Stephan Grabmeier im Interview: Enterprise 2.0
Stephan Grabmeier im Interview: Enterprise 2.0
Stephan Grabmeier kenne ich schon seit einigen Jahren und bin davon begeistert, wie er Themen wie Enterprise 2.0 und die Notwendigkeit für Innovation zuerst bei der Deutschen Telekom und seit einiger Zeit selbständig in seinem Unternehmen Innovation Evangelists vorantreibt. Schon lange hatten wir ein Interview geplant, heute hat es geklappt. Also – ohne lange Vorrede – auf geht’s:
saatkorn.: Stephan, bitte stelle den saatkorn. LeserInnen doch die „Innovation Evangelists“ mal vor. Was muss man sich darunter vorstellen, wie bist Du darauf gekommen und wer sind Deine Mitstreiter?
Mein letzter Titel bei der Deutschen Telekom AG nachdem ich aus dem HR in den Innovationsbereich gewechselt bin war ein „Innovation Evangelist“. Zu Beginn hat mich fast jeder Zweite gefragt was ich denn als Evangelist mache und sehr schnell war ich mit meiner neuen Funktion in aller Munde. Dieses „word of mouth“ habe ich mir als Anregung genommen wie ich im Juli 2013 meine eigene Firma gegründet habe. In Tech Unternehmen sind Evangelisten eine gängige Funktion – in anderen Branchen bisher noch weniger. Evangelisten sind Menschen die sehr früh ein neues Thema aufnehmen, verproben und für das Unternehmen zur Reife treiben. Bei der Deutschen Telekom habe ich das u.a. mit Enterprise 2.0 oder Open Innovation umsetzen können. Heute beraten wir als Innovation Evangelists GmbH Unternehmen auf dem Weg zum Social Enterprise und helfen ihnen schneller zu innovieren. Wir sind ein kleines Team von spezialisierten Consultants mit einem großen Netzwerk vieler Experten – verwoben mit Know-How und Methoden für die Umsetzung von „New Work“ und Innovation.
saatkorn.: Was sind aus Deiner Sicht die großen Herausforderungen für HR Abteilungen und Unternehmen kurz-, mittel- und langfristig?
Unternehmen müssen sich aufmachen den Paradigmenwechsel in die Digitale Transformation zu schaffen. Die Märkte haben in den letzten Jahren so enorm an Komplexität zugenommen und sind flexibel geworden. Unternehmen sind es bis heute noch nicht. Man kann die Herausforderungen der Zukunft nicht mit den Managementmethoden der letzten Jahrhunderte begegnen, es ist an der Zeit einige Dinge fundamental zu ändern. Dazu zählen für mich u.a.:
- die radikale Digitalisierung der Geschäftsprozesse und Unternehmensabläufe
- die Entwicklung neuer flexibler Organisationsformen, man spricht bei den Vorreitern von hybriden Organisationen
- der Implementierung neuer Managementmethoden z.B. agile Methoden wie Scrum, Kanban oder Design Thinking
- der Neudefinition von Geschäftsmodellentwicklungen
- der radikalen Beschleunigung neuer Innovationen
- dem Aufbau eines vernetzten Unternehmens verbunden mit collaborativen Arbeitsstrukuren
HR hat in diesen Entwicklungen zwei wichtige Rollen.
- HR muss sich schnell selbst weiter entwickeln. Nur wenn die eigenen skills für agile Entwicklung, vernetzte Arbeitsformen und Digitalisierung vorhanden sind, kann HR professionelle Services erbringen
- HR muss verstehen was das Business braucht um dann die richtigen Services- und HR Produkte anzubieten
Leider nehme ich HR selten weder in dem 1. noch in dem 2. Punkt war. Dies beweisen auch die vielen Studien die auf die Fähigkeiten und die Rolle von HR als auch die Erwartungen des Business an HR aufzeigen. Damit meine ich nicht die Basics die HR seit Jahren beherrscht sondern die nach vorne gerichteten Themen von New Work. – Anders gesagt HR muss sich auf den Weg machen sich von einer reinen Supportfunktion mit Marketingfacetten zu einem echten Innovationspartner für das Business zu entwickeln.
saatkorn.: Was ist Ziel der Innovation Evangelists, wie unterstützt Ihr Unternehmen?
Du weißt, mein Herz schlägt für die HR Funktion weil ich sehe welches Potenzial wir in der Rolle haben und welche gestalterischen Themen. Damit HR diese auch wahrnehmen kann, daran arbeiten wir.
Konkret begleiten wir Unternehmen auf dem Weg zu einer Social Enterprise – einem vernetzten Unternehmen mit neuen Collaborationsformen, neuen Dialogmöglichkeiten, schnelleren Businessprozessen und einer neuen Unternehmenskultur. Wir führen neue soziale Technologien ein die das ermöglichen und begleiten die gesamte Transformation. Ich durfte die Digitale Transformation gemeinsam mit Thomas Sattelberger bei der Deutschen Telekom AG umsetzen und weiß was es bedeutet einem großen Elephanten das Tanzen beizubringen. Wenn das in großen DAX Strukturen gelingt, und das sind in den letzten Jahren die Vorreiter gewesen, dann ist es für viele andere Unternehmen mittlerweile ein großer Vorteil dies in kleineren Organisation umzusetzen und die Fehler die die Pioniere gemacht haben nicht mehr selber machen zu müssen.
Damit HR die Digitalisierung einmal in freier Wildbahn erleben kann. Dazu haben wir eine neues Format entwickelt – die HR Safari. Wir gehen in der HR Safari am 23./24. Mai zwei Tage in Berlin auf Tour und besuchen viele Unternehmen, die in der Digitalisierung und der neuen Arbeitskultur schon sehr weit fortgeschritten sind.
Anmerkung der Redaktion: HIER kann man sich noch für die HR Safari anmelden. Weitere Infos im google hangout Video, indem Stephan eine ganze Menge Fragen von mir beantwortet:
[videoembed type=“youtube“ width=“680″ height=“380″ url=“https://www.youtube.com/watch?v=BAenkC1Lez8″ id=“0″]saatkorn.: Gibt es Unternehmen, die aus Deiner Sicht schon sehr innovativ unterwegs sind? Was sind aus Deiner Sicht best practice Beispiele?
Es gibt zahlreiche kleine Unternehmen die völlig neue Wege gehen. Meist sind es Tech Unternehmen oder Start Ups, die in der ganzen Welt seit vielen Jahren wachsen und für gehörigen Innovationsdruck in den Märkten sorgen. Ich möchte einige Beispiele nennen, die die Teilnehmer während unserer Safari kennen lernen.
Während der HR Safari besuchen wir z.B. Wooga einen der größten europäischen Spielehersteller, der für seine feel good Experience sehr bekannt ist. Wir halten bei den Samwer Brüdern und sehen uns an wie HR Arbeit in der Fließbandproduktion von neuen Geschäftsmodellen gelingt. Rocket Internet der Incubator der Samwer Brüder produziert von Alando bis Zalando neue Unternehmen in rasanter Geschwindigkeit. HR Arbeit in so einem Umfeld bedeutet radikal schnelle und standardisierte Prozesse, denn ein neues Management Team und die gesamten Strukturen für das nächste Business müssen in wenigen Wochen stehen. Wir sind auch bei dem Incubator der Deutschen Telekom, dem hubraum und lernen dort die Verbindung von Start Ups und Großkonzern kennen. Darüber hinaus haben wir einen Innovationspitch, in dem sich sechs junge HR Innovatoren mit ihren Produkten und Services den Teilnehmern präsentieren. Also rund herum ein vielfältiges Erleben von Best Practices.
saatkorn.: Auf Deinem YouTube Kanal gibt es ja eine ganze Reihe Statements von Dir. Aus meiner Sicht spannend ist die Frage, wie man Kunden in Innovationsprozesse mit einbinden kann. Gibt es da Dos Don’ts?
Kunden oder sagen wir erweiternd externe Stakeholder in Innovationsprozesse einzubinden, daran kommt heute kein Unternehmen mehr vorbei was kostengünstig, schnell und nach Kundenbedarfen innovieren will. Dabei sprechen wir einerseits von Prozessen und Technologie, in erster Linie ist es aber eine Verhaltensfrage. Innovationen werden in klassischen Organisation immer abgeschottet, das ist der Selbsterhaltungstrieb einer Organisation so irrwitzig es klingt. Wenn ein Unternehmen radikal innovieren will muss es Freiräume schaffen, raus aus den tradierten Strukturen, einbinden neuer skills, nutzen der kollektiven Intelligenz, Befreiung der Mitarbeiter aus Abteilungssilos und starren Hierarchien. Das bedarf in erster Linie Mut und Weitsicht von Managern und kein risikominimierendes Leadership nach alten Mustern. Nur wer den Mut hat radikal zu Innovieren wird in Zukunft überleben. Die Marktzyklen sind mittlerweile so schnelle, daß evolutionäre Prozesse heute nicht mehr reichen. Wir sehen das an vielen Beispielen wie Nokia, Kodak, Black Berry und viele mehr. Vor einigen Jahren noch Weltmarktführer und heute (fast) nicht mehr existent.
Ich habe 2011 ein Buch geschrieben „Auf dem Weg zur Organisation 2.0 – Mut zur Unsicherheit“ Das Gegenteil von Mut erlebe ich leider noch sehr häufig. Die Leader die den Mut haben Neues zu Wagen, gestalten den Paradigmenwechsel aktiv. Diejenigen die nicht mutig sind und an ewig gleichem festhalten, die wird es in der heutigen Form bald nicht mehr geben. Jeder hat die freie Wahl zu entscheiden wozu er gehören möchte. Und HR hat die Pflicht und Aufgabe mutige Leader zu entwickeln.
saatkorn.: Stephan, vielen Dank für das Interview – und weiterhin viel Erfolg mit den Innovation Evangelists!