Agile Unternehmen: Buchverlosung
Agile Unternehmen, agile Methoden, agiles Management – Agilität ist eines der vermeintlichen (?) aktuellen Modeworte. Ich wollte schon länger mal mehr darüber erfahren und habe aus diesem Grund mit Valentin Nowotny, dem frischgebackenen Autor des Buches „Agile Unternehmen – nur was sich bewegt, kann sich verbessern“ gesprochen. 2 Exemplare des Buches verlose ich an saatkorn. LeserInnen, dazu mehr unten. Jetzt aber erstmal in das – sehr aufschlussreiche – Interview, auf geht’s:
saatkorn.: Herr Nowotny, bitte stellen Sie sich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.
Ich bin als Senior Projekt Manager eines internationalen IT-Unternehmens, als Teamcoach, Strategie- und Leitbild-Moderator, als Begleiter von Teams und Veränderungsprozessen sowie als Trainer, z.B. mit den Themen Führung, Verhandlung oder auch Konfliktmanagement in den letzten Jahren immer wieder mit Gruppen auf Punkte gestoßen, die sich in Unternehmen schwer verändern lassen und/oder zu kräftezehrenden Dauerkonflikten über den „richten“ Weg führen. Häufig sind es psychologische Aspekte, die das (erfolgreiche) Leben in Organisationen erschweren oder Interessengegensätze in einer Organisation, die sich in einem traditionellen Kontext nicht (oder nur sehr schwer) konstruktiv lösen lassen.
Mit den agilen Methodenwelten gibt es jetzt Ansätze, die hier in eine konstruktive und sehr erfolgsversprechende Richtung weisen. Jedenfalls wenn Agilität richtig verstanden, miteinander besprochen und angemessen gelebt wird.
Da die agilen Werte und Prinzipen auch viel mit meinen persönlichen Werten zu tun haben, ich aber eben auch gemerkt habe, dass es sich hierbei um ein „Missing-Link“, eine wirkliche Brücke hin zu mehr Sinnhaftigkeit, mehr Innovation, mehr Selbstbestimmung und mehr Produktivität sein kann, war es mir ein Anliegen, dies allgemeinverständlich aufzubereiten und meine Erfahrungen hier einfließen zu lassen. Ich habe als Trainer, Moderator und agiler Coach immer wieder „Respekt“ vor jeder neuen Gruppe. Umso mehr freue ich mich, über positive Seminare, die Lern- und Einsichtsfähigkeit von Mitarbeitenden und das interessante Feedback, dass auch ich von Gruppen immer wieder bekomme!
Wenn ich nicht gerade Führungs-, Verhandlungs- oder Teamentwicklungs-Seminare bzw. Team-Retrospektiven oder einen Einführungs-Workshops zu agilen Methoden mache, dann reise ich sehr gerne oder schaue mir interessante Filme sowie Kunst- und Architektur-Ausstellungen an. Zudem schreibe ich auch gelegentlich Bücher zu Themen, die mir „unter den Nägeln brennen“…
Agile Unternehmen: Übersichtswerk zum Thema Agilität
saatkorn.: Gerade haben Sie ein spannendes Buch veröffentlicht: „Agile Unternehmen – nur was sich bewegt, kann sich verbessern“. Wie sind Sie auf die Idee zu dem Buch gekommen?
Die agilen Methodenwelten und der Wunsch stärker sinnhaft zu arbeiten sind Trends, die sich in den letzten 15 Jahren parallel international entwickelt haben. Seit ca. fünf Jahren werden auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz agile Arbeitsweisen etwas bekannter. Dennoch ist es so, dass sich viele hier „nicht wirklich auskennen“, das ganze zwar spannend finden, vieles aber inhaltlich nicht oder nur unzureichend für sich, aber auch in Bezug auf die Implikationen für eine Organisation, einschätzen können.
Da ich glaube, dass Agilität der nächste große Schritt nach vorne ist, habe ich ein Buch verfasst, dass alle wichtigen Prinzipien, Methoden und Ansätze nicht nur aufarbeitet und in wesentlichen Grundzügen darstellt, sondern ich habe auch versucht die Psychologie dahinter zu erklären, und aufzuzeigen, was es bei der Anwendung aus psychologischer Sicht zu beachten gilt.
