Wie funktioniert der Jobwechsel Kompass?
Der Jobwechsel Kompass ist ein neues Tool von Stellenanzeigen.de und der Königsteiner Gruppe. Ich hatte Gelegenheit, darüber mit Nils Wagener, CEO der KÖNIGSTEINER, zu sprechen – mit einigen überraschenden Erkenntnissen zur aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt. Auf geht’s:
SAATKORN: Nils, bitte stelle Dich den SAATKORN Leser*innen doch kurz vor.
Sehr gerne. Mein Name ist Nils Wagener – ich bin CEO der KÖNIGSTEINER Gruppe, die vielen der Leser wahrscheinlich als eine der traditionsreichsten und renommiertesten HR-Beratungen und Personal-Marketing-Agenturen in Deutschland bekannt ist. Wir decken die gesamte Palette des Recruitings ab, von der klassischen Stellenanzeige bis hin zu nachhaltigen Employer-Branding-Konzepten und Programmatic-Marketing-Kampagnen. Mit „Data Driven Recruiting“ und modernen Performance-Onlinemarketing-Methoden bringen wir zudem als digitale HR-Beratung Kandidaten mit Arbeitgebern zusammen.
SAATKORN: Zusammen mit stellenanzeigen.de habt Ihr gerade den Jobwechsel Kompass aus der Taufe gehoben. Wie seid Ihr auf die Idee gekommen?
Der Arbeitsmarkt ist einer der konjunkturellen Gradmesser schlechthin – das ist ja kein großes Geheimnis. Suchen Arbeitgeber verstärkt nach Personal ist das verkürzt ausgedrückt ein Zeichen dafür, wie gut Auftragsbücher gefüllt und Wachstumserwartungen auf Unternehmensseite gelagert sind. Die Stimmungslage bei Kandidaten zeigt auf der anderen Seite mit welchem Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung diese ihr Berufsleben planen. Soll heißen: Begeben sich Menschen, die bereits einen sicheren Job haben, trotzdem optimistisch auf Jobsuche, ist das eine durchaus vielsprechende Zukunftsprognose. Vor diesem Hintergrund wollten wir in den derzeit für viele so schwierigen Zeiten einen Barometer oder eben besser einen Kompass etablieren, der uns allen einen weiteren Anhaltspunkt liefert, wie sich die Sicht der Menschen auf den Arbeits- und Bewerbermarkt entwickelt. Dieses Stimmungsbild untersuchen wir ab sofort quartalsweise, um so eine Entwicklung diesbezüglich ableiten zu können. Die KÖNIGSTEINER Gruppe und stellenanzeigen.de sind seit Jahren wichtige Player auf dem deutschsprachigen Stellenmarkt. Ich finde, das ist ein sehr gutes weil fachkundiges Team, um in dieser Hinsicht die genau richtigen Fragen zu stellen.
SAATKORN: Wie funktioniert der Jobwechsel Kompass?
Wir befragen gemeinsam quartalsweise 500 Arbeitnehmer, die sich zum Zeitpunkt der Befragung in einem Beschäftigungsverhältnis befinden. Dabei steht deren individuelle Beurteilung ihre beruflichen Zukunftsaussichten im Mittelpunkt. Wir wollen wissen, wie ausgeprägt ihr Wunsch nach einem Jobwechsel ist, wie sie ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt einschätzen, wie zufrieden sie bei ihrem aktuellen Arbeitgeber sind und wie sie ihre Chancen perspektivisch für die nächsten drei, sechs und zwölf Monate einschätzen. So entsteht ein Stimmungsbild, das die aktuelle Lage abbildet, aber eben auch Rückschlüsse auf Erwartungen für die Zukunft erlaubt.
SAATKORN: Was sind nach aktuellem Stand die interessantesten Erkenntnisse, wie ist denn die Stimmung in Deutschland gerade auf dem Arbeitsmarkt aus Sicht der Befragten?
