FRANK SCHABEL Gastkommentar zu Recruiting
FRANK SCHABEL Gastkommentar zu Recruiting
Rekrutierung zwischen ad-hoc und strategischer Personalplanung
Dass das Fehlen von qualifizierten Mitarbeitenden zu einem kritischen Wettbewerbsfaktor geworden ist, davon können viele Unternehmen ihr eigenes Lied singen. Die empirischen Daten der neuen Studie von Hays zum Workforce Management stimmen in den gleichen Chor ein: Von den gut 400 teilnehmenden Führungskräften aus Organisationen ist die Bewerberlage für neun von zehn Befragten spürbar angespannt. Und glauben wir dem Gros der Teilnehmer, dann richtet sich der Fachkräftemangel dauerhaft in Unternehmen ein und ist kein vorübergehendes Phänomen.
Leergefegte Fachkräftemärkte
Wie sie die leergefegten Fachkräftemärkten konstruktiv angehen (wollen), erinnert dagegen eher an die Quadratur eines Kreises. Die Parole lautet: Da uns Fachkräfte fehlen, was welch Wunder vor allem dem angespannten Markt geschuldet ist, suchen wir munter auf genau diesem Markt nach neuen Akteuren – so lautet das Rezept. Der Arbeitsmarkt soll also lösen, was er selbst hervorbringt. Dass er leergefegt ist, scheint nach wie vor ausgeblendet zu werden. Mich erinnert das teils an Vogel-Strauß-Politik, ohne zu verkennen, wie schwierig konstruktive Ansätze zu finden sind.
Kompromisse bei Neueinstellungen
Immerhin gibt es Anzeichen einer ersten Läuterung. Laut den Hays-Zahlen geht eine breite Mehrheit der Befragten mittlerweile Kompromisse bei Neueinstellungen ein. Die zu 100 Prozent passenden Kandidaten sind von gestern, das hat sich rumgesprochen. Auch dass Frauen und Migranten breiter und tiefer eingesetzt werden sollen, um einige Lücken zu stopfen, gehört heute zum common sense und spiegelt auch die Empire deutlich wider.
Strategische Personalplanung wird relevanter
Ebenfalls etwas getan hat sich bei der strategischen Personalplanung. Sie wird bereits in vier von fünf Organisationen über 100 Mitarbeitende praktiziert. Meist läuft sie zentral gesteuert und einheitlich ab, wie drei Viertel der Studienteilnehmer festhalten. Selbst über die von den Fachabteilungen angemeldeten Personalbedarfe wird in der Regel zentral entschieden.
Ad-hoc-Besetzungen immer noch Standard
Bei so viel fundierter und zentraler Personalplanung sollten wir eigentlich davon ausgehen, die Rekrutierung folge akribisch der festgelegten Planung. Das wäre idealweltlich, schaut aber realiter anders aus: Die Hälfte aller Neubesetzungen basiert nicht darauf, welche Akteure für die Unternehmensstrategie gebraucht werden. Vielmehr handelt es sich oft um reine ad-hoc-Besetzungen – weil beispielsweise in einem Bereich der Schuh drückt oder Mitarbeitende gekündigt haben. Aus dieser Zwickmühle werden Unternehmen bei ihrer Rekrutierungspolitik in den kommenden Jahren nicht herauskommen.
Strategische Personalplanung unterschiedlich verortet
Wer die strategische Personalplanung verantwortet, variiert in den befragten Unternehmen. Entweder liegt sie direkt in Händen der Geschäftsführung oder der HR-Bereich ist federführend. So richtig klar ist es jedoch – interpretieren wir die empirischen Ergebnisse richtig –organisationsintern häufig nicht geregelt. Das führt dann oft zu einem Gegeneinander, denn Miteinander und irritiert viele fachkräftesuchende Akteure, wer wann ins Boot geholt werden muss.
Frank Schabel: zentrale, strategische Personalplanung als Richtschnur
Daher mein Vorschlag zur Güte: Ja, zentrale und strategische Personalplanung als Richtschnur für Unternehmen macht Sinn. Haken dran. Aber sie sollte nicht in bürokratische Sandkastenspiele zwischen Geschäftsführung sowie HR- und Fachbereichen ausarten. Erhalten die Fachbereiche mehr Spielraum und Personalbudget für neue Mitarbeitende, können sie schneller agieren, statt sinnfrei Prozesse rauf und runterbespielen, die nur Zeit und Nerven kosten, aber wenig bringen. Ganz abgesehen davon kennen die Fachbereiche ihre Märkte ungleich besser als zentrale Abteilungen. Bei der Suche nach den richtigen Fachkräften, vor allem, wenn Kompromisse gefragt sind, ist dies ein Muss. Dass die operativ-administrative Abwicklung über HR läuft, versteht sich deswegen trotzdem von selbst. Gemeinsam schnell und professional, nah an den Märkten dran, das zeichnet gute Rekrutierung aus.
Frank Schabel, Senior Advisor und freier Journalist
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