Immer wieder gibt es hier – sagen wir einmal – vorwiegend „technische Implementierungen“. Das ist schade! So bleibt das wahre Potenzial dieser Methodenwelten allzu oft auf der Strecke. Besser ist, es über die Formate nachzudenken, die für eine erfolgreiche Einführung agiler Methoden notwendig sind, wie z.B. ein bzw. mehrere Sensibilisierungs-Workshops vorab oder regelmäßige professionell moderierte Retrospektiven, die Lernprozesse auf der Meta-Ebene ermöglichen und Gruppendynamiken konstruktiv adressieren und bearbeitbar machen. Am Ende steht ein High Performance Team, das in einer neuen Art der Zusammenarbeit gemeinsam in einer neuen Qualität an Leistungen erbringt, die ein einzelner so nicht schaffen könnte. Hiervon handelt dieses Buch.
saatkorn.: Für wen haben Sie das Buch „Agile Unternehmen“ geschrieben? Wer sollte Ihr Buch lesen?
Das Buch „Agile Unternehmen“ ist für alle interessant, die verstehen wollen, wie Agilität in der Breite funktioniert und welche psychologischen Aspekte hier eine Rolle spielen. Das Buch informiert, klärt auf, vieles wird auch mit Bildern bzw. kleinen Skizzen verdeutlicht. Ein ergänzender Online-Auftritt ermöglicht es, viele inhaltliche Punkte noch einmal detailliert und anhand von z.B. thematisch passenden Videos o.ä. nachzuvollziehen.
Es ist trotzdem ein Buch aus der Praxis für die Praxis. Ich habe mit über 25 Experten im Vorfeld des Erstellungsprozesses sehr intensive Gespräche geführt, vieles hiervon floss explizit oder implizit in das Buch mit ein. Ich glaube, es ist ein Buch, das im Besten Sinne eine sehr fundierte Orientierung rund um die agilen Methodenwelten verschafft mit einem speziellen Fokus auf die vielschichtigen psychologischen Aspekte, die das ganze unter anderem so spannend machen. Zudem sind hier natürlich auch meine persönlichen Erfahrungen als agiler Coach, in der Arbeit mit Gruppen, bei der Vermittlung agiler Ansätze und bei der Durchführung von Retrospektiven oder Agile Games eingeflossen, und dies kann für viele, die solche Prozesse in Unternehmen gestalten möchten, sehr interessant sein.
Diese Orientierungsfunktion kann das Buch sicher für all diejenigen übernehmen, die sich in einem Unternehmen befinden, das eine Agile Transition durchläuft oder sich genau hierauf vorbereiten möchten. Interessant fand ich das Feedback einer jetzt 65-jährigen ehemaligen Abteilungsleiterin, die sagte, sie könne alle, was im Buch geschildert ist, sehr gut nachvollziehen und hätte bei Lesen immer wieder Ideen bekommen, wie sie agiles Denken bei ihren jetzigen ehrenamtlichen Tätigkeiten einfließen lassen könnte…
Das Methoden-Instrumentarium für agile Unternehmen
saatkorn.: Scrum, Kanban oder Design Thinking sind nur 3 Methoden, die man schnell mit dem Stichwort „Agilität“ verbindet. Was sind die gemeinsamen Grundprinzipien dieser Methoden?
Agilität wird häufig mit Scrum gleichgesetzt, das ist jedoch so nicht richtig. Scrum hat einen sehr wichtigen und nachhaltigen Beitrag geliefert und Jeff Sutherland, Ken Schwaber und Mike Cohn, die übrigens immer noch quietsch-lebendigen Ur-Väter von Scrum hätten für ihre Arbeit wie viele meinen – und auch aus meiner Sicht – hierfür durchaus den Nobel-Preis für „Management“ verdient, wenn es ihn denn gäbe! Aber Scrum ist eben nur eine agile Methodenwelt, agile Werte und Prinzipien sind ebenso zentral, wie Kanban, Design Thinking oder auch Lean-Startup bzw. Business Model Canvas.
Zudem gibt es auch Formate wie das Daily Standup, agile Games in Workshops oder unterschiedlichste Formen Retrospektiven durchzuführen und dabei die Teams in ihren Erkenntnis- und Entwicklungsprozessen zu unterstützen. Diese sind z.T. in Zusammenhang mit Scrum entstanden, zum Teil auch nicht. Heute haben sie aus meiner Sicht jedenfalls eine eigene Existenzberechtigung, und jede Organisation sollte für sich überlegen, welche Teile dieser Methodenwelten und welches konkrete agile Mindset für die eigene Situation passend ist.
