieren. Der Arbeitsmarkt für Ingenieure sieht deutlich anders aus als beispielsweise der für Ethnologen. Ein Teil der Asymmetrie hat auch damit zu tun, dass wir in Deutschland Menschen immer noch zu sehr nach Formalqualifikationen beurteilen und weniger nach Potenzial und Talent. Zweitens halte ich das Denken in Machtpositionen für veraltet. Es geht um einen fairen Ausgleich von Interessen, so dass beide Seiten profitieren. Flexibilisierung von Arbeitszeit und -Ort ist dafür ein gutes Beispiel, hier geht es um Rahmenbedingungen. Wichtig scheint mir, jenseits der Schlagworte ein selbstbestimmtes Arbeiten mit Freiräumen und Verantwortung. Wenn Sie das mit Demokratisierung meinen, dann bin ich dafür.
saatkorn.: In Ihrer Rolle als Managing Partner Talent bei EY nehmen Sie direkt an der Veränderung von Rahmenbedingungen im Kontext Arbeit Einfluss. Was war Ihre Agenda für EY zum Start in der Rolle als Managing Partner Talent?
Erst einmal hatte ja auch das Unternehmen eine Agenda, weshalb man mich an Bord geholt hat. Herbert Müller und später Georg Graf Waldersee haben vorausgedacht und erkannt, welche Bedeutung Diversity für ein Unternehmen hat. Damit haben Sie bei mir jenseits meiner fachlichen Themen im Finanzbereich natürlich einen Nerv getroffen. Diversity in den unterschiedlichsten Bereichen zu implementieren, war sicherlich eines meiner wichtigsten Themen. Mir kommt es darauf an, klar zu machen: Diversity ist kein karitatives Projekt, sondern die Basis für bessere Unternehmen und größeren wirtschaftlichen Erfolg. Das fängt bei Frauen in Führungspositionen an und erstreckt sich über interkulturelle Kompetenzen bis hin zum Thema LGBT. Die Vielfalt macht den Vorsprung aus. Vielfalt in Sichtweisen, Meinungen und Überzeugungen!
saatkorn.: Und wo steht EY heute, wie hat sich EY seit Beginn Ihrer Tätigkeit als Arbeitgeber aus interner Perspektive verändert?
Ich beziehe das nicht alleine auf mich wenn ich sage: EY ist vielfältiger und besser geworden. Gemeinsam mit vielen anderen haben wir bei EY in den letzten Jahren einen unglaublichen Schub nach vorne gemacht, was eine moderne Organisation anbelangt, in der sich jeder und jede Einzelne mit seinen Fähigkeiten einbringen kann. Und darum muss es doch gehen. Wir müssen Freiräume und ein Arbeitsumfeld schaffen, das Menschen ermöglicht, sich in der Arbeit durch Leistung zu verwirklichen. Ich bin überzeugt: Die Leute arbeiten gerne, wenn es um mehr geht als nur Existenzsicherung.
saatkorn.: In diversen Arbeitgeber-Rankings nimmt EY in den letzten Jahren entweder vorderste Plätze ein oder hat massiv an Arbeitgeberattraktivität hinzugewonnen. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung bei externen Zielgruppen, inwiefern hängen interne und externe Arbeitgeberattraktivität aus Ihrer Sicht zusammen?
EY ist natürlich erst einmal attraktiv, weil das Unternehmen bekannt und erfolgreich ist. In Deutschland sind wir im letzten Jahr bei Umsatz, Ertrag und Mitarbeitern erneut über dem Markt und unserer Branche gewachsen. Doch eigentlich geht es um viel mehr. In unserer weltweiten Strategie haben wir uns ein Thema auf die Fahnen geschrieben: „Building a better working world“. Diesen Spirit erlebt man überall im Unternehmen, und er wirkt von innen nach außen. EY ist eine globale Organisation, in der motivierte Menschen an großen und wichtigen Aufgaben für andere arbeiten. Wir sehen einen Sinn in unserer Arbeit, wir können etwas beitragen dazu, dass Unternehmen besser werden in allem, was sie tun. Das macht uns attraktiv.
saatkorn.: Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach die Arbeitgeberkommunikation intern und extern? – Was hat sich durch die zunehmende Transparenz in der Kommunikation, getrieben durch die Digitalisierung, verändert?
Kommunikation ist der Schlüssel. Indem wir uns intern austauschen, bereichern wir uns gegenseitig mit neuen Perspektiven. Und auch der Austausch mit dem Umfeld wird immer wichtiger. Ein Unternehmen ist keine isolierte Einheit, die blind vor sich hinarbeitet. Wir müssen sensibel sein für Veränderungen, wir müssen gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen und wir müssen in einem ständigen Dialog mit den unterschiedlichsten Bezugsgruppen stehen.
saatkorn.: Was sind die wichtigsten Ziele für EY als Arbeitgeber kurz-, mittel- und langfristig?
Kurzfristig haben wir die gleichen Ziele wie viele andere Unternehmen auch: Unser Wachstum auszubauen, indem wir neue Kolleginnen und Kollegen hinzugewinnen. Mittelfristig arbeiten wir daran, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, dass ein Höchstmaß an Flexibilität ermöglicht und an Individualität zulässt. Und langfristig bleibt es dabei: „building a better working world“.
saatkorn.: Zu guter Letzt: Sie engagieren sich auch als Vorstandsvorsitzende in der Charta der Vielfalt. Wie zufrieden sind Sie mit dem aktuellen Stellenwert des Themas „Diversity“ im Wirtschaftsstandort Deutschland?
Als die Charta 2006 ins Leben gerufen wurde, wussten sehr viele noch nichts mit dem Thema anzufangen. Mittlerweile haben wir über 2.000 Unternehmen dabei. Das Thema Diversity ist angekommen und angesichts der demografischen und gesellschaftlichen Entwicklung auch gar nicht mehr wegzudenken. Als Mensch, der sehr an Veränderungen, Verbesserungen und Modernisierung interessiert ist, bin ich natürlich nie vollkommen zufrieden. Aber das ist ja auch Ansporn: Wir arbeiten weiter daran!
saatkorn.: Frau Grohnert, herzlichen Dank für das Gespräch.
Wer Lust hat, Ana Cristina Grohnert live zu erleben, kann dies am 22. Februar bei der Veranstaltung „embrace Change“ tun. Frau Grohnert ist Referentin bei der innovativen Veranstaltung im Deutschen Fussballmuseum. HIER kann man sich anmelden.