Die Stimmung auf dem Arbeitsmarkt ist gemäß der ersten Ausgabe des JOBWECHSEL KOMPASS überraschend positiv. Denn die meisten der von uns befragten Menschen sind trotz der Krise auf der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung. Und das obwohl sie grundsätzlich mit ihrem derzeitigen Arbeitgeber durchaus zufrieden sind. 43% der Befragten sind dabei durchaus optimistisch, was ihre Erfolgsaussichten hinsichtlich eines möglichen Jobwechsel betrifft. Tatsächlich ziehen derzeit jeder Zweite einen Jobwechsel in Betracht – besonders hoch ist dabei der Anteil der Frauen, von denen 57% antworten, dass ihr Antrieb, sich beruflich zu verändern, besonders ausgeprägt sei. Allerdings sind Kandidatinnen dabei deutlich pessimistischer als Männer. Denn nur gut jede dritte Frau (32%) glaubt gute Chancen auf dem Bewerbermarkt zu besitzen, während fast jeder zweite Mann seine Erfolgsaussichten positiv einschätzt.
Auch für die nächsten zwölf Monate gehen viele der Studienteilnehmer von einer positiven Entwicklung ihrer persönlichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt aus. Während 11% der Befragten glauben, dass sich ihre Chancen bereits in vier Wochen noch einmal verbessert haben werden, sind 32% überzeugt, dass das in sechs Monaten der Fall sein wird. Auch die Langzeitperspektive ist aus Sicht der Studienteilnehmer absolut optimistisch. So glauben insgesamt 45% an eine weitere Verbesserung ihrer persönlichen beruflichen Möglichkeiten innerhalb der nächsten 12 Monate.
SAATKORN: Welche Handlungsempfehlungen ergeben sich daraus Deiner Meinung nach für HR Abteilungen?
Aus meiner Sicht ist die derzeitige Situation für Arbeitgeber günstig, die den Mut haben antizyklisch zu rekrutieren. Unser Kompass zeigt, dass die Menschen durchaus bereit sind zu wechseln und auch in naher Zukunft gute Job-Chancen für sich sehen. Wer nun mit Argumenten auf Mitarbeitersuche geht, die im Zeichen der Zeit liegen, kann genau jetzt Mitarbeiter gewinnen, die vielleicht vor einem Jahr zum arbeitgeberseitigen Wettbewerb gewechselt wären. Wir sehen, dass die Menschen offen für einen Wechsel sind. Trotzdem müssen wir davon ausgehen, dass sie derzeit nur zu einem Arbeitgeber wechseln würden, der letztlich auch einen sicheren Arbeitsplatz garantiert. Unternehmen, die das können, sind in Krisenzeiten immer im Vorteil.
Ein konkretes Beispiel: Eine McKinsey Studie aus diesem Jahr hat herausgefunden, dass schon 2030 mehr als 730.000 Nachwuchskräfte im Öffentlichen Dienst fehlen werden. Das ist einerseits ein Zeichen dafür, dass öffentliche Arbeitgeber in den letzten Jahren eine falsche Recruiting-Strategie verfolgt haben – andererseits bietet sich ihnen nun die große Chance ihr Problem anzugehen. Denn derzeit sind Attraktivitätsmerkmale wie Sicherheit und Verlässlichkeit gefragt wie selten zuvor und wenn jemand damit punkten kann, dann ist es der Öffentliche Dienst. Hier sollte nun eigentlich eine Einstellungsoffensive starten, die neben der eigenen Problemlösung auch ein wichtiges Vorbild für die freie Wirtschaft sein kann. Ich bin sehr gespannt, ob öffentliche Institutionen diese große Chance ergreifen.
SAATKORN: In welchen Abständen werdet Ihr mit dem Jobwechsel Kompass den Markt sondieren bzw. Ergebnisse veröffentlichen?
Wir werden diese Befragung wie gesagt quartalsweise durchführen und so unseren Beitrag dazu leisten, die Stimmungslage in Deutschland während der für uns alle schwierigen Krise offen zu legen. Dabei hoffen wir, dass wir der Fülle an oftmals schlechten Nachrichten, vielleicht auch die ein oder andere positive und Mut machende zufügen können. Aber das liegt am Ende an den konkreten Ergebnissen und nicht an unserem Willen. Trotzdem zeigen die Ergebnisse der ersten Ausgabe schon mal: Man muss für den Arbeitsmarkt nicht so schwarz malen, wie es manchmal scheint. Wir sind jedenfalls sehr gespannt, wie sich die Zahlen im vierten Quartal entwickeln.
SAATKORN: Danke für das Interview – und viel Erfolg mit dem Jobwechsel Kompass!