Scrum ist daher nur eines von 14 Kapiteln in meinem Buch, in 13 weiteren Kapiteln zeige ich agiles Denken und Handeln, das ergänzend genutzt werden kann und für viele Bereiche wie z.B. eine HR Abteilung, ein HR Service Center, eine juristische Dienstleistungsabteilung im Unternehmen oder auch ein Vertriebs- oder Service-Team auch sicher die bessere Wahl darstellt, als eine eindimensionale Scrum-Implementierung, die eher z.B. im Bereich IT- oder Produktentwicklung Sinn macht. Eben ganzheitlich für agile Unternehmen gedacht.
Was allen agilen Ansätzen gemein ist, ist der Versuch schneller und flexibler auf Kundenanforderungen einzugehen, und die Organisation und die Zusammenarbeit somit auf den Kunden (bzw. auf den Nutzen des Produkts oder Arbeitsergebnis, mit dem dann andere weiterarbeiten) zu fokussieren. „Agil“ ist das neue Zauberwort eines neuen Denkens, das mutig genug ist, den Teams wieder die Verantwortung über ihre Prozesse zurückzugeben, um durch eine ganz neue Art der Motivation und Sinnhaftigkeit sehr viel überzeugender in den sich heutzutage sehr schnell wandelnden Märkten operieren zu können.
Agile Unternehmen verlangen entsprechende Führung und Unternehmenskultur
saatkorn.: Welche Voraussetzungen müssen für agile Unternehmen gegeben sein, damit entsprechendes Management möglich ist?
Ein autoritär geführtes Unternehmen kann nicht im umfassenden Sinne agil sein, in dem Sinne, dass es die Intelligenz und das Engagement aller Teammitglieder und auch Mitarbeitenden einzufangen in der Lage ist, das ist unmittelbar einleuchtend. Es könnte maximal so agil sei wie die eine Person an der Spitze, das ist jedoch häufig zu wenig. Ich kann nicht davon ausgehen, dass alle „mitdenken“ wenn ich die Lösung schon vorgeben, und auch den Weg dahin. Micro-Management legt praktisch viele Organisationen lahm, es wird für den Chef, für die Hierarchie gearbeitet, nicht für den Kunden. Das ist falsch und funktioniert auf Dauer einfach nicht.
Sinnvoll wäre es, dass jeder und jede tatsächlich die Strategie, die Vision und die Mission des Unternehmens kennt und versteht, idealerweise z.B. auch daran mitgearbeitet hat, um dann auch in diesem Sinne handeln zu können. Dieser Strategieprozess und die damit verbundenen Diskussionen werden hierzulande aus meiner Sicht viel zu oft hinter verschlossenen Vorstandsetagen geführt und/oder aus den Strategiepapieren der allwissenden und omnipotenten Unternehmensberater abgeschrieben, statt mit Hilfe entsprechender Formate selbst entwickelt und auch in Breite im Unternehmen diskutiert. Nur so wird aus einem zahnlosen Tiger ein ernsthafter Wettbewerbsvorteil
Es gibt hier jedoch gibt es hier nicht nur schwarz und weiß, sondern vermutlich mindestens um die 50 grauen Zwischentöne. Der Schlüssel zum Verständnis liegt in meiner Wahrnehmung in der Frage, wieviel wirkliche Loyalität Mitarbeiter Ihrem Unternehmen entgegenbringen. Ist ein kritischer Wert unterschritten, so wäre ein Aufbruch ins agile Arbeiten eher ein Schritt Richtung Abgrund. Alle in allem: Die Achillesferse bei der Einführung agiler Projekte, agiler Methodenwelten und agiler Teams ist ohne Zweifel die Unternehmenskultur. Ich habe im Buch u.a. mithilfe des inzwischen sehr bekannten „Laloux-Kulturmodels“ sehr eingehend beleuchtet, welche Kulturen nicht, nur beding oder tatsächlich für agiles Arbeiten geeignet sind.
saatkorn.: Was bedeutet das für die Unternehmenskultur und für Mitarbeiter sowie Hierarchien? – Viele Unternehmen kämpfen ja gerade damit, sich von traditionellen Denk- und Verhaltensmustern zu befreien, aber die Beharrungstendenzen in Organisationen sind ja in der Regel sehr ausgeprägt. Wie erschafft man dann agile Unternehmen?
Sicher kann sich die bestehende Kultur in einem Change-Prozess ein Stück weit verändern: allerdings, Agilität ist nicht irgendwas, es ist explosiv, entfaltet Kraft, Emotion, Engagement, Aktivität, Dynamik, all das muss von einer Organisation aufgefangen werden.
