Gerade ist auf DVD ein spannender Dokumentarfilm unter dem Titel Musterbrecher erschienen. Für mich vor dem Hintergrund von Digitalisierung und New Work ein spannendes Thema. Was definiert einen Musterbrecher? Und überhaupt: warum sollte man Muster brechen? – Während der Recherche wurde klar, dass der gerade erschienene Film und das Buch (beides kannst Du ganz unten über saatkorn. als „Musterbrecher-Paket“ gewinnen) auf 2 bereits erschienenen Büchern zum Thema beruht. Ich hatte Gelegenheit, mit einem der Autoren und Filmemacher – Stefan Kaduk – zu sprechen. Auf geht’s:
Musterbrecher – Hintergründe zum Buch und Film inklusive Verlosungsaktion
saatkorn.: Herr Kaduk, bitte stellen Sie sich den saatkorn.-LeserInnen doch kurz vor. Und: wer oder was sind Musterbrecher?
Nach einigen Jahren in der klassischen Unternehmensberatung Mitte der 1990er Jahre veränderte meine berufsbegleitende Promotion den Blick auf Wirtschaft und Management. Ich kam mit dem sozialen Konstruktivismus in Kontakt. Durch diese Brille ließen sich viele Dinge nicht mehr so simplifizierend beschreiben, wie es die klassische BWL gerne tut. Später, an der Universität der Bundeswehr in München, traf ich auf meine Kollegen Dirk Osmetz und Hans A. Wüthrich. Wir arbeiten seit knapp 15 Jahren gemeinsam – forschend und beratend – am Musterbrecher-Thema. Unser Interesse in unseren beiden Büchern und in dem gerade fertiggestellten Dokumentarfilm gilt Menschen und Organisationen, die sinnvoll Muster brechen und experimentieren.
Der Zusatz »sinnvoll« ist uns wichtig, weil wir uns nicht für Menschen interessieren, die sich durch oberflächlich-publikumswirksames Andersmachen in Szene setzen. »Querdenker« ist hier der inflationär gebrauchte Begriff der Stunde. Musterbrüche passieren durch Besonnenheit, echte Reflexion – und mutiges Ausprobieren. Letzteres übrigens oft im Kleinen und Stillen. Das geht weit über das Querdenken hinaus. In die Praxis tragen wir unsere Ideen mit Keynotes und diversen Formaten im Rahmen von Managementkonferenzen oder Inhouse-Veranstaltungen. Zudem begleiten wir Organisationen langfristig, zum Teil über mehrere Jahre, bei der konkreten Arbeit am Musterbruch.
saatkorn.: Sie beschäftigen sich mit dem Thema Führung, was angesichts der Anforderungen wie beispielsweise Globalisierung oder Digitalisierung aktueller denn je ist. Was sind aus Ihrer Sicht die großen Herausforderungen im Themenfeld Führung für Arbeitgeber?
Vermutlich haben wir es im Kern nicht mit gänzlich neuen Herausforderungen zu tun. Unverändert wird seit 25 Jahren fast jeder Artikel über Management begonnen mit »Wir erleben steigende Komplexität, wachsende Dynamik, turbulente Umwelten und grenzenlose Märkte«. Damals wie heute landet man dann bei den vielzitierten Themen wie Flexibilität, Eigenverantwortung, Enthierarchisierung, Selbstorganisation, Vertrauens- und Fehlerkultur usw. Zugegeben: Ich verharmlose bewusst, denn natürlich hat die digitale Transformation die Welt irreversibel verändert – und damit auch die Art und Weise, wie Führung auf der Vorderbühne aussehen muss. Aber im Kern bleibt Folgendes: Es geht auch bei den neuen Herausforderungen darum, eine Führungskultur zu schaffen, die sich konsequent mechanistischer Vorstellungen und Instrumente entledigt. Führung muss posttrivial gedacht werden. Und sie muss daran arbeiten, dass die oben genannten Begriffe – inzwischen zu Plastikwörtern degeneriert – zu einer Haltung werden. Das ist zweifellos schwierig!
Noch etwas: Wir müssen manches in Frage stellen, was vielleicht nur scheinbar richtig ist. Beispiel: Wie sinnvoll ist es, von einem Wettbewerb um Talente zu sprechen? Im Kern ist das altes Denken. Denn dahinter steht die Annahme, irgendjemand könne entscheiden, nach welchen Kriterien man Talente bestimmen kann – um sich daraufhin auf die Jagd nach ihnen zu machen. Konsequente Potenzialorientierung sieht anders aus. Noch eine irritierende These, die mein Kollege Dirk Osmetz gerade entwickelt: Je digitaler die Welt wird desto analoger muss Führung werden. Analog heißt natürlich nicht nostalgisch-rückwärtsgewandt, sondern haltungsorientiert. Weg von der Null-oder-Eins-/Richtig-oder-falsch-Logik und hin zu einem viel stärkeren Denken in Bandbreiten.
saatkorn.: 2013 haben Sie das Buch »Musterbrecher – Die Kunst das Spiel zu drehen« veröffentlicht. Wer sollte Ihrer Meinung nach das Buch lesen?
Es ist unserer Meinung nach interessant für diejenigen Führungskräfte und Mitarbeiter, die inspiriert werden möchten von Menschen und Organisationen, die einerseits alte Muster brechen und mit neuen experimentieren, aber andererseits klug genug sind, sich nicht »aus dem Spiel zu schießen«. Denn das sind Aussteiger und nicht Musterbrecher. Nicht zu empfehlen ist dieses Buch, wenn man sich Checklisten, klassische Best-Practice-Fallstudien oder eine Toolsammlung erhofft. Anders als im ersten Buch haben wir nicht nur die Führungsperspektive betrachtet, sondern den Musterbruch zudem noch reflektiert vor dem Hintergrund von etwa Innovation, Personalentwicklung, Resonanz oder Sprache. Das Zielpublikum ist somit breiter.
saatkorn.: Nun haben Sie zusammen mit Dirk Osmetz und Hans A. Wüthrich einen Dokumentarfilm zum Buch Musterbrecher gedreht. Was hat den Anlass gegeben, zu einem Fachbuch einen Film zu drehen? – Das ist ja nicht unbedingt die Regel…
Ich könnte jetzt nachträglich eine rationale Begründung für etwas finden, was wir intuitiv einfach getan haben. Wir wollten selbst experimentieren. Und haben es einfach riskiert, das Medium zu wechseln, um die Musterbrüche anders als nur in Schriftform erlebbar zu machen. Nicht ganz überraschend haben wir auf neuem Terrain viel gelernt und mussten auch, was Dauer und Intensität einer Filmproduktion anbelangt, Lehrgeld zahlen …
saatkorn.: Was sind die zentralen Aussagen des Films, warum sollte man sich Musterbrecher anschauen? Und: wo kann man das? – Im Fernsehen, im Kino oder auf DVD?
Wir porträtieren neun Organisationen, darunter die Evangelische Schule Berlin-Zentrum, W. L. Gore, allsafe JUNGFALK und die Südostbayernbahn. Die zentrale Aussage ist: An allen Orten des Musterbruchs wurde erfolgreich experimentiert. Interessanterweise haben die Musterbrecherinnen und Musterbrecher stets selbst experimentiert – und nicht, wie so oft, die anderen zwar dazu aufgerufen, sich selbst aber nicht in die Experimentierzone gewagt. Die Protagonisten berichten uns in Gesprächen von ihren Experimentiererfahrungen, wir zeigen den Führungs- und Arbeitskontext dieser Menschen, und meine Kollegen und ich kommentieren diese Erfahrungen punktuell während des Films. Der Film ist seit Anfang der Woche auf DVD erhältlich. Er wurde am 11. November 2015 im ARRI-Kino in München gezeigt. Weitere öffentliche Screenings planen wir im Augenblick nicht, aber wir sind von vielen verschiedenen Unternehmen eingeladen, den Film zu zeigen und mit Führungskräften und Mitarbeitern über die Inhalte zu diskutieren. Und sollte es demnächst eine Anfrage von ARTE geben, den Film auszustrahlen, würden wir freilich nicht ablehnen ….
saatkorn.: Welche Handlungsempfehlungen können Sie Arbeitgebern und Führungskräften geben?
Das Experimentieren mit den eigenen Mustern ist der Ausgangspunkt jeder Veränderung, wenn sie denn wirklich gewollt ist. Wenn dem so ist: Bilden Sie ein Gegengewicht zur stabilen Routine des Organisationsgeschehens und bauen somit Experimentierräume. Für uns gilt: Je weicher ein Thema, desto sinnloser ist ein klassischer Projektansatz. Haltungen, und genau die sind angesprochen, wenn wir etwa über mehr Eigenverantwortung oder neue Führungsformen sprechen, verändern sich nur über Erfahrungen, die unter die Haut gehen. Und diese Erfahrungen muss man sammeln wollen, also gilt das Prinzip der Freiwilligkeit. Arbeiten Sie mit denjenigen, die neue Muster ausprobieren möchten. Es werden mehr Menschen dazu bereit, als Sie vermuten. Mit diesem Ansatz ist die Energie besser eingesetzt als beim (zunächst nachvollziehbaren) Versuch, alle in einer großen Welle mitnehmen zu wollen.
saatkorn.: Herr Kaduk – herzlichen Dank zu Ihren Gedanken rund um Musterbrecher. Und viel Erfolg mit dem Film!
Um das Musterbrecher-Paket bestehend aus Buch und Film zu gewinnen, musst Du nur 2 Dinge tun:
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Viel Glück!!!