Interview mit Prof. Dr. Seng: Social Media Recruiting Studie
Interview mit Prof. Dr. Seng: Social Media Recruiting Studie
Im Kontext Social Media Recruiting gibt es inzwischen Studien wie Sand am Meer. Eine Perspektive, dic ich interessant finde, ist die von Prof. Dr. Anja Seng, Professorin an der FOM für Ökonomie und Management. Sie hat in ihrer Studie (490 per quantiative Erhebung befragte Personen) versucht, Handlungsempfehlungen für Unternehmen abzuleiten. Im Interview sprachen wir neben der Studie (die Du hier downloaden kannst) auch über die Erwartungen der GenY. Auf geht’s:
saatkorn.: Um was genau geht es in Ihrer Social Media Studie, Frau Prof. Dr. Seng?
Es gibt aktuell eine Vielzahl von Studien und Meinungen zum Thema Social Media Recruiting. Wir wollten einfach mal alles zusammenfassen und verbunden mit einer kleinen Empirie konkrete Handlungsempfehlungen für Unternehmen ableiten. Und ich denke, das ist uns an dieser Stelle auch sehr gut gelungen.
saatkorn.: Einen besonderen Fokus legen Sie im Gegensatz zu vielen anderen Studien auf Handlungsempfehlungen, die Unternehmen die Arbeit mit Social Media erleichtern. Was sind Ihre zentralen Empfehlungen für Unternehmen?
Grundsätzlich gilt: eine gute Unternehmens- und Karrierewebsite sind die Pflicht; Social Media Aktivitäten „nur“ die Kür.
Die Ergebnisse der verschiedenen Studien aus Unternehmens- und aus Zielgruppensicht haben uns gezeigt, dass am Ende des Tages immer die Karrierewebsite im Mittelpunkt des Informationsinteresses steht. Hier gilt es erstmal, die Hausaufgaben zu machen. Bevor dann konkrete Aktivitäten in Social Media gestartet werden, sollte sich das Unternehmen fragen, ob Unternehmenskultur und Organisation reif sind für diese Art des Dialogs. Die konkreten Ziele müssen festgehalten werden und Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Resourcen definiert. Halten sich die Unternehmen daran, steht dem Auftritt in Social Meda nichts mehr entgegen.
saatkorn.: Gibt es Punkte, die von Unternehmen auf jeden Fall im Kontext Social Media zu unterlassen sind, sogenannte „Don’ts“?
„Einfach drauf los machen und ausprobieren“ – diese Zeit ist vorbei. Ein Auftritt in den Sozialen Medien lässt sich kaum zurück drehen. Nur mit einem guten Plan und festen Zielen ist es möglich, auch etwas zu erreichen. Und im Laufe der Zeit werden sich diese Ziele erfahrungsgemäß nicht zufällig ergeben.
saatkorn.: Als Professorin haben Sie ja viel Kontakt zur Zielgruppe der vielzitierten „Generation Y“. Wie würden Sie Ihre Studenten beschreiben? – Spielt Social Media tatsächlich eine so große Rolle in deren Leben, vor allen Dingen im Hinblick auf die Berufs- und Arbeitgeberwahl?
An dieser Stelle muss hinsichtlich des Nutzungskontexts und der Kanäle differenziert werden. Natürlich nutzen die Studierenden vielfältige Kanäle – doch zu sehr unterschiedlichen Zwecken. Ich frage beispielsweise regelmäßig meine Kurse, ob sie es hilfreich fänden, wenn ich über einen Twitter aktuelle Themen weiterleite, Vorlesungen vor- und nachbereite und Kommunikationsangebote mache. Sie sagen: nein – denn sie sind gar nicht bei Twitter und müßten so einen weiteren Account anlegen. Wir arbeiten nach wie vor über Email und den FOM Online Campus. Natürlich spielen Facebook und Xing eine große Rolle – ersteres rein privat, bei zweiterem werde ich regelmäßig von den Studierenden kontaktiert und dem Netzwerk hinzugefügt. Da ich das Verhalten der sogenannten Gen Y eben auch selbst in dieser Form erfahre, habe ich mich auch über unsere Studienergebnisse gefreut – ich denke nach wie vor: man muß nicht notwendiger Weise dabei sein, wenn die Entwicklung aktiv beobachtet wird und die Möglichkeit besteht, zum richtigen Zeitpunkt einsteigen zu können.
saatkorn.: Welche Unternehmen würden Sie als „Best in Class“ im Einsatz von Social Media zur Mitarbeitergewinnung bezeichnen?
Das ist eine wirklich schwierige Frage. Hier fallen natürlich am ehesten die großen Unternehmen ein, über die regelmäßig berichtet wird und die viele Auszeichnungen für ihr Engagement erhalten. Ob sie auch wirklich am besten über Social Media rekrutieren, vermag ich nicht zu sagen. Mir wird in vielen Gesprächen nach wie vor signalisiert, dass der Rekrutierungserfolg über soziale Netzwerke marginal ist; beruflich orientierte Netzwerke haben dabei schon deutlich bessere Erfolgsaussichten als private wie z.B. Facebook. Und hier bietet sich gerade auch für kleinere Unternehmen die Chance, über aktives Recruiting und direkte Ansprache Pluspunkte zu sammeln und erfolgreich die Mitarbeiter von Morgen zu rekrutieren.
saatkorn.: Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Spaß und Erfolg, Frau Prof. Dr. Seng!
Download der Studie Social Media Recruiting über diesen Link.
Ein sehr interessantes Interview, vielen Dank!
Klingt sehr vernünftig, sie feuert den üblichen Social-Media Hype nicht noch weiter an. Die „guten alten“ Kanäle, wie Mail, bleiben einfach immer noch dominant.
… sorry, das Zitat „Rumzwitschern“ ist nicht von cash-online.de, sondern von procontra-online.de:
http://www.procontra-online.de/artikel/date/2012/09/gehversuche-im-social-web
-Hans Steup, Berlin
Danke für diesen Beitrag.
Er wird sicher den einen oder anderen Social Media Recruiter enttäuschen. Hoffentlich ist er dann so ehrlich und zeigt seinem Chef (oder dem Kostenstellen-Verantwortlichen) rechtzeitig dieses Interview.
Die „Umschulung“ vom Facebook-Beauftragten für HR zum Unternehmens-Blogger für HR dürfte schnell vollzogen sein 🙂
Einzige Zusatz-Qualifikation:
Anstatt drei Zeilen „Rumgezwitscher“ zu tippen (Zitat aus Social-Media-Beobachtungen in der Versicherungs-Branche von cash-online) – ab demnächst mindestens 500 Worte relevante und suchmaschinen-optimierte Geschichten aus dem Arbeits-Alltag schreiben zu können 🙂
Umsteiger können sich ja auf saatkorn ansehen, wie man das macht 🙂
– Hans Steup, Berlin