Traditionelle Strukturen sind dem nicht immer gewachsen und müssen auf einen solchen Kulturwandel professionell vorbereitet werden. Zudem braucht es „Räume“ wie bestimmte Workshop-Formate, wirklich regelmäßig professionell durchgeführte Retrospektiven und auch Austauschmöglichkeiten innerhalb und außerhalb der Organisation, so dass ich ein kritischer Anteil der Mitarbeitenden auch wirklich einlassen kann. Für einige vor allem hoch qualifizierte Mitarbeiter ist das Thema Agilität jedoch auch schon sehr positiv besetzt, die Mitarbeit im agilen Projekt wird daher manchmal auch als Anerkennung verstanden, als Vertrauensbeweis der Führungsebene in die eigene Fähigkeit, und in die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und sich sehr gut in ein agiles Team integrieren zu können.
saatkorn.: In einer aktuellen Kienbaum-Studie wurde die Aussage getroffen, dass HR die am zweitmeisten betroffen Funktion in Unternehmen angesichts der digitalen Transformation ist. Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach vor diesem Hintergrund die Personalabteilung bei der Einführung agiler Denk- und Verhaltensprinzipien in Organisationen, um schlußendlich agile Unternehmen zu haben?
Die Human Resources haben hier sicher – neben der Management-Ebene – eine Schlüsselrolle bei der Einführung agiler Strukturen, agiler Prozesse und beim „Aufsetzen“ agiler Teams – eben für agile Unternehmen. Ich sehe hier auch einen Punkt in einer Organisation, wo die psychologische Seite der agilen Methodenwelten einen Mentor bekommen kann: die richtigen Leute mit den passenden (Soft-)Skills für die erforderlichen Rollen und Aufgaben. „Weg von starren Strukturen hin zu agilen Kulturen“ sollte hier die Veränderungsrichtung sein, nur so lässt sich die Innovationsdynamik und -geschwindigkeit entfachen, die wir so dringend brauchen!
Darüber hinaus muss HR natürlich auch die Tools und Instrumente so stricken, dass sie nicht kontraproduktiv wirken, wie z.B. Zielvereins-Systeme, die systematisch zu einer Konkurrenzsituation zwischen Teammitgliedern oder dauerhaften intraorganisationalen Konflikten betragen. So wird übrigens u.a. auch der Gefahr vorgebeugt, dass Organisationen irgendwann wieder in altes hierarchisches Denken zurückfallen. Und das wäre aus Sicht eines Agilisten der GAU, es entspräche der organisationalen „Steinzeit“ und würde dann vermutlich zu einem starken Erosionsprozess besonders bei der Gruppe besonders leistungsstarker und fähiger Mitarbeiter/innen führen.
Das Ziel muss sein, alle die für sich entscheiden, agil arbeiten zu wollen mittel- und langfristig auf Level eines High-Performance-Teams zu heben (und denen, die das nicht können oder wollen, zumindest Alternativen anzubieten). Das geht nur mit einer klaren agilen Vision und einer beherzten strategischen Weichenstellung, verbunden mit nachhaltiger und operativer Unterstützungsarbeit. HR ist hier – wie übrigens auch das Lower- und Middle-Management – in einer klaren Supportfunktion. Das birgt durchaus Herausforderungen.
Mein Tipp: Bei einer agilen Transition und auch später in der Verfeinerung der passenden agilen Strukturen und Vorgehensweisen immer wieder externe Experten und in Teamprozessen erfahrene und methodisch wie psychologisch feinfühlige agile Coachs, z.B. bei den Retrospektiven, integrieren. Das ist gut für Qualität der Lernprozesse in den Gruppen und Teams, für die positive Grundstimmung (im Sinne einer „Psycho-Hygiene“) und gibt zudem viele neue Impulse und sicher auch inhaltich-methodische Anregungen.
Die meisten der Erkenntnisse kann und soll die Organisationen und die einzelnen Teams selbst finden, jedoch ist eine gut begleitete Moderation dieser Prozesse ist buchstäblich Gold wert. Egal ob von einer kundigen idealerweise selbst agilen HR-Abteilung, von passenden und kompetenten Externen oder im geschickten Zusammenspiel.
saatkorn.: Herr Nowotny, vielen Dank für das Interview. Agile Unternehmen schafft man eben nicht „einfach so